Gaijin-San im Ryokan: Mit den Toiletten-Slippern im Frühstücksraum?

Da hatte ich mich auf etwas eingelassen: Die Firma hatte mich in einem traditionellen japanischen Ryokan (Hotel) einquartiert. Bedeutete, auf Tatami-Matten und mit Reis gefüllten Kopfkissen zu schlafen. Hatte aber auch die Eigenart, dass man im Eingangsbereich des Hotels die Straßenschuhe auszog und durch braune Lederslipper (Surippa) ersetzte. Dann ging es auf’s Zimmer, wo man im Eingangsbereich aus den Slippern heraus schlüpfte, um die ausgelegten Tatami-Matten auf Socken zu betreten (hier gibt es Fotos des Innenlebens).


Anzeige

Und hinter dem Wohn-/Schlafzimmer befand sich in meinem Ryokan der Sanitärbereich mit Dusche und Toilette. Und weil niemand mit Socken in Toilettenräumen herumrennt, standen vor dem Sanitärbereich ein paar Toiletten-Slipper.  Die Toiletten-Surippa waren sehr gut zu erkennen, war mein Paar doch in Weiß und es prangte ein “Mannecken Pis” auf der Oberseite. In diesem Artikel  findet sich ein Foto, welches ein anderes, aber gut identifizierbares, Modell zeigt.

Tja, wenn ich spät heim kam, erwischte ich mich, dass ich vergaß, die braunen Lederslipper im Zimmereingang, direkt hinter der papierbespannten Schiebetür, auszuziehen. Fiel mir immer in der Zimmermitte oder kurz vor den Toilettenräumen auf, wenn ich die Toiletten-Slipper sah. Also Ehrenrunde zur Eingangstür drehen, braune Slipper aus, auf Socken zum Sanitärbereich, in die Toiletten-Slipper und dann auf’s Klo.

Man ahnt es schon, beim Verlassen des Sanitärbereichs vergaß ich öfters die Toiletten-Slipper auszuziehen und marschierte zum Tisch, um mir eine grüne Tasse Tee einzuschütten. Wenn ich dann so da saß, und den grünen Tee schlürfte und den Blick schweifen ließ, streifte dieser über das Interieur, samt japanischen Kalligraphien, um dann bei den Quadrat-Latschen des Gaij-Jin hängen zu bleiben. Natürlich sprang mir dann das “Mannecken Pis” ins Auge – also schnell zum Badbereich, Latschen aus und auf Socken zum Tisch zurück …

… nur morgens war ich immer “in Eile”. Nach dem Aufstehen, Rasieren und Waschen ging es über endlose Gänge (hier findet sich ein Foto) und verwinkelte Treppen zum Frühstücksraum. War ich gut drauf, schlüpfte ich beim Verlassen des Badbereichs aus den Toiletten-Schuhen, rannte auf Socken zum Zimmereingang und schlüpfte in die braunen Hausschuhe, um zum Frühstück zu gehen. Ich war aber meist nicht gut drauf, sondern in Gedanken bei der Arbeit.

Meist fiel mir an der Tür auf “halt, da stehen ja zwei braune Latschen” – also zurück zum Badbereich, Toiletten-Slipper aus, auf Socken zur Zimmertür und braune Slipper an …

… und einige Male erwischte ich mich auf dem Gang, dass mein Blick auf weiße Hausschuhe an den Füßen fiel. Glücklicherweise waren die Gänge lang, und kaum durch andere Personen frequentiert, so dass es mir immer rechtzeitig auffiel – und ich keine peinliche Begegnung der dritten Art hatte. Irgendwann ging mir dann im Hinterkopf sofort herum: Sobald Du auf den Flur kommst, kontrolliere die Schuhe. Hat auch immer gut geklappt – einmal war ich kurz vor dem Frühstücksraum, als mir der Lapus auffiel (aber niemand begegnete mir beim Sprint, zurück ins Zimmer).

Und da saß ich nun im Frühstücksraum, eingehüllt in einen dünnen, Baumwollkimono, den "Yukata", bei Miso-Suppe, einer Schale Reis, rohem Fisch, der salzig eingelegten grünen Pflaume (Ume) und ließ es mir schmecken – die braunen Schlappen an den Füßen …

… links und rechts saßen einige Japaner an Tischen und waren ebenfalls mit lautem Schlürfen am Frühstücken. Und dann schaute ich zufällig auf die Eingangstür, wo gerade ein Japaner, in einen "Yukata" gekleidet, um die Ecke bog, um auch zu frühstücken.

In dem Moment verschluckte ich mich im Reflex, ein kräftiges Lachen zu unterdrücken. Mein Blick war nämlich unwillkürlich zu seinen Füßen gegangen und hatte dort ein paar weiße Latschen mit “Mennecken Pis” erspäht. Die anderen Personen im Raum schauten erstaunt, was mit dem Gaijin los sei – konnte der nicht mal Reis essen? Als einziger Ausländer im Frühstücksraum war ich es gewohnt, dass die Hereinkommenden sofort auf mich schauten.

Und so bekam der gute Mann wohl mit, dass ich auf seine Füße schaute und zu Husten anfing. Also ging sein Blick auch auf die Füße – und man merkte, wie er regelrecht im Boden versank, flugs auf dem Absatz kehrt machte und aus dem Raum verschwand. Er wurde an diesem Tag nie mehr gesehen. Tja, irgendwo bist Du immer Ausländer – nur gut, dass mir der Lapsus nicht passiert ist.


Cookies blockieren entzieht uns die Finanzierung: Cookie-Einstellungen

Anzeige

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert