Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

ParagraphGute Nachrichten für kleinere Firmen, Kleinunternehmen und Online-Händler in Sachen Abmahnmissbrauch durch spezialisierte Anwaltskanzleien und extra für diesen Zweck gegründete Abmahnvereine. Der Bundestag hat vor über einer Woche ein Gesetz gegen Abmahnmissbrauch verabschiedet, der den Missbrauch eindämmen soll. Hier einige Informationen dazu.


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Das Thema ist ein leidiges: Ein kleiner Fehler im Impressum und Online-Händlern flattert eine teure Abmahnung eines Anwalts ins Haus. Es hatte sich eine regelrechte 'Industrie zum Abmahnmissbrauch' gebildet. Anwälte und zu diesem Zweck gegründete Abmahnvereine sahen ihr Geschäftsmodell auf diesem Gebiet, indem sie vorgeblich Wettbewerbsverstöße reklamierten, aber nur dem Abkassieren über Kostennoten diente. Denn Kleinunternehmen haben oft nicht die personellen Ressourcen, um so etwas juristisch auszufechten.

Vera Dietrich hatte dann vor 2 Jahren eine Bundestagspetition gestartet, um ein Gesetzgebungsverfahren in Ganz zu setzen, die diesem Abmahnmissbrauch einen Riegel vorschieben sollte.

Der Deutsche Bundestag hat am 10. September 2020 in zweiter und dritter Lesung den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs beschlossen. Das geht aus dieser Mitteilung des Ministeriums hervor.

Das Gesetz enthält, laut Justizministerium, ein umfassendes Paket an Maßnahmen, das zu einer erheblichen Eindämmung des Abmahnmissbrauchs führen wird. Ziel ist es, insbesondere Selbständige sowie kleinere und mittlere Unternehmen vor den Folgen solcher Abmahnungen zu schützen.


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Das Gesetz ergänzt darüber hinaus das Designgesetz um eine sogenannte Reparaturklausel, die den Markt für sichtbare Ersatzteile für den Wettbewerb öffnet. Dies nur nebenbei erwähnt.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt: Der Missbrauch von Abmahnungen schadet dem Wettbewerb und vor allem Selbstständigen und kleinen und mittleren Unternehmen. Durch den nun beschlossenen Gesetzentwurf entziehen wir diesem Geschäftsmodell die Grundlage. Durch das Gesetz sollen finanzielle Fehlanreize für solchen Missbrauch beseitigt werden. Hier die Kernpunkte:

  • Mitbewerber von Anbietern können keine Kostenerstattung für Abmahnungen wegen Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder wegen Datenschutzverstößen verlangen, wenn sich diese gegen Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern richten.
  • Außerdem stärkt das Gesetz diejenigen, die sich gegen missbräuchliche Abmahnungen wehren. Abmahner dürfen sich bei Rechtsverletzungen im Internet nicht länger aussuchen, vor welchem Gericht sie klagen.
  • Betroffene können in Zukunft missbräuchliche Abmahnungen leichter darlegen und bekommen zudem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung. All das kommt den Abgemahnten zu Gute.

Abmahnungen sollen zu einem rechtstreuen Wettbewerb beitragen, so das Justiz-Ministerium, dürfen aber nicht zur Generierung von Anwaltsgebühren und Vertragsstrafen missbraucht werden. Die Verringerung finanzieller Anreize erscheint daher ein wirksames Mittel, um missbräuchliche Abmahnungen einzudämmen.

Finanzielle Anreize für Abmahner verringern

Zu diesem Zweck sollen Mitbewerber bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet oder bei Verstößen von Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern gegen Datenschutzrecht kein Anspruch auf Kostenerstattung für die Abmahnung erhalten. In diesen Fällen wird bei einer erstmaligen Abmahnung auch die Höhe einer Vertragsstrafe begrenzt.

Voraussetzungen für die Anspruchsbefugnis der Abmahner erhöhen

Wettbewerbsverhältnisse sollen nicht bewusst geschaffen werden, um Einnahmen durch Abmahnungen zu ermöglichen. Mitbewerber können Unterlassungsansprüche daher in Zukunft nur noch geltend machen, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Online-Shops mit Fantasieangeboten werden damit ebenso ausgeschlossen wie Mitbewerber, die bereits insolvent sind und gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen.

Auch unseriösen Wirtschaftsverbänden, die zur Erzielung von Einnahmen aus Abmahnungen gegründet werden, wird die Geschäftsgrundlage entzogen. Anspruchsberechtigt sind nur noch Wirtschaftsverbände, die sich – nach Erfüllung bestimmter Anforderungen – auf einer Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eintragen lassen. Die Erfüllung der Anforderungen durch die Wirtschaftsverbände wird durch das Bundesamt für Justiz regelmäßig überprüft.

Gegenansprüche des Abgemahnten erleichtern

Die Betroffenen können missbräuchliche Abmahnungen in Zukunft durch die Schaffung mehrerer Regelbeispiele für missbräuchliche Abmahnungen leichter darlegen. Hierzu zählt die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber genauso wie Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird oder Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzen.

Wer zu Unrecht abgemahnt wird, erhält außerdem einen Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung. Abmahner müssen die Berechtigung einer Abmahnung daher in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen, um finanzielle Risiken zu vermeiden.

Wahl des Gerichtsstands einschränken

Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (sog. fliegender Gerichtsstand) ermöglichte dem Kläger bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen bisher, sich das für sie passende Gericht auszusuchen. Der Ansatz, Klage vor einem bestimmten Gericht zu erheben (weil dieses abmahnfreundlich agierte) und dem Abgemahnten Reisekosten aufzubürden, um ihn samt Anwalt von der Teilnahme an der Verhandlung zu hindern, wird auch beendet. In Zukunft gilt bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (des zuvor Abgemahnten).

Eine Einschätzung des VGSD findet sich hier – nach deren Aussage wird man in ca. 2 Jahren sehen, ob das Gesetz greift. Auch diese Rechtsseite formuliert Kritik am verabschiedeten Gesetz, da es Lücken offen lässt.


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Eine Antwort zu Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

  1. Dat Bundesferkel sagt:

    Hachja, Pseudo-Aktionismus in seiner Schönform. Die kommen, ohne mich genauer in die Änderungen eingelesen zu haben, immer erst dann an, wenn die "Raubtiere" bereits gesättigt sind und nur noch einzelne Streuner auf die Jagd gehen.

    Fühlen sich Betroffene nicht mal so langsam auf den Arm genommen?

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