Twitter gibt's nicht mehr – ein rechtlicher Winkelzug?

Am 4. April 2023 ist etwas gravierendes passiert: Das Unternehmen Twitter, also die Twitter Inc., hat aufgehört zu existieren (der Dienst unter diesem Namen lebt weiter). Aber die Twitter Inc. wurde mit der X Corp. verschmolzen und existiert nicht mehr.


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Das Ganze wurde von jemand auf Twitter publik gemacht, der das entsprechende Dokument für die Verschmelzung des Unternehmens mit X Corp. in die Finger bekam. Das Ganze hat natürlich eine rechtliche Seite.

Twitter Merger

Alle Verfügungen und Klagen, die gegen die Twitter Inc. geführt werden, fallen dann ins rechtliche Niemandsland – und es muss im Einzelfall geklärt werden, ob die X Corp. dafür zuständig ist. Der Slate-Artikel Twitter Isn't a Company Anymore hat das Ganze zum 10. April 2023 etwas weiter aufgedröselt. Dort liest man, dass die Twitter Inc. in einer Gerichtsakte eine wichtige Entwicklung bekannt gegeben habe – nämlich, dass man als Unternehmen nicht mehr existiere. Hintergrund ist wohl, dass Laura Loomer, eine rechtsgerichteten Provokateurin, die Twitter Inc. verklagt. Sie führt an, dass Twitter mit einer Kontensperre aus dem Jahr 2019 gegen Bundesgesetze zur Erpressung verstoßen habe. Loomer habe zwar wieder ein Twitter-Konto, und die Klage dürfte scheitern.

In diesem Verfahren muss Twitter als Beklagter dem Gericht weiterhin Erklärungen zur Offenlegung des Unternehmens vorlegen. Genau aus dieser Quelle ist nun die Information zur Unternehmensauflösung als Einreichung der Twitter-Anwälte gekommen. Es heißt "Twitter, Inc. wurde mit der X Corp. verschmolzen und existiert nicht mehr". Als "Rechtsnachfolger" von Twitter Inc. – d. h. als Überlebender der Fusion – ist X Corp. nun der Beklagte in Loomers Klage. Ihre Muttergesellschaft wird als X Holdings Corp. bezeichnet.


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Es ist unklar, was Musk mit der Übernahme von Twitter Inc. in die X Corp. bezweckt – eine Anfrage der Artikelautoren wurde mit einem  Kack-Emoji beantwortet (das ist bei Presseanfragen an Musk betreffs Twitter üblich geworden). Musk ließ bereits im April 2022 die X Holdings I, II und III in Delaware registrieren, also lange vor dem Kauf von Twitter. Es sind drei separate Unternehmen und laut dem Slate-Artikel gibt es nun folgende Konstruktion:

  • Die Twitter Inc. fusionierte mit der X Holdings II, behält aber seinen Namen und seine allgemeine Unternehmensstruktur bei und kann weiterhin nach Delaware-Recht operieren.
  • Die von Musk kontrollierte X Holdings I fungiert dann als Muttergesellschaft des fusionierten Unternehmens.
  • Die X Holdings III soll das 13-Milliarden-Dollar-Darlehen übernehmen, das eine Gruppe von Großbanken Musk zur Verfügung gestellt hat, um den 44-Milliarden-Dollar-Kauf zu finanzieren.

Bei Forderungen von Twitter in seinem Rechtsstreit gegen Musk wäre die X Holdings I "ausschließlich für den Zweck der Durchführung und Finanzierung der Transaktionen" verantwortlich. Der Artikel führt aus, dass die Fusionsvereinbarung festlegt, dass die X Holdings II nach der Fusion mit Twitter nicht mehr weiter als funktionierende Einheit existiert. Es gibt nur noch die X Holdings I, die Twitter Inc.  beaufsichtigt und die X Holdings III, die für die 13 Milliarden-Dollar-Kredite zuständig ist.

Der Slate-Artikel gibt an, dass das Online-Wirtschaftsportal des Außenministeriums von Nevada meldete Elon Musk am 9. März zwei neue Unternehmen (X Holdings Corp. und X Corp)in diesem Bundesstaat vermelde . Am 15. März 2023 beantragte Musk dann die Zusammenlegung dieser Unternehmen in Nevada mit zwei seiner bereits bestehenden Firmen: X Holdings I mit X Holdings Corp. und Twitter Inc. mit X Corp.

Im letzteren Fall sieht die Fusionssatzung vor, dass die X Corp. Twitter vollständig übernimmt, was bedeutet, dass Twitter Inc." als Unternehmen mit Sitz in Delaware praktisch nicht mehr existiert. Jetzt ist sie Teil der X Corp. deren Muttergesellschaft dieteure X Holdings Corp. mit einem Stammkapital von 2 Millionen Dollar ist. Das bedeutet, dass auch die X Holdings I nicht mehr existiert. Sowohl die X Holdings Corp. als auch die X Corp. fallen jetzt unter die Gerichtsbarkeit von Nevada statt von Delaware.

Wie das rechtlich ausgeht, werden wohl US-Anwälte und Gerichte ausfechten. Der Slate-Artikel beschäftigt sich noch ein wenig mit dem X im Namen der Holdings. Musk hat wohl ein Faible für diesen Buchstaben, gründete er doch 1999 X.com, eine Online-Bank, die bald darauf mit einem anderen Unternehmen fusionierte und zu PayPal wurde. Dann gibt es noch das Musk Raumfahrtunternehmen SpaceX, sowie das Tesla Modell X als Elektroauto. Gut möglich, dass die von Musk mal propagierte "Twitter-Nachfolge-Mega-App", dann als X.App auf den Markt kommt. Die App soll quasi alle als Nutzer benötigten Funktionen beinhalten und orientiert sich am chinesischen WeChat (ein Kombination aus Nachrichtenübermittlung, sozialem Netzwerk und Bezahl-App). Mal schauen, was da noch so kommt und ob das ganze Imperium bis dahin nicht kollabiert.


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13 Antworten zu Twitter gibt's nicht mehr – ein rechtlicher Winkelzug?

  1. GüntherW sagt:

    Wegen einer Klage gleich so ein Wechsel?

    "Es ist unklar, was Musk mit der Übernahme von Twitter Inc. in die X Corp. bezweckt – eine Anfrage der Artikelautoren wurde mit einem Kack-Emoji beantwortet (das ist bei Presseanfragen an Musk betreffs Twitter üblich geworden)."

    Der Artikel hat so harmlos angefangen!? Ich persönlich würde als "Internet-Persönlichkeit" nicht mit Kack-Emojis antworten. Solche Leute auf 4Chan und Reddit bringen es dann noch fertig, dass man einfach physische Kack-Emojis an Musk schickt.

  2. HV sagt:

    Verstehe nicht, weshalb man sich damit befaßt… Die Welt braucht Twitter nicht …

    • Günter Born sagt:

      Offenbar hat "die Welt" da eine andere Sicht der Dinge als Du. Ob es z.B. einen Einfluß auf den Bußgeldbescheid des Bundesjustizministeriums gegen Twitter nach NetzDG hat, wird sich noch zeigen.

      • Paul sagt:

        Das Neugründen ist eine übliche Taktik sich einer Verantwortung zu erzielen. vgl. Baufirmen die regelmäßig Insolvenz anmelden und sofort durch eine Neugründung ersetzt werden…mit einem Verwandten als Geschäftsführer…
        Da hier aber kein Konkurs vorlag hat X alle Rechte und Pflichten übernommen. So mein Laienhirn.

        • Ärgere das Böse! sagt:

          "…Da hier aber kein Konkurs vorlag hat X alle Rechte und Pflichten übernommen…"
          In den USA könnte es anders sein.

          Wenn ich dann noch die beiden Schwarzgeld- und Geldwäscherei-Staaten Delaware und Nevada sehe, bestätigt das meinen Verdacht.

  3. Tobi sagt:

    Ich habe selbst schon eine internationale Verschmelzung meiner Firma gemacht und dass Klagen oder irgendetwas ins Niemandsland fällt, ist nicht richtig.

    Bei einer Verschmelzung, egal ob national oder international, fallen ALLE Rechte und Pflichten der Firma zu, in die rein gemerged wurde.

    Insofern ändert sich genau: Nichts

    Das ist ein ganz normales Vorgehen, wenn man Firmen zusammenlegen möchte.

    • Windowsnutzer1969 sagt:

      Sehe ich ebens0.
      Wäre ja "zu schön", sich aller rechtlichen Verantwortung(en) durch eine Verschmelzung/Umfirmierung o. Ä., mal eben schnell zu entziehen …

      Und:
      "Mal schauen, was da noch so kommt und ob das ganze Imperium bis dahin nicht kollabiert."

      Wie schon so oft gesagt: Totgesagte leben eh i. d. R. immer länger … (>> Hätte doch nach Glaskugel-Lesart diverser Medien der letzten Monate schon längstens passiert sein sollen, dass es das "üble Musk verseuchte" Twitter nicht mehr gibt. Da war doch mal was mit einem (ausgestorbenen) Mastodon-Elefanten oder so ähnlich, was "den braunen Sumpf" längst hätte ersetzen sollen … ;-))

  4. Paul sagt:

    Aus Raider wird jetzt Twix,
    sonst ändert sich nix

  5. Mac sagt:

    Weniger ein rechtlicher Winkelzug, als juristische Verzögerungstaktik. Damit kann sich die X Corp keiner Klage entziehen, aber das ganze kann Verfahren verzögern. Oder je nachdem viel flexibel die jeweiligen Gerichte sind, auch neue Anträge nötig machen. Kann durchaus sein, das da manch einer die Klage zurückzieht, weil ihm das ganze zu teuer wird, oder man die Geduld verliert.

  6. Kai sagt:

    Loomer ist eine Jüdische Islamkritikerin.Wäre es andersrum,würde man sie dann auch "Rechte Prov." nennen?

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