Android, als Rechtsrisiko par excellence?

Dass Android alles andere als "kostenlos" und "OpenSource" ist, beginnt so langsam immer mehr Beteiligten zu dämmern. Und wer bei Florian Müllers Blog FOSS-Patents vorbei schaut, erfährt, was da alles an juristischen Scharmützeln läuft. Eigentlich hatte ich das Thema ja schon länger im Hinterkopf. Weil es aber immer "hinten runter fiel", möchte ich es hier kurz anreißen. Es geht um die Frage "Welche Rechtsrisiken gehe ich ein, wenn ich als Entwickler oder Lieferant im Android-Umfeld aktiv bin?"


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Hintergrund: Ich hatte bereits im Juni diesen Jahres Gelegenheit, an einem Webinar "Android: Chancen und Komplexität" der Firma Blackduck teilzunehmen. Zitat aus der Ankündigung:

Das Betriebssystem Android wurde in kürzester Zeit zu einem der populärsten und weit verbreitetsten Open Source Projekte… Während Android extrem populär ist, sind darauf aufbauende Entwicklungen nicht trivial und benötigen ernstzunehmendes Compliance-Management, nicht zuletzt wegen der Dynamik und ständig wechselnden Konstellation von Third-Party Code von unterschiedlichen Copyright-Trägern, welche die Android-Plattform bilden.

Warum ist das so? Viele Firmen gehen davon aus, dass Android unter der Apache 2.0 Lizenz steht: Die Realität ist aber sehr viel komplexer, …

In diesem Webinar adressieren wir: …Juristische Erwägungen und Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit Android erwachsen …

Ich habe hier einige Inhalte stark gekürzt, denn das für mich am spannendsten scheinende Thema waren die juristischen Erwägungen rund um Lizenzrecht und Android. Der gesamte Ankündigungstext, die Vortragsfolien und Videos des Webinars können nach einer kostenlosen Registrierung hier unter #4 abgerufen werden. Die angebotenen Videos des Webinars scheinen aber nur auf dem Mac sauber zu laufen – unter Windows fehlt mir der betreffende Codec zur Wiedergabe.

Mit dem juristischen Brecheisen …

Dr. Fabian Schäfer, der über das juristische Thema "Entwicklungsrisiken im Umfeld von Open Source Software" promoviert hat, stellte die juristische Seite beim Einsatz von Android als Vertreter von Bird&Bird dar. Das Beef aus dem Vortrag von Dr. Schäfer lässt sich in folgenden zwei Folien zusammenfassen (die ich mit Erlaubnis des Urhebers hier zitieren möchte).


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(Quelle: Dr. Fabian Schäfer, Bird & Bird)

Die vorliegende Abbildung zeigt, wer alles in der Kette der Verantwortlichkeiten involviert ist. Dies reicht von den Android-Entwicklern über App-Developer bis hin zu Mobilfunkprovidern, Google und dem Endbenutzer. Angesichts der zunehmenden Patentstreitigkeiten wird es nun spannend, die Frage zu stellen, was sich für "mich" (als Anbieter von Android-Geräten, was auch Mobilfunkprovider betreffen kann, oder App-Developer etc.) für juristische Risiken aus Lizenzverletzungen ergeben. Der springende Punkt ist: Android besteht aus einer dreistelligen Zahl von Paketen die mit unterschiedlichen Lizenzen daherkommen. Und als Anbieter muss ich alle diese Lizenzen beachten. Verstoße ich als Mitglied in der Kette der Verantwortlichkeiten gegen eine dieser Lizenzen (z. B. indem ich einen Quellcode nicht bereitstelle), kann es bitter werden. Die folgende Folie zeigt das Risiko:

(Quelle: Dr. Fabian Schäfer, Bird & Bird)

Wird einem Beteiligten in der Verantwortlichkeitskette eine (bewusste oder unbewusste) Lizenzverletzung nachgewiesen, entfallen u. U. sämtliche Rechte. Ein Mitbewerber hat dann die Möglichkeit, einen Vertriebsstopp per einstweiliger Verfügung zu erlassen. In abgewandelter Form hat dies Apple ja mit Samsung vorexerziert. Und was noch viel kritischer ist: Der Mitbewerb kann eine Auskunftspflicht bezüglich Vertriebswege und Abnehmer durchsetzen. Lax gesprochen: Nach meinem Verständnis muss nicht einmal eine Lizenzverletzung rechtswirksam festgestellt sein – eine Glaubhaftmachung zum Erreichen einer einstweiligen Verfügung reicht zum Verkaufsstopp u. U., um eine Firma "zum herunterlassen der Hose" bezüglich Vertriebswege und Abnehmer zu zwingen.

Operation gelungen – Patient tot!

Wird die Sachlage im Hauptverfahren juristisch abgewiesen, hat der in der Hauptsache obsiegende zwar die Möglichkeit, Schadensersatz gegen den Halter der einstweiligen Verfügung durchzusetzen. Angesichts der Zeiträume, die bis zum Entscheid des Hauptverfahrens vergehen, kann dies für eine Firma aber schon zu spät sein. Ein Konkursverwalter wird vermutlich nicht mehr klagen wollen – und nach 2 bis 3 Jahren ist der "Zug" aus technischer Sicht längst abgefahren.

Dabei ist der Zwang zur Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen wohl das größere Übel, was einem Anbieter zustoßen kann – der juristisch legalisierte Hebel zur "Konkurrezausforschung".

Im erwähnten Webinar geben Vertreter von Blackduck, BaringPoint und Bird&Bird zwar Hinweise, wie man in der Verwertungskette in möglichst sicherem Fahrwasser segeln kann. Aber letztendlich gilt auch hier "auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand".


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