[English]Microsoft hat Microsoft 365 um eine 'Workplace Analytics'-Funktion erweitert, mit der Administratoren die Leistung ihrer Benutzer überwachen und auswerten können. In der letzten Woche gab es massive Kritik von Datenschützern und Betriebsräten über den Microsoft Productivity Score, die Funktion, mit der diese Auswertungen möglich sind. Jetzt hat Microsoft eine Verpflichtung zum Datenschutz in Microsoft Productivity Score veröffentlicht und auch Nachbesserungen vorgenommen.
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Einige Hintergründe
In Microsoft 365 hat Microsoft eine Funktion namens 'Workplace Analytics' zur Messung und Bewertung der Produktivität von Belegschaften integriert und diese Funktion nun aktiviert. Microsoft wirbt damit, dass diese Funktion es den Nutzern ermöglicht, ihre Produktivität zu bestimmen und auch zu messen, ob sie mit der Zeit produktiver werden.
So ist es beispielsweise möglich, herauszufinden, wie lange Mitarbeiter in Besprechungen waren, wie oft und wie lange E-Mails bearbeitet wurden usw. Die Workplace Analytics-Funktion kann sowohl auf Kalender- und E-Mail-Daten als auch auf Telemetriedaten zugreifen. Die Ergebnisse werden dann in einem Dashboard angezeigt. Es gibt ein Werbevideo von Microsoft, das diese Funktion demonstriert.
(Source: YouTube)
Das ruft natürlich Betriebsräte und Datenschützer auf den Plan, denn Microsoft 365 ist das ideale Werkzeug zur Überwachung von Belegschaften und zur Durchführung von Leistungsüberprüfungen. Der in Wien lebende Forscher und Datenschutzaktivist Wolfie Cristl hat sich in einer Reihe von Tweets mit dieser Frage befasst.
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Microsoft 365 'Workplace Analytics'
Ich habe dieses Thema in meinem Blog-Beitrag Microsoft 365 'Workplace Analytics' – Anwender-Produktivitätsüberwachung behandelt.
Microsoft bessert nach
Die Kritik ist bei Microsoft angekommen, die Entwickler bessern nach und Microsofts Corporate Vice President for Microsoft 365, Jared Spataro, hat ein Bekenntnis zum Datenschutz bezüglich der Funktion Productivity Score veröffentlicht. Im Blog-Beitrag Our commitment to privacy in Microsoft Productivity Score spezifiziert Spataro die Korrekturen Microsofts.
- Erstens entfernt Microsoft die Benutzernamen aus dem Produkt (sprich aus der Auswertung durch Workplace Analytics). Spataro schreibt, dass man während der Preview-Phase eine Funktion hinzugefügt hatte, die Endbenutzernamen und zugehörige Aktionen über einen Zeitraum von 28 Tagen anzeigt. Als Reaktion auf das Feedback der letzten Woche entfernt Microsoft diese Funktion vollständig. Künftig werden die Kommunikation, Besprechungen, inhaltliche Zusammenarbeit, Teamarbeit und Mobilitätsmaßnahmen in Productivity Score nur noch Daten auf Organisationsebene aggregieren, was ein klares Maß für die Übernahme von Schlüsselfunktionen auf Organisationsebene liefert. Niemand in der Organisation wird in der Lage sein, mit Productivity Score auf Daten, wie ein einzelner Benutzer Anwendungen und Dienste in Microsoft 365 nutzt, zuzugreifen.
- Zweitens ändert Microsoft die Benutzeroberfläche, um klarer zu machen, dass der Productivity Score ein Maß für die Akzeptanz der Technologie auf Organisationsebene und nicht für die Auswertung des individuellen Benutzerverhaltens ist. In den letzten Tagen hat Microsoft festgestellt, dass es einige Verwirrung über die Fähigkeiten des Produkts gab. Productivity Score erstellt eine Bewertung für das Unternehmen und war nie darauf ausgelegt, einzelne Benutzer zu bewerten. Microsoft will dies in der Benutzeroberfläche deutlicher machen und die Datenschutzangaben im Produkt verbessern, um sicherzustellen, dass IT-Administratoren genau wissen, was Microsoft tut und das Produkt kein Benutzer-Tracking auf individueller Ebene vornimmt.
Diese Änderungen am Produkt sollen den Datenschutz für die Endbenutzer verbessern und gleichzeitig IT-Experten in die Lage versetzen, die Akzeptanz der Produktivitätsanwendungen und -dienste in Microsoft 365 durch ihr Unternehmen zu messen und zu verwalten. Die Details lassen sich im Microsoft Blog-Beitrag nachlesen. Spannend bleibt nun, wie Datenschützer auf die verbleibenden Funktionen von Workplace Analytics reagieren. Denn Microsoft 365 enthält sowohl Windows 10 als auch Office 365, was 'out-of-the-box' nicht datenschutzkonform eingesetzt werden kann, wie sich u.a. heise im aktuellen Beitrag Datenschützer: Windows-10-Nutzer bei Telemetrie nicht aus dem Schneider nachlesen lässt. Auf Twitter bedankt sich Jeffrey Snover (CTO for Modern Workforce Transformation und damit für die Funktion verantwortlich) zwar bei Datenschutzaktivist Wolfie Cristl. Ein Ex-Microsoftler gibt aber eine passende Antwort:
Als ehemaliger MS-Absolvent mit 20 Jahren Berufserfahrung bin ich entsetzt darüber, dass mein Unternehmen, dessen Mission früher "Ihr Potenzial, unsere Leidenschaft" war, sich auf einen schlüpfrigen Pfad der obligatorischen Endbenutzerüberwachung begeben hat, um gefälschte Produktivitätswerte zusammenzustellen, die von Managern unweigerlich dazu missbraucht werden würden, um geschäftige Arbeit voranzutreiben.
Ich glaube, dem ist wenig hinzuzufügen. Von einem Management, welches sich ethisches Verhalten und Datenschutz auf die Fahnen pinselt, könnte man etwas vorausschauendes Denken erwarten. Erkenntnis des Tages: Es hilft also, wenn Datenschützer und Betriebsräte da massiv eingrätschen. Der gerade abgebrochene Test der neuen Schufa CheckNow-Funktion (siehe Schufa Check Now: Telefónica beendet den Test) währe ohne öffentlichen Aufschrei weiter geführt worden – davon bin ich überzeugt. Was frustriert: Die Salami-Taktik, mit der Hersteller immer wieder versuchen, solche Funktionen in den Markt zu drücken. Ich denke, mit Workforce Analytics ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
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Es gibt vom BSI 2 PDFs, wenn man die als Gruppenrichtlinie umsetzt, sollte der ganze Spuk mit Telemetrie vorbei sein.
Office_Telemetrie.pdf
BSI-CS_135.pdf
Workplace Analytics ist bei uns in der Firma seit mindestens 2017 ein Thema, der Betriebsrat hat dem allerdings eine klare Absage erteilt, es ist deshalb für alle Mitarbeiter weltweit in O365 nicht aktiviert – auch in Ländern, in denen das rechtlich kein Problem wäre.
Was bleibt ist der schlechte Beigeschmack, dass Microsoft so etwas überhaupt anbietet, und dass man als zwangsweiser Nutzer von O365 immer mit der Gewissheit lebt, dass Microsoft diese Daten erhebt und jederzeit bereitstellen könnte.
Auch vorstellbar wäre ja beispielsweise, dass Microsoft in Zukunft die Produktivitätsdaten von Mitarbeitern mit deren LinkedIn-Profilen verknüpft und in Ländern, in denen das rechtlich erlaubt ist, potentiellen neuen Arbeitgebern bereitstellt.
Meinen moralischen Wertvorstellungen entspricht das ganze jedenfalls überhaupt nicht.