Eigentlich sollen die Ministerien der Bundesrepublik Deutschland ja unabhängiger von bestimmten Software-Anbietern werden – so zumindest eine Strategieempfehlung. Jetzt hat eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag offen gelegt, was im Haushaltsjahr 2020 an Zahlungen für Software (wohl Lizenzen) an die US-Firma Microsoft angefallen ist.
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Lizenzen: 177,5 Millionen für Microsoft
Die Anfrage der Linksfraktion im Bundestag an die Bundesregierung hat ergeben, dass die die Bundesministerien im Haushaltsjahr 2020 rund 178,5 Millionen Euro für Softwarelizenzen, Cloud- und Serverdienste an Microsoft gezahlt haben. Ich gehe davon aus, dass dies aber nur die Spitze des Eisbergs ist, denn manche Dienststelle wird da noch eigene Beschaffungswege nutzen.
Im Vergleich: SPON gibt hier für 2015 bezifferte die Bundesregierung die Lizenzausgaben, die an Microsoft geflossen sind, auf 43,5 Millionen Euro. Und noch eine Fußnote: Für 2019 waren ursprünglich gerade einmal 57,2 Millionen veranschlagt. Nach einem Kassensturz waren es tatsächlich 177,2 Millionen. Lässt für mich den Schluss zu, dass die obigen 177,2 Millionen nicht der wirkliche Wert sind.
Digitale Unabhängigkeit Schall und Rauch
Die obigen Zahlen bekommen ein besonderes Gewicht, wenn man weiß, dass die Ministerien der Bundesrepublik Deutschland von bestimmten Software-Anbietern ja unabhängiger werden sollen. Im Jahr 2019 wurde eine, im Auftrag des Bundesinnenministeriums angefertigte, Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC öffentlich, die "dringenden Handlungsbedarf" anmahnte.
Der Abschlussbericht Strategische Marktanalyse zur Reduzierung von Abhängigkeiten von einzelnen Software-Anbietern benennt die Dinge schonungslos. Hier ein Auszug aus der Kurzfassung:
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Die Bundesverwaltung setzt an vielen Stellen Standard-Produkte von kommerziellen Software-Anbietern ein. Einige dieser Anbieter scheinen ihre Angebotsmacht zu ihrem Vorteil zu nutzen und Anforderungen ihrer Kunden, z. B. das erhöhte Bedürfnis nach Informationssicherheit im öffentlichen Sektor, nicht bzw. nur unzureichend zu adressieren. Dies kann die digitale Souveränität der Verwaltung gefährden und beschäftigt nicht nur Bund und Länder hierzulande (z. B. Schleswig-Holstein), sondern ist auch in anderen Nationen Thema (z. B. Königreich der Niederlande, Republik Korea).
Für die Bundesverwaltung ist die kurzfristige Untersuchung der Abhängigkeiten von SoftwareAnbietern unabdingbar, um geeignete Schritte zur Wahrung der digitalen Souveränität einzuleiten. Zudem wird durch das Projekt „IT-Konsolidierung Bund" das Software-Portfolio der Bundesverwaltung mit dem verstärkten Einsatz von Standard-Produkten zunehmend zentralisiert. Dieser Prozess droht die Situation weiter zu verschärfen, bietet aber zugleich eine günstige Gelegenheit, die Entwicklung und den Einsatz von Software gezielt zu steuern sowie bestehende Abhängigkeiten zu reduzieren.
Aktuell scheint es ja so zu sein, dass das Projekt IT-Konsolidierung Bund auf der Kriechspur läuft und selbst dessen Umsetzung nicht mehr sicher ist. Die Kollegen von Golem haben Anfang Januar 2021 diesen Artikel mit dem neuesten Stand veröffentlicht. High Tech-Standort Deutschland nicht nur in Fragen zur Bewältigung der Corona-Pandemie sondern auch in der Digitalisierung der Verwaltung Dritte-Welt-Klasse?
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178 Mio. € in einem Jahr in den Sand gesetzt. Eigene Cloud- und Serverdienste hätten zwar auch was gekostet, aber letztendlich würden diese Kosten nur einen winzigen Bruchteil darstellen. Mit dem Rest hätte man so viel machen können. Nimmt man die letzten Jahre und auch die nächsten Jahre noch hinzu, kratzen wir wohl an der Milliarde. Da hätte man durch etwas mit auf die Beine stellen können. Für ein technologisch eigentlich derart weitentwickeltes Land ist das Ergebnis ein Armutszeugnis.
Der dringende Handlungsbedarf besteht auch nicht erst seit 2019, sondern spätestens seit 2017. Entsprechend viel Zeit und Geld hat man seitdem verloren.
Ein großer Bremsklotz ist wieder mal die EU, die ihre Macht verpuffen lässt.
Was sagt diese Zahl aus? Wieviel wurde für welche Produkte und vor allem für welche Anzahl an Endgeräten ausgegeben (unabhängig von deren Existenz)? Wie hoch war z. B. der Anteil für den unnötigen, erweiterten, Win 7 Support, der ja auch zu den Lizenzen zählen dürfte? Wie hoch die versteckten Kosten für Windows Basislizenzen, die in den Hardwarekäufen vesteckt sind?
Wie hoch sind z. B. im Vergleich die Kosten für Adobe Lizenzen?
Für mich taugen diese blanken Zahlen zu keiner sinnvollen Berwertung.
Die Fragen von dir sind berechtigt. Alleine, im Sinne des Artikelkontext sind es aber die falschen Fragen. Nur mal herausgezogen:
1. Es gibt eine Analyse (aufgegeben von einem Ministerium), die die Abhängigkeit von einem Softwarehersteller als strategischen Fehler benennt und gegensteuern empfiehlt.
2. Die Kosten betrugen 2015 weniger als 1/3 des Budget 2020.
Was fällt einem als Beobachter auf? Ob der Trend in die richtige Richtung zeigt …?
In Unternehmen werden kostenpflichtige Softwarelizenzen gekauft und eingesetzt, in Behörden ebenso und es soll sogar Privatnutzer geben, die auch Geld für Softwarelizenzen ausgeben und nicht der "Geiz-ist-Geil-Mentalität" verfallen sind.^^
Das ist also nichts Ungewöhnliches und auch kein Geheimnis.
Dass dieser Artikel aber wieder gezielt auf Microsoft gerichtet ist, ist auch keine Überraschung. Na wenn's glücklich macht …^^
Bei uns in der Behörde werden, neben Windows und Office von Microsoft, auch noch andere (zum Teil sündhaft teure) Anwendungen eingesetzt. Von Adobe, von SAP (PVS), nur um mal die teuersten zu nennen, sowie speziell auf die internen Aufgaben ausgerichtete Anwendungen, die sich die externen Entwickler auch gut bezahlen lassen.
Durch die internen IT'ler werden diese Anwendungen dann an die eigene Umgebung angepasst und von ihnen durchgehend verwaltet und gepflegt.
Diese Strategie ist ganz sicher weitaus kostengünstiger, als sich eine eigene Software-Entwicklerabteilung zu leisten. Das ist doch sowieso vollkommen utopisch.
Und bevor jetzt wieder irgendwer mit Linux oder Limux, LibreOffice oder was weiß ich daherkommt: Das wäre vielleicht wünschenswert, ist aktuell aber weitab der Realität und selbst mittelfristig nicht, vor allem nicht in der öffentlichen Verwaltung, vorgesehen.
Als ITLer einer großen Behörde sprichst du mir aus der Seele.
Nimm es nicht persönlich, aber das spricht nicht für große Kompetenz, sondern nur für "ich möchte es mir so einfach wie möglich machen, andere sind mir dabei egal".
ich bin mal gespannt wie Arbeitnehmer, Sozialhilfeempfänger, Autoanmeldungen, Versicherungen, Ausweiseanträge etc. reagieren, wenn sämtliche HCM/ERP/FI/DB Systeme/Anwendungen usw. ausschließlich mit Open Source Software und ohne jegliche Wartungsverträge betrieben werden, Fehler in der Stabilität, Berechnungsfehler oder was auch immer für Probleme auftreten, aufgrund dessen tagelang keine Zahlungen erfolgen können weil ja alle IT'ler nun die Programmier- oder andere Fehler selber beseitigen können/müssen, da es ja nur noch IT-Profis in Deutschland gibt…. unrealistisches Kindergehabe…
vor allem werden die Open Source Anbieter grundsätzlich von Luft und Liebe leben, weil, es muss ja niemand mehr für Software bezahlen…..
und wenn schon Jemand/eine Partei/Buchautor fragt wieviel in Sachen Microsoft ausgegeben wurde sollte zeitgleich mal gefragt werden, wieviel Lizenzkosten sind in Richtung Oracle, SAP, VMware, IBM, Wartungsverträge, Dienstleistungen etc. geflossen… immer wieder dieses Clickbaiting…… haben wohl mittlerweile auch Buchautoren nötig…
Die letzten fünf Wörter entlarven deinen Kommentar – Du hast schlicht die Fragestellung nicht verstanden, fürchte ich. Zum Rest: Nichts wirklich neues in deiner Argumentation – eigentlich schade. Man kann ja gerne den Artikel und die Zahlen hinterfragen, wie das andere Kommentatoren mit Recht tun. Aber nicht so, und am Kernkonflikt ändert das eh nichts. Die Regierung kann sich ja gerne hin stellen und postulieren "Ja, wir haben uns entschieden, uns in totale Abhängigkeiten von Hersteller xyz zu begeben, weil …" – aber die PwC-Analyse samt Empfehlungen ist nach wie vor gültige Strategie …
Ansonsten macht es mir gerade eine diebische Freude, zu beobachten, wie hier solche Kommentare einschlagen. Ist noch viel zu tun, bis einige Leute aufwachen … mal schauen, wie viele Jahre mir noch bleiben und ob ich erlebe, wie die (noch glückliche) Nutzerschaft von einem gewissen Hersteller am Nasenring in der Manege vorgeführt wird oder ob es Europa gelingt, sich irgendwann abzunabeln. Wäre ja schön, wenn sich meine Unkenrufe in 5 oder 10 Jahren in Wohlgefallen auflösen.
Der Artikel greift das PcW-Gutachten, beauftragt von einem Ministerium, auf und spiegelt das an der Realität. Mit Glück hat das nix zu tun.
man könnte natürlich
– eigene Cloud- und Serverdienste aufbauen – kostet aber auch Geld
– andere Cloud- und Serverdienste mieten – kostet aber auch Geld
– eigene Software schreiben – kostet aber auch Geld
– andere Software lizenzieren – soll auch kosten
– irgendein Open-Source Krams nutzen, Qualität Fragezeichen und wird auch direkt oder indirekt Geld kosten
Was nun wirklich technisch und finanziell sinnvoll ist oder nicht, lässt sich also nicht so einfach beantworten.
Das ist zwar korrekt, aber es ist trotzdem mehr als fraglich, ob innerhalb eines Jahres trotzdem derart hohe Kosten dafür anfallen würden. Ich glaube nicht ansatzweise. Ich meine wir reden hier von 178 Mio. €!
Außerdem hätte man den Vorteil der Unabhängigkeit. Die derzeitige Abhängigkeit ist offenbar ein riesiges Problem wenn es um die Durchsetzung der eigenen Interessen geht.
Ohne zu Wissen welches Lizenzmodell und welche Produkte genutzt wurden, bringt ein Vergleich mit 2015 gar nichts.
2020 sind sowohl Win 7 als auch Office 2010 aus dem Support gelaufen. Beide Produkte haben, je nach Lizenzmodell, 2015 – 2019 keine Kosten produziert. Im Idealfall sind in 9 von 10 Jahren für diese Produkte gar keine Kosten angefallen, ausser die Erstanschaffung.
Jetzt kommt das Jahr 2020:
– Office 2010 muss überall erneuert werden, weil keiner die neue Oberfläche wollte
– Win7 wird gegen Win10 getauscht
oder
– Wo Win7 nicht gegen Win10 getaucht wir, fallen Kosten für den erweiterten Support von Win7 an.
Das alles sind Kosten die in den Vorjahren nicht angefallen sind.
Wer nicht will das solche Kosten auf einem Schlag anfallen, muss ins Abo Modell. Auf die Jahre gerechnet kostet das Abomodell unterm Strich mehr, liest sich dann aber besser/gleichmäßiger in einer Statistik.
Es hat schon seine Gründe das MS den Support von Office 2019 von 10 auf 7 Jahre verkürzt hat gegenüber den Vorgängerversionen. Gegen die Kostenkalkulation auf 10 Jahre sah Ihr Office 365 Abo nämlich sehr schlecht gegenüber einen Kauf aus. Sieht es jetzt auch noch auf 7 Jahre, aber nicht mehr so arg wie vorher.
In den Vorjahren sind trotzdem genug Kosten angefallen. Es werden nicht alle Rechner auf einen Rutsch modernisiert. Und da der Support für Win7 bereits im Januar 2020 ausgelaufen ist, dürften die meisten Migrationskosten bereits 2019 oder früher angefallen sein. Und auch in den Vorjahren wurden neue Rechner mit neuen Lizenzen angeschafft. Durch Win7 und Office 2010 alleine ist diese Lücke also nicht zu erklären.
Zudem läuft es in Zukunft ohnehin auf ein Abomodell aus, von dem du selbst sagst, dass es für den Kunden nicht lukrativ ist.
Schade, dass der Link zum Dokument der Beantragung der Anfrage nicht mit eingestellt wurde. Trotz schneller Suche kann ich weder das Aktenzeichen der Anfrage noch die Antwort finden.
Auch alle Externe wie Spiegel und Co. geben nichts genaues an.
Ich stelle seit längerem fest, dass Anfragen von "Die Linke" im Bundestag nicht online einsehbar sind. Wenn ich den Link gekannt hätte, wäre der hier eingestellt worden.
Alle Fragen und Antworten müssen im parlamentarischen Dienst veröffentlicht werden. Ich habe bisher jedoch diese zu diesem Thema von den Linken noch nicht gefunden. Da muss es ein Aktenzeichen (Drucksachen-Nummer) geben für Frage und auch für Antwort. in der Regel sind es sog. "Kleine Anfrage".
Alles mögliche habe ich gefunden zu diversen Fragen der IT betreffend, aber nicht das. Das letzte war die ergänzende Frage von von Notz (Grüne) betreffen der Umstellung auf Win 10 und Kosten für Win 7 (Weitersupport) und über Quantentechnologie (ausführliche Antwort der BR, DrS 19/25208).
Man sucht sich manchmal kaputt, wenn man nicht ungefähr ein Datum oder so was hat, eine DrS-Nr wäre das beste.
Es ist immer nicht toll wenn Spiegel und Co. was vom Bundestag bringen und dann kein Az angeben.