Fluch oder Segen der Cloud: Rechenzentren in der Landschaft, Last oder gehören die dazu?

In den letzten Jahren sind sie in Irland in manchen Kreisen zu einem unerwünschten Gast geworden: Große Datenzentren werden als Usurpatoren in Irland angesehen. Diese beanspruchen riesige Flächen, benötigen sehr viel Energie aus dem Stromnetz, und liefern wenig an Nutzwert an die Gemeinschaft zurück, so der Vorwurf der Kritiker. Ist das Bild wirklich so einfach? Oder gehören große Rechenzentren im Informationszeitalter als wesentlicher Bestandteil des modernen Lebens dazu.


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Dieser Frage widmet sich dieser Artikel des irischen Examiners, auf den ich über nachfolgenden Tweet gestoßen bin. Bis 2028 werden Rechenzentren auf der irischen Insel 29 % der Stromerzeugung dieses Landes beanspruchen – angesichts der Energiewende sicherlich ein Punkt, wo manches hinterfragt werden muss.

Rechenzentren - das Problem

Der Irish Examiner bat den Leiter der Energieforschung, Professor Brian Norton, der direkt für das Internationale Energieforschungszentrum (IERC) am Tyndall National Institute in Cork verantwortlich ist, um einen Überblick. Wer auf Daten zugreift, die in der Cloud gespeichert sind, sei es Dropbox oder LinkedIn oder was auch immer, befinden sich diese Daten sich irgendwo in einem Rechenzentrum. Und Rechenzentren gibt es überall auf der Welt – laut Norton gibt es weltweit etwa acht Millionen Rechenzentren.

"Sie sind groß und reichlich vorhanden. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie allgegenwärtig sind, und dass wir sie brauchen, um die technologische Revolution fortzusetzen", so Prof. Norton. "Dort wird alles gespeichert und verarbeitet – von Online-Einkäufen bis hin zu allem, was verbraucht wird." Ohne die Cloud und die damit benötigten Rechenzentren ist die moderne Informationsgesellschaft wohl nicht mehr zu halten. Prof. Norton dazu:


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"Die große Sache sind überraschenderweise nicht so sehr die Daten, die die Menschen produzieren, sondern der Datenverkehr und die Daten kommen immer mehr durch das so genannte Internet der Dinge (IoT). Die Geräte sind automatisch miteinander verbunden, so dass man zum Beispiel an die Zustandsüberwachung moderner Autos denken kann. Sie sind direkt mit dem Internet verbunden und teilen dem Unternehmen oder dem Händler mit, wie es um den Zustand der Dinge steht. Die Gasturbinen und Düsentriebwerke in Flugzeugen kommunizieren ständig mit dem Flugzeughersteller und teilen ihm mit, wie es um sie steht. Diese Art von Informationen, das so genannte IoT, ist eine riesige Menge an Daten, die ausgetauscht werden. Es handelt sich nicht nur um Daten, die von Menschen erzeugt werden, sondern auch um Daten, die die Maschinen um uns herum automatisch erzeugen und weitergeben. Das ist eine riesige Menge."

Laut Prof. Norton sind etwa 75 Mrd. Geräte direkt mit dem Internet verbunden, die ohne menschliches Zutun Informationen über das Internet austauschen. All diese Daten benötigen eine Menge Energie, um sie zu speisen. Nach den Daten vom November 2020 sind in Irland derzeit 66 Rechenzentren in Betrieb. Aus dem Bericht des Branchenverbands Host In Ireland, der in Zusammenarbeit mit Bitpower Energy Solutions erstellt wurde, geht hervor, dass von den 66 Rechenzentren 31 direkt von den Hyperscalern betrieben werden, auf die 80 % der Kapazität entfallen.

Fünf sind angemietete Großhandels-Rechenzentren, 15 sind Colocation-Rechenzentren, und die restlichen 15 sind kleinere private Rechenzentren, die von Telekommunikationsunternehmen und kleinen Anbietern betrieben werden. Laut David McAuley, Geschäftsführer von Bitpower, beläuft sich die Gesamtleistung aller 66 Rechenzentren auf 834 MW.

"Wir schätzen, dass dies einer IT-Kapazität von 630 MW entspricht, die zu 55 % ausgelastet ist. Zu beachten ist auch, dass es einige Jahre dauern kann, bis die fertiggestellten Rechenzentren voll ausgelastet sind", so McAuley in dem Bericht. Der Bericht schätzt, dass sich die Baukosten im Jahr 2020 auf 1,25 Mrd. Euro belaufen werden. Das soll sich 2022 auf 1,5 Mrd Euro steigern.

"Von den irischen Waren- und Dienstleistungsexporten im Gesamtwert von 448 Mrd. € entfallen 117 Mrd. € auf Computerdienstleistungen, was etwas mehr als ein Viertel (26 %) der irischen Exporttätigkeit ausmacht. Während die Ausfuhren in den meisten Sektoren (Verkehr, Tourismus, Einzelhandel, um nur einige zu nennen) dramatisch zurückgingen, haben Computerdienstleistungen, Arzneimittel und medizinische Produkte eine ausreichend starke Leistung gezeigt, um der irischen Wirtschaft insgesamt Auftrieb zu geben", sagte Präsident und Gründer von Host In Ireland, Garry Connolly. Irland hängt also stark von IT-Leistungen bzw. der Cloud ab.

Der springende Punkt wird die Energieversorgung sein. Irland hat das Potenzial, bis 2030 9,2 Gigawatt Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, weit mehr als für den irischen Verbrauch benötigt wird, so Connolly. Statt den überschüssigen Stroms zu exportieren, geht die Überlegung eher dahin, Rechenzentrumsleistung aus Irland zu exportieren und den Strom für deren Betrieb zu verwenden.

Die Skeptiker wollen klare und unwiderlegbare Beweise dafür, dass Rechenzentren für Irland als Ganzes eine gute Sache sind, und bisher konnten sie nicht überzeugt werden. Die Senatorin der Sinn Féin, Lynn Boylan, sagte im Dezember vor dem Seanad, dass die öffentliche Wahrnehmung von Datenzentren von Sorge und Skepsis geprägt sei. Es sei sogenanntes Greenwashing im Spiel, also die Praxis, den Anschein zu erwecken, klimafreundlicher zu sein, als es in Wirklichkeit ist, sagte sie.

Rechenzentren schießen überall im Land aus dem Boden, und mit ihnen kommen Windparks sowie fossile Energieerzeuger, do die Politikerin. "Trotz aller Bemühungen der Tech-Giganten, die Auswirkungen ihrer Aktivitäten zu verschleiern, lügen die Zahlen nicht. Die Zunahme der irischen Rechenzentren hat einen enormen CO2-Fußabdruck zur Folge. Es wird so getan, als sei Big Tech eine saubere Industrie, aber es werden enorme Mengen an Energie benötigt, um die Server und die Ventilatoren zum Kühlen zu betreiben. Jedes Video, das im Internet abgerufen wird, muss in diesen Rechenzentren gespeichert werden. Bis 2027 werden Rechenzentren 31 % des irischen Stroms verbrauchen", sagte Frau Boylan.

"Während in ganz Europa der Energieverbrauch sinkt, sind wir in Irland eine Anomalie, denn er steigt. Das hat nichts mit unserem Haushalts- oder Bevölkerungswachstum zu tun. Es liegt einzig und allein an der steigenden Zahl von Rechenzentren. Sie werden 12,5 TW [Terawatt] Strom benötigen, mehr als derzeit bereitgestellt werden kann. Das ist genug Strom für 24 Millionen Haushalte." wird Boylan vom Examiner zitiert. Sie wirft der Industrie eine Greenwashing-Kampagne vor, da nach deren Aussagen die Rechenzentren zu 100 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Die Energiemenge, die von den Windparks geliefert werden müsste, erreicht wohl nicht den Bedarf dieser Rechenzentren. 

Bis vor wenigen Jahren entfielen auf Rechenzentren weniger als 2 % des gesamten irischen Strombedarfs. Joe O'Brien, Minister für Gemeinschaftsentwicklung, geht davon aus,  dass die Nachfrage von Rechenzentren bis 2028 29 % der Gesamtnachfrage ausmachen könnte. Da wird es dann spannend, wie dieser Energiebedarf, der ja Tag und Nacht anfällt, gedeckt wird. Sofern fossile Brennstoffe dafür benötigt werden, dürfte dies ein großen Problem für Irland werden. Die Diskussion wogt auch um die Frage, ob die gigantischen Investitionen nicht besser in Infrastrukturmaßnahmen für das Gemeinwesen gesteckt werden sollten, um Irland diverser aufzustellen. Auch hier zeigt sich, dass das Thema Cloud seine ganz eigenen Fragestellungen aufwirft. Mehr Details zur Diskussion finden sich im Artikel des Examiner.


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10 Antworten zu Fluch oder Segen der Cloud: Rechenzentren in der Landschaft, Last oder gehören die dazu?

  1. Anonymous sagt:

    Wenn wir jetzt die Pr0ns, G4m3s und Medienstreams herausrechnen würden, bekämen wir wohl eine halbwegs gesunde Mischung aus Fläche, Energiebedarf und Nutzwert.

    Aber was ist ein Leben ohne Pr0ns schon wert.

  2. Sebastian sagt:

    Technologische Revolution deine Mudda würde ich da sagen, es sind kommerzielle Rechenzentren und das ist es dann auch.
    Der Artikel lässt offen welche Genehmigungsverfahren der Bau eines Rechenzentrums in Irland erfordert und wer da alles mitreden darf insofern lässt sich da schwer was speziell zu Irland sagen. Im allgemeinen ist das wohl wie bei Windrädern, finde ich super wirklich toll, was??? vor meiner Haustür? nein das geht nicht, ich verstehe das die irgendwo hin müssen aber hier doch nicht.

  3. Andy sagt:

    Rechenzentren sind ja nun nichts neues.
    Neu ist nur, dass wir in der Quantität eine Qualität sehen wollen und uns alternativlos damit zukleistern.
    Es bedarf mal wieder etwas technischer Entwicklung, um "besser" ohne "mehr" bekommen zu können.

    Die Verknappung des Guts Rechenzentrenstandort würde ich für sinnvoll halten.

  4. Matze sagt:

    Solche Data Center fallen ja nicht vom Himmel. Wenn ein Unternehmen einen Standort dafür sucht, werden ja verschiedene Standort Vor- und Nachteile gegeneinander aufgewogen und der Faktor, der die Entscheidung am meisten beeinflusst, ist Geld.
    Irland hat in den letzten Jahrzehnten aufgrund seiner Steuerpolitik gerade Unternehmen aus dem Hightech-Bereich angezogen. Man denke nur an diese "Double Irish with a Dutch Sandwich"-Konstruktion (https://de.wikipedia.org/wiki/Double_Irish_With_a_Dutch_Sandwich), mit denen US-Unternehmen in Europa massiv Steuern gespart haben (scheint mittlerweile nicht mehr so einfach zu sein). Trotzdem bieten sie immer noch für US-Firmen Vorteile, z.B. Sprachvorteile oder weil eh schon Niederlassungen vorhanden sind (ich selbst habe die letzten Jahre meines Arbeitsleben bei einem US-Unternehmen verbracht, welches seine Europazentrale mit Logistik in Dublin hatte)

    Das Irland jetzt die Nachteile von Data Centern auf die Füße fallen, habe sie sich selbst zuzuschreiben.

  5. Bernd Bachmann sagt:

    12 Terawatt für 24 Mio. Haushalte sind 500 kW pro Haushalt, sind 4.4 Mio. kWh pro Haushalt und Jahr. Entweder Frau Boylam oder ich hat sich da wohl verrechnet.

    • Kynikos sagt:

      Na, hast Du mal die Server gezählt, die Du selbst betreibst? hast Du nicht auch mindestens 1.000 Server im Keller stehen? Siehste, da kommen schnell solche Größenordnungen zusammen!

      Ansonsten: abgeheftet unter "Politiker und Mathematik & Logik – Zwei Welten prallen aufeinander", Unterabteilung "Große Zahlen"

      /sarc

      Der (einigermaßen) aktuelle Stand steht ja ein bißchen weiter oben: "Nach den Daten vom November 2020 sind in Irland derzeit 66 Rechenzentren in Betrieb. Laut David McAuley, Geschäftsführer von Bitpower, beläuft sich die Gesamtleistung aller 66 Rechenzentren auf 834 MW." Im prognostizierten Zielszenario wären wir also dreisatzmäßig bei 66 Rechenzentren * 12,5TW / 834MW = 989.208 Rechenzentren in Irland – ja, ne, is' klar… (Übermittlungsfehler, denke ich, kann man ausschließen, da TW im Artikel sogar noch als [terawatts] erläutert wurden)

      Ansonsten II: große Überraschung, dass Überkonsum nicht nur in der realen, sondern auch in der (besser: durch die) virtuelle(n) Welt zu erhöhtem Ressourcenverbrauch führt!

      Ansonsten III: wie von anderen Foristen bereits ausgeführt: "Ja, ich will das Steuergeld der Unternehmen haben, aber bauen bitte NIMBY (Not In My BackYard)"

  6. Luzifer sagt:

    Tja ohne Rechencenter funktioniert das Internet nun mal nicht so wie es das heute tut!
    Braucht man das? Definitiv Nein! Außer Luft zum atmen, zu essen und nen Platz zum schlafen braucht man nix wirklich! Will man das aber? NEIN, das Leben ist eben mehr als Fressen, schlafen, fi****!

    Und die Mentalität wie oben bereits jemand erwähnte: Au ja, aber bitte nicht vor meinem Haus, bringt einem halt auch nicht weiter!

  7. Micha sagt:

    Ohne Rechenzentren würden IOT Geräte nicht mehr funktionieren. Auch viele PC Spiele laufen dann nicht mehr da sie abhängig vom Server sind. z.B. Diablo III

    Ohne Cloud müsste ich noch heute Diablo II im Lokalen Lan mit einem Freund spielen.

    Es gibt durchaus Geräte die nicht online sein müssten. Aber es ist halt modern das alles permanent Daten an den Hersteller sendet. Bei PCs gibt es ja mittlerweile Connected Standby. Damit bleibt das Gerät Online wenn es sich im Energiesparmodus befindet.

    Andererseits finde ich es praktisch nach dem Hochfahren vom PC unterschiedliche Audio und Video Streams im VLC Mediaplayer wiedergeben zu können.

    Die andere Lösung ist es alle Sendungen wieder mit dem Festplattenreceiver aufzunehmen wenn sie ausgestrahlt und dann später zu schauen.

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