Hier im Blog oder im Web richtet sich das Seitendesign nach technischen Aspekten. Wie ist das Ganze am besten lesbar, was geht technisch und was ist zur Navigation optimal? Im Hinblick auf "über den Tellerrand hinausschauen" gehe ich in diesem Beitrag, in Zusammenarbeit mit dem Haufe-Verlag, Fragen zum Design von eCommerce-Webseiten unter Neuromarketing-Aspekten nach.
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Weil das Internet als Informationsquelle wahrgenommen wird, dominieren heute noch überwiegend technische Aspekte das Webdesign. Beim eCommerce konkurrieren aber immer mehr Angebotsplattformen und Online Shops um Kunden. Hier sind mitunter andere Ansätze gefragt, um zu besseren Verkaufsergebnissen zu gelangen.
Erst vor wenigen Jahren setzte mit der Customer Journey ein Umdenken ein. Die technischen Aspekte rücken mehr in den Hintergrund, die Handlungsmotivation tritt in Erscheinung. Es geht um die Fragen: wie, wo, wann und warum kauft jemand auf der Seite X.
Unterstützt wird diese inzwischen immer häufiger durch das Neuromarketing. Noch befasst sich nur ein Bruchteil von eCommerce-Betreibern mit Neuromarketing. Der Aufbau einer eCommerce-Webseite nach Aspekten des Neuromarketings kann aber entscheidende Vorteile gegenüber dem Mitbewerb liefern.
Belegbare Reaktionen zum Kaufverhalten im Hirn hervorrufen und nutzen
Neuromarketing lässt sich nicht klar von psychologischen Anreizen abgrenzen. Jedoch versuchen gezielt eingesetzte Studien und Testreihen der Neurowissenschaften konkrete Antworten bereitzustellen, die auf fundierten Daten basieren. So können beispielsweise unterbewusste Reaktionen im Gehirn visualisiert werden. Dabei geht es insbesondere um die folgenden Hirnbereiche, die oft auch funktional dem limbischen System zugeordnet sind:
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- sensorische Areale
- Belohnungszentrum
- Emotionszentrum
- Bewertungszentrum
2010 konnten erstmals bestimmte Zellen – die sogenannten Spiegelneuronen – bei Menschen nachgewiesen werden. Es wird vermutet, dass durch (auch unbewusste) Sinneswahrnehmungen wie Hören oder Sehen Anreize zum selben Handeln erfolgen. Allerdings sind die Erkenntnisse dazu bisher noch nicht so umfassend. Ein noch nicht nachgewiesenes Phänomen in dieser Richtung ist die Gefühlsansteckung. So werden im Netz immer wieder Videos veröffentlicht, bei denen ein Protagonist in einer größeren Menschenmenge zu lachen oder zu gähnen beginnt. Völlig unbewusst kopieren ihn auffällig viele Menschen in seiner Umgebung.
Neurowissenschaftliche Effekte im Neuromarketing umsetzen
In Bezug auf den Aufbau einer Webseite können solche Bewertungen und Analysen aus dem Bereich der Neurowissenschaft genutzt werden. Bei der Hirnforschung lassen sich natürlich keine Gedanken lesen. Aber es wird die Aktivität der verschiedenen Areale gemessen. Diese Daten müssen dann interpretiert werden. Damit ist klar, dass das Neuromarketing nur wirklich dann maximalen Erfolg verspricht, wenn die Interpretation perfekt umgesetzt wird.
Der Psychologe und Unternehmer Hans-Georg Häusel geht hier einen, in seinem bei Haufe erschienenen Werk „Neuromarketing", interessanten Weg. Auf Grundlagen der Neurowissenschaft vertritt er die These, dass sich die Gefühle, die uns ausmachen, im Gehirn in drei Bereiche gliedern lässt:
- Stimulanz
- Dominanz
- Ausgeglichenheit (Balance)
Diese Gefühle lassen sich bei der Gestaltung von Webseiten im eCommerce-Bereich gezielt zur Verkaufsförderung ansprechen.
Der Balance Signale senden
Der stärkste Bereich ist, laut Häusel, die Balance. Sie wird bestimmt durch Gefühle wie Gerechtigkeit, Pflicht, Fleiß, Sparsamkeit, Funktionalität usw. Es könnte durchaus auch als die rationale Betrachtungsweise gesehen werden. Folglich kann eine eCommerce-Webseite, die Produkte oder Dienstleistungen offeriert, die mit den damit verbundenen Werten der Balance assoziiert werden, diese entsprechend visualisieren.
Einen besonders erfolgreichen Reiz setzen hier Begriffe wie Rabatt oder Preisnachlass. Zusammen mit einem Hinweis auf begrenzte Verfügbarkeit ist der Erfolg oft durchschlagend. Man nehme nur die Verkaufsstrategie bei Smartphones von Google. Überall war zu lesen, wie preiswert die Geräte sind. Außerdem kam noch der Hinweis, dass rechtzeitig bestellt werden muss, da die Geräte schon bei den letzten Aktionen sehr schnell vergriffen waren.
Signale der Stimulanz und Dominanz – zwei starke Botschafter
Ein "bekannter" bekannte Konkurrent Googles ist einen anderen Weg gegangen. Um dessen Geräte wird ein regelrechter Kult gemacht. Aus neurowissenschaftlicher Sicht heißt das: Die Ausschläge des Belohnungszentrums sind beim Kauf dieser Geräte eindeutig.
Der Ansatz lässt sich gut bei Produkten umsetzen, indem ihnen auf der Verkaufsseite ein echtes Alleinstellungsmerkmal gegeben wird. Statt viele zusätzliche Cross-Selling-Angebote einzubinden, wird das Produkt wie etwas Besonderes, Außergewöhnliches angeboten.
Entsprechende Studien haben gezeigt, dass selbst Schuhe, wenn sie so auf einer Webseite präsentiert werden, die entsprechenden Bereiche im limbischen System anregen. Der Verkauf der Schuhe erfolgt binnen weniger Sekunden und die Erfolgsquote ist deutlich höher als bei herkömmlichen Online Shops für Schuhe.
Über Bilder Botschaften direkt senden
Sehr viel Geld für Neuromarketing wird auch in einer anderen Branche ausgegeben, die zu den umsatzstärksten Industrien zählt – die Automobilindustrie. Exklusivität, Sportlichkeit, Abenteuer, Erfolg, aber auch Qualität, Sicherheit, Sparsamkeit; hier prasseln die Reize, die erzeugt werden können, sehr intensiv auf die Interessenten ein, sodass sich der Konsument nicht mehr entziehen kann. Diese Botschaften lassen sich bei Autos hervorragend über Bilder und Videos transportieren und werden vom Verbraucher auch entsprechend decodiert.
Vieles einer Webseite wird noch zu technisch genormt betrachtet
Bislang machen immer noch viele Webseitenbetreiber den Fehler, das Webdesign ausschließlich nach gültigen SEO-Aspekten (optimale Optimierung für die Robots und daneben für die Verbraucher nach Funktionalität und inhaltlichem Mehrwert) umzusetzen. Die Visualisierung von Ansätzen aus dem Neuromarketing werden außer Acht gelassen.
Dabei ist es wirklich einfach, Botschaften entsprechend zu verschlüsseln und an den Seitenbetrachter zu senden. Bestimmte Farben wie Rot oder Gelb signalisieren Alarm. Dazu der Hinweis, dass ein Produkt beinahe ausverkauft ist. Mit dem richtigen Signal werden sogar ähnliche Angebote, die preiswerter sind, buchstäblich ignoriert. Diesen Weg sieht man häufig bei eBay: es leuchtet aus den schwarzen Anzeigentexten knallrot heraus "nur noch ein Artikel vorrätig". Dabei wurden lediglich nur sehr wenige Artikel eingestellt. Es lässt sich sogar beobachten, dass dasselbe Produkt von einem anderen Anbieter sogar zu einem besseren Preis auf derselben Angebotsseite angezeigt wird – und sich dennoch schlechter verkauft.
Aber auch die Symbolik hat einen hohen Wert. Der Pfeil diagonal nach rechts oben in einem angedeuteten Diagramm vermittelt sofort, dass es hier nur eine Richtung gibt: nach oben. Ein großer Kreis wirkt beruhigend und seriös, er schafft Vertrauen.
Neuromarketing auf Webseiten ist noch ein echtes Alleinstellungsmerkmal
Auch, wenn das Neuromarketing an sich ein relativ neues Feld ist, viele Bereiche daraus finden sich auch in den Angebotstaktiken, die klassische Werbeagenturen schon nutzten. Das Neuromarketing zeigt lediglich, dass die Nachweisbarkeit immer einfacher wird. Damit gewinnt die Interpretation an Präzision.
Für den aktuellen Stand des Webdesigns im eCommerce bedeutet der Aufbau einer Webseite nach Neuromarketing-Aspekten dagegen ein echtes Alleinstellungsmerkmal, weil noch sehr viele Seitenbetreiber eben an diesen klassischen technischen Formeln für den Seitenaufbau festhalten.
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