Nachlese: Regierung zahlt 800.000 Euro für Windows 7 ESU

win7[English]Die deutsche Bundesregierung sowie nachgeordnete Behörden zahlen in 2020 ca. 800.00 Euro, um Rechner mit Windows 7 SP1 nach dem Supportende mit Updates zu versorgen. Das war die Meldung vor einigen Tagen. Daher heute im Sinne von 'mal genauer nachgeschaut' noch ein Blick auf das Rauschen im Blätterwald zu diesem Thema.


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Am 14.1.2020 endete ja der erweiterte Support von Windows 7 SP1 und Windows Server 2008/R2 durch Microsoft. Unternehmen und Behörden können aber ein kostenpflichtiges Extended Security Update-Programm (ESU) buchen und so Sicherheitsupdates bis 2023 bekommen. Für Kunden mit Volumenlizenzprogrammen und bestimmten Abonnements ist das Ganze im ersten Jahr sogar kostenlos – und außerhalb dieses Bonus-Programms mit 75% der Lizenzkosten auch gut zu stellen. So viel als Vorbemerkung.

Das angebliche 'Grab für den Steuerzahler'

Die erste Meldung kam wohl vom Handelsblatt (nicht verlinkt, da hinter einer Paywall). Der Inhalt des Artikel:

Eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion an das Innenministeriums hat ergeben, dass der  'Bundesregierung' erhebliche Kosten entstehen, weil bei einer Vielzahl der PCs in den einzelnen Bundesministerien und den nachgelagerten Behörden immer noch das veraltete Betriebssystem Windows 7 eingesetzt wird.

Das Ganze ging dann an die Deutsche Presseagentur und heise hat das Thema hier aufgegriffen. Betroffen sind 2020 laut der Antwort des Innenministeriums mindestens 33.000 Computer, auf denen noch Windows 7 SP1 läuft. Der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krings (CDU) schreibt in seiner Antwort der Regierung, dass es keine "zentrale Übersicht" über die Umstellung vom alten auf das neue System gebe. Fünf der 14 Bundesministerien seien in der Aufstellung gar nicht aufgelistet. BND und und Verfassungsschutz fehlen ebenfalls. "Die Behörden und Ressorts sind für die zeitgerechte Windows-10-Umstellung nach Auslaufen des Supports von Windows 7 eigenverantwortlich.".

Politisches Süppchen gekocht?

Der Bürovorsteher des grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz hat dann den folgenden Tweet rausgehauen.


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Die Pressemeldung und solche Tweets führten in den Medien dann zu Schlagzeilen, wie Starkes Stück": Bundesregierung verpennt Windows-Umstellung – nun wird es teuer (Alica Greil, FNP), oder Bundesregierung zahlt 800.000 Euro für veraltetes Betriebssystem (DTS-Nachrichtenagentur). Auch in den US-Medien ging die Schlagzeile um, wie blöd doch die deutsche Regierung sei. Ich bin dann schon von Lesern meines englischsprachigen Blogs angesprochen worden. Ist zwar verständlich, aber die Leute in den Redaktionen haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Mal genauer hingeschaut

Die Aussage von den 'Versäumnissen, durch die IT-Sicherheitsrisiken & zusätzliche Kosten in Millionenhöhe entstehen' in obigem Tweet ist reines Gewäsch, was man von einem Bürovorsteher des Abgeordneten Konstantin von Notz nicht erwarten kann.

Hintergrund: Konstantin von Notz ist mir erinnerlich, dass er sich in seinem Amt als Abgeordneter für das Thema Privatsphäre und Datenschutz einsetzt. 2019 kam noch die Forderung, dass die Bundesregierung Verantwortung für Datenschutz wahrnehmen müsse. Nur mal so als Anmerkung.

Windows 10 nicht DSGVO-konform einsetzbar!

Szenenwechsel: Zum 3. Januar 2020 hatte ich den Beitrag Windows 10-Datenschutzsplitter: Die Krux mit der Telemetrie … hier im Blog. Der Artikel thematisiert auch die Verabschiedung eines Prüfschemas 'Datenschutz bei Windows 10' vom November 2019 durch die Datenschutzkonferenz. Der springende Punkt:

Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sehen wenig Spielraum, Microsofts Betriebssystem Windows 10 rechtskonform zu nutzen.

Wenn ich diese Aussage also ernst nehme, und das tue ich, haben die IT-Verantwortlichen eigentlich keine Möglichkeit, mit fliegenden Fahnen in Richtung Windows 10 zu wechseln. Und ich verweise auch auf meinen Beitrag Berlin und die Bremsspuren beim Windows 10-Upgrade vom 14. Januar 2020, wo die Leiden einiger IT-Verantwortlicher in Berliner Behörden skizziert werden. Dort muss fast jeder zweite der 60.000 auf Windows 10 umgestellten Rechner neu mit 'dem richtigen Windows 10' bespielt werden. Der Hintergrund ist, dass dort Windows 10 LTSC installiert wurde, was aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen wohl nicht weiter verwendet werden darf (Details sind mir unbekannt).

ESU-Kosten von 24 Euro pro Rechner und Jahr!

Unter diesem Aspekt: Es ist eine Schlamperei, dass deutsche Behörden abhängig von Microsofts Windows sind und keine Alternative in Sachen 'Regierungs-Linux' oder ähnliches angestrebt wurde. Es ist in meinen Augen kein Verpennen des Windows 7-Supportendes, und wer sich die Kosten von 800.000 Euro für 'mindestens 33.000 Computer anschaut, kommt auf um die 24 Euro pro Rechner und Jahr – selbst wenn man eine hohe Dunkelziffer anlegt. Mit etwas Glück 'amortisieren' sich diese 24 Euro sogar im Support, da dort die Aktualisierung der Clients mit den Funktionsupdates bei Windows 7 ja entfällt. Da fällt der angebliche Skandal, den die Presse so zu erkennen glaubt, doch arg in sich zusammen. Oder wie seht ihr das so?

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Windows 10-Datenschutzsplitter: Die Krux mit der Telemetrie … Berlin und die Bremsspuren beim Windows 10-Upgrade


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11 Antworten zu Nachlese: Regierung zahlt 800.000 Euro für Windows 7 ESU

  1. DerGelassene sagt:

    > Da fällt der angebliche Skandal, den die Presse so zu erkennen glaubt, doch arg in sich zusammen. Oder wie seht ihr das so?

    Presse ist grundsätzlich tendenziös und will Schlagzeilen. Windows 7 ESU oder Linux sind einem Windows 10 immer vorzuziehen. Der Skandal ist der Mangel an IT-Kompetenz in der Presse.

  2. Andreas sagt:

    Halt das übliche im Schmierentheater "Politik" (und damit meine ich nicht nur deren deutsche Variante). Hauptsache dem politischen Gegner wo es nur geht vors Schienbein treten, auch wenn es bei genauerem Hinsehen sachlich falsch ist.

    Die Presse greift solche Schlagzeilen ja allzu gerne auf, sie lebt schließlich von Sensationen und Empörung. Und die Leserschaft ist größtenteils leider auch nur dazu in der Lage, ein Problem im Ausgeben von Geld zu sehen statt die Problematik einer Abhängigkeit des Staates von (IT-)Konzernen zu erkennen. Das sind doch die Guten, die sowieso viel mehr Ahnung haben als die Schnarchnasen in den staatlichen Verwaltungen (Ironie aus).

    • Dekre sagt:

      Stimme Euch beiden zu.
      Vor allem der Grünen-Politiker Herr von Notz weiß immer alles besser (siehe oben). Sind eben die Grünen – die Besserwissi-Partei und können vor lauter Intelligenz kaum laufen. Er ist aber der Erste, wenn er Verstöße moniert.
      Ich denke, die 800 TEUR sind gar nicht so viel für die Menge. Gut, ich habe das Upgrade gemacht, (wohl) kostenlos auf 3 PCs. Ich habe auch keine Behördenverwaltung.

      Der Skandal ist eigentlich ein anderer und der heißt Rechtsdeutsch: Die Indienstnahme Privater für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben…".
      Dahinter verbirgt sich, dass der Bürger ohne PC und adäquater Ausstattung nichts mehr erfüllen kann. Hinzu kommt, dass man Bürger ohne den neuesten Smartphone-Dinger vom öffentlichen Leben mehr und mehr nicht beteiligt.

      Des weiteren ist es ein Skandal, dass die Behörden in allen Varianten wie ein Staat funktioniert man zu Twitter, Facebook und Consorten (fast) gezwungen wird und damit erheblich gegen Datenschutz verstößt. Das ist Nötigung sich diesen Imperien zu unterwerfen.

      • Info sagt:

        > [Der Skandal ist eigentlich ein anderer und der heißt Rechtsdeutsch: Die Indienstnahme Privater für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben…".
        Dahinter verbirgt sich, dass der Bürger ohne PC und adäquater Ausstattung nichts mehr erfüllen kann. Hinzu kommt, dass man Bürger ohne den neuesten Smartphone-Dinger vom öffentlichen Leben mehr und mehr nicht beteiligt.

        Des weiteren ist es ein Skandal, dass die Behörden in allen Varianten wie ein Staat funktioniert man zu Twitter, Facebook und Konsorten (fast) gezwungen wird und damit erheblich gegen Datenschutz verstößt. Das ist Nötigung sich diesen Imperien zu unterwerfen.]

        Danke, freut mich das ich das nicht nur allein so sehe.

        Das überzogene Theater was wir den "Europäischen Ministern" beispielsweise in Sachen Banking verdanken ist sehr unschön.

        Der Alltag sollte für jeden Menschen auch weiterhin ohne digitale- und Hardware Zwänge zu bewältigen sein. Ob arm, reich, gesund, krank…

        Was derzeit so alles unter dem Angabe "Digitaler Sicherheit" und "…Terror-Prävention" abgeht, und uns die Zukunft bringt, ist meines Erachtens für die Menschen beängstigend überzogen und führt zu einer fragwürdigen grundsätzlichen Lebensqualität.

        • Bernard sagt:

          Was die zum Banking "verbrochen" haben, geht auf keine Kuhhaut.

          Eine schweizer(!) Bank hat mittlerweile eine Abfrage der Windows-Version eingebaut. Unter Windows 10 ist kein Banking mehr möglich.

          Dabei berufen die sich auf die EU, obwohl die gar nicht Mitglied der EU sind!

  3. ralf sagt:

    zu "Die deutsche Bundesregierung sowie nachgeordnete Behörden zahlen in 2020 ca. 800.00[0] Euro":

    jedes jahr wird's dann aber teurer und nach dem dritten "isch over".

    zu "Fünf der 14 Bundesministerien seien in der Aufstellung gar nicht aufgelistet. BND und und Verfassungsschutz fehlen ebenfalls."

    jedes dritte ministerium sowie 2 grosse bundesoberbehoerden fehlen also: damit ist die genannte summe von etwa 800.000 euro aeusserst fragwuerdig geworden.

  4. Gerd005 sagt:

    Ich stimme zu. Der eigentliche Skandal liegt im Fehlen einer langfristigen Strategie, aber daraus können Populisten wie Trump und der Vorzimmerklotz vom Notz keinen fetzigen Twitterspruch basteln. 24 Euro für ein funktionierendes Betriebssystem, das die IT nur einer Routinewartung unterziehen muss: Schnäppchen.

  5. Bernard sagt:

    DAS HIER IST DAS EIGENTLICHE GRAB!!!

    "Bundeskanzler und Bundespräsidenten sind nach dem Ende ihrer Amtszeit abgesichert. Gerhard Schröder sowie Christian Wulff, Horst Köhler und Joachim Gauck werden auch „a.D." von den Bürgern bezahlt."

    "Den drei noch lebenden Ex-Bundespräsidenten Gauck, Köhler und Wulff stehen nach einem Gesetz aus dem Jahr 1953 ein sogenannter Ehrensold zu."

    "Köhler jedoch hat auf seinen Ehrensold verzichtet."

    https://www.focus.de/politik/deutschland/kuerzungen-geplant-die-ganze-luxus-liste-was-wir-altkanzlern-und-ex-praesidenten-bezahlen_id_10487162.html

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