Am 3. Juli 2023 hat EU-Kommissar Breton die ersten sieben Unternehmen benannt, die – vorbehaltlich einer Prüfung bis September 2023 – als "Gatekeeper" für den EU Digital Markets Act (DMA) eingestuft werden sollen. Diese Unternehmen haben danach sechs Monate Zeit, sich den DMA-Regeln anzupassen. Die Regeln legen den Unternehmen bestimmte Pflichten auf (z.B. Verbot des Lock-in in das eigene Eco-System, oder Verbot von Vorgaben, welches Apps Nutzer verwenden müssen).
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Der EU Digital Markets Act
Das Gesetz über Digitale Märkte (Englisch Digital Markets Act) soll sicherstellen, dass es auf größeren Online-Plattformen sicher und fair zugeht. Dazu werden große Online-Plattformen, die bestimmte Kriterien erfüllen, als Gatekeeper eingestuft.Die Gatekeeper-Kriterien sind erfüllt, wenn ein Unternehmen
- eine starke wirtschaftliche Position mit erheblichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt innehat und in mehreren EU-Ländern aktiv ist,
- über eine starke Vermittlungsposition verfügt, d. h. eine große Nutzerbasis mit einer großen Anzahl von Unternehmen verbindet,
- eine gefestigte und dauerhafte Position auf dem Markt hat (oder bald haben wird). Als über längere Zeit stabil gelten Unternehmen, wenn sie die beiden vorgenannten Kriterien in jedem der letzten drei Geschäftsjahre erfüllt haben.
Als Gatekeeper fungierende Unternehmen unterliegen besonderen Pflichten, wie die Möglichkeit bereitzustellen, dass Dritte mit den Diensten des Unternehmens zusammen arbeiten können. Details lassen sich auf dieser Seite (und hier) der EU nachlesen. Zwei Punkte fallen mir insbesondere beim Blick auf Microsoft ein: "Verbraucher/innen daran hindern, sich an Unternehmen außerhalb ihrer Plattformen zu wenden, und Nutzer/innen daran hindern, vorab installierte Software oder Apps zu deinstallieren, wenn sie dies wünschen".
Diese Firmen gelten nun Gatekeeper
In dieser Mitteilung hat EU-Kommissar Breton zum 3. Juli 2023 die ersten sieben Unternehmen benannt, die in der EU als Gatekeeper von großen, systemrelevante Plattformen gelten. Zu diesem Datum endete die Frist für große, systemrelevante Plattformen, der Kommission mitzuteilen, dass sie die Schwellenwerte für die Einstufung als Gatekeeper gemäß dem Gesetz über digitale Märkte (DMA) erreichen. Nun fallen folgende Unternehmen unter die Kategorie Gatekeeper:
- Alphabet [Google]
- Amazon
- Apple
- ByteDance [TikTok]
- Meta [Facebook, Instagram, WhatsApp]
- Microsoft
- Samsung
Ich habe die Angebote, die für Verbraucher relevant sind, mal in eckigen Klammern mit dazu gesetzt. Diese Unternehmen haben eine Marktgröße, die sich auf den EU-Binnenmarkt auswirkt (Jahresumsatz in Europa von mindestens 7,5 Mrd. EUR in den letzten drei Geschäftsjahren oder Marktwert von mindestens 75 Mrd. EUR im letzten Geschäftsjahr und Geschäftstätigkeit in mindestens drei Mitgliedstaaten) und haben in den letzten drei Jahren mehr als 45 Millionen monatlich aktive Endnutzer und mehr als 10 000 jährlich aktive geschäftliche Nutzer in der EU mit einer Reihe von zentralen Plattformdiensten wie Suchmaschinen, sozialen Netzwerkdiensten und Betriebssystemen bedient.
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Da es bei der EU recht formal zugeht, wird die EU-Kommission "die Bewerbungen prüfen und bis zum 6. September (innerhalb von 45 Arbeitstagen nach ihrer Einreichung) die Gatekeeper für bestimmte Plattformdienste benennen". Danach haben die Gatekeeper 6 Monate Zeit, die DMA-Vorschriften zu erfüllen:
- Gatekeeper werden nicht mehr in der Lage sein, Nutzer in ihrem Ökosystem zu halten.
- Die Unternehmen können nicht mehr entscheiden, welche Apps auf ihren Geräten vorinstalliert sein müssen und welchen App-Store sie nutzen müssen. Das trifft Apple und Samsung, wohl aber auch Google (Android) und Microsoft.
- Die Gatekeeper werden nicht mehr in der Lage sein, sich selbst zu bevorzugen, d. h. den Vorteil des Gatekeepers auszunutzen, indem sie ihre eigenen Produkte und Dienste vorteilhafter behandeln.
- Messaging-Apps dieser Unternehmen müssen mit anderen Anbietern interagieren. Und so weiter…
Die Verbraucher werden, so die EU-Kommission, mehr Dienste zur Auswahl haben, mehr Möglichkeiten, den Anbieter zu wechseln, und sie werden von besseren Preisen und höherer Qualität der Dienste profitieren.
Mit dem Gesetz über digitale Märkte, zusammen mit dem Gesetz über digitale Dienste und dem Datengesetz – und bald auch mit dem Gesetz über künstliche Intelligenz – versucht Europa seinen digitalen Raum völlig neu zu organisiert, so die EU-Kommission. Ziel ist es, sowohl die EU-Bürger besser zu schützen als auch die Innovation für EU-Startups und Unternehmen zu fördern!
Jetzt bleibt abzuwarten, wie das Ganze mit Leben gefüllt wird – aber der Trend geht in der EU eindeutig dahin, die Marktmacht der Gatekeeper zu beschneiden. Ich könnte mir vorstellen, dass der DMA ein scharfes Schwert werden könnte, um die Marktmacht von Apple, Microsoft, Google etc. in bestimmten Bereichen deutlich zu stutzen. Ich freue mich auf jeden Fall auf den Tag, wo die Gatekeeper festliegen, denn dann könnte der DMA durchaus ein Instrument werden, um Unternehmen wie Apple oder Microsoft in die Parade zu fahren und einfach mal eine Beschwerde bei der EU-Kommission einzureichen.
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Prognose: Mit DMA unliebsame Marktteilnehmer unter Vorwänden rauskegeln, kleine Browser Hersteller, kleine Hoster, DNS & VPN Anbieter u. Messaging ohne "Schnittstellen", alles was es ermöglichen würde, un- oder weniger abhängige Kommunikation und Organisation zu betreiben.
ohne die Bedingungen dafür gelesen zu haben, spannend, dass Telegram und Twitter nicht auch darunter fallen.
Das könnte noch kommen – aber das Kriterium dürfte der Umsatz der beiden genannten Akteure sein, der vermutlich nicht zum "Aufstieg" in den Kreis der Gatekeeper sorgt.
Und was soll der dämliche Amerikanismus „Gatekeeper" bei der Sache? Mir erklärt sich beim besten Willen nicht, wieso man diese Firmen als „Torhüter" bezeichnet – ein völlig schiefes und irreführendes Bild für die Rolle, die diese Digital-Machthaber im Alltag haben.
Erweckt den Eindruck, dass da mal wieder reichlich Wortgeklingel gemacht wird und hinterher nicht viel rauskommt. So wie wenn Stoiber eine „Task Force" einsetzte.
Hier hat sich wohl das üblicherweise englichsprachige Irland (mit seiner wichtigen Datenschutzbehörde) in der EU durchgesetzt, mit Unterstützung durch Malta. Keine Sorge, irgendwann kommt auch noch mal ein deutscher Begriff…
Ob die Softwarequalität steigt wird die Zeit zeigen. Das es günstiger wird glaube ich nicht.
"Die Unternehmen können nicht mehr entscheiden, welche Apps auf ihren Geräten vorinstalliert sein müssen und welchen App-Store sie nutzen müssen."
Heißt das dann, das Windows wieder die Funktion "Windows-Funktionen aktivieren und deaktivieren" hat die mir die Volle Kontrolle gibt welche Microsoft Apps ich installieren oder deinstallieren möchte.
Ein leeres Betriebssystem das ich nach der Installation wie gewünscht anpassen kann würde ich gut finden.
So leer, dass man nicht mal mehr einen Browser damit runterladen kann. Wunderbar, es lebe die Heft-CD!
Das gab es doch schon: Microsoft musste in Windows 7 die Browser-Auswahl zur Verfügung stellen… Für Details bitte selbst suchen…
Und USB-Sticks bekommt man doch hinterhergeworfen…
Wie das Ganze ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten. Ob ein Windows als Client-Betriebssystem unter die "Gatekeeper"-Kriterien fällt, weiß ich nicht. Wird eine diffizile juristische Interpretation – bei Googles Android oder Apples iOS ist es klar, da dort der Store die Weiche darstellt. Der Cloud-Hang Microsofts könnte da aber dem "das fällt unter Gatekeeper" ungewollt Vorschub leisten.
Was ich mir aber gut vorstellen kann, dass DMA der Hebel sein dürfte, um die Verankerung des Edge in Windows mit allen Winkelzügen, die Microsoft in den letzten zwei, drei Jahren da in Windows getrieben hat, zu lösen und Redmonds Marketing zu bändigen.
Zum "leeres Betriebssystem": Hier läuft auf einer Maschine Windows 10 2019 IoT als LTSC mit 10 Jahren Support (der Rest ist auf Windows 10 22H2). Im ersten Moment habe ich nach der Installation geschluckt, weil dieses Startmenü "so leer war" – "ist da was schief gelaufen", zuckte es im Hinterkopf – ich war ja die typischen Windows 10-Installationen gewöhnt.
Dann wurde mir der Komfort bewusst, den ich genießen durfte – einige Anpassungen im Explorer und bei Netzwerkfreigaben. Danach habe ich die Software installiert, die ich brauchte, fertig. Keine zig Anpassungen auf der GUI, weil das MS Marketing meint, ich muss irgend etwas in der Taskleiste unbedingt angezeigt bekommen, kein mit Bloatware überladenes Startmenü etc. Geht also – nur einige Bugs nerven (z.B. ein Ordner-Refresh-Bug im Explorer, so dass gelöschte Dateien erst nach dem Refresh aus der Anzeige verschwinden, oder Zielkonflikte bei der Virtualisierung mit Hyper-V und VMware – lässt sich aber aushalten).
@1ST1: Ist aber schon Polemik bei der "Browser/Heft-CD-Geschichte" dabei. Bin ja schon älter, erinnere mich aber noch (positiv) an den Browserauswahl-Dialog beim Windows-Setup, wo man sich dann den Firefox oder Chrome, je nach Gusto, installieren ließ. Danach konnte man final die benötige Software herunterladen – und hier läuft seit Jahren der Ungoogled Chromium.
Es geht also, imho ohne Komforteinbußen. Und diese elende Gängelung durch Microsoft, wie ich es persönlich empfinde, ist weg. Mittlerweise arg grau geworden, erinnere ich mich an die Zeiten, wo die Software, die die besseren Funktionen bot, das Rennen gewann. Erinnert sich noch jemand an den IE und dessen Dominanz, als dieser unbekannte Chrome-Browser von Google 2009 heraus kam?
An den IE erinnere ich mich noch, weil er vorinstalliert war.
Den habe ich aber nie benutzt.
Mein erster Browser war der Netscape, danach direkt der Firefox.
Opera, Chrome und sogar den Safari (Version 3 bis 5 gabs als Windows-Version) etc. habe ich ausprobiert, bin aber mit keinem dieser Browser warm geworden.
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