Vergabegesetze regeln in den Bundesländern u.a., nach welchen Kriterien Software für die öffentliche Hand auszuschreiben ist. In Thüringen soll das seit dem Jahr 2020 gültige Vergabegesetz reformiert werden, wobei derzeit zwei konkurrierende Gesetzentwürfe vorliegen. Der Gesetzentwurf der CDU will hierbei den bisher geltenden Vorrang für Open Source Software bei der Beschaffung ersatzlos streichen. Die OSB Alliance mahnt an, dass bei der Gesetzesreform dieser vorrangige Einsatz von Open Source Software und offenen Standards unbedingt beibehalten werden muss. Außerdem macht die OSB Alliance einen Vorschlag, wie der bestehende Absatz im Gesetz noch verbessert werden kann.
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Thüringen als Open-Source-Vorreiter
Thüringen war 2020 das erste Bundesland, das einen Vorrang für Open Source Software bei der Beschaffung durch die öffentliche Hand im Vergabegesetz des Landes Verankert hat. Andere Bundesländer wie beispielsweise Schleswig-Holstein sind dem Beispiel Thüringens gefolgt und haben die vorrangige Beschaffung von Open Source Software ebenfalls auf Gesetzesebene verankert.
Auch auf Bundesebene wird auf das Beispiel Thüringens geschaut. So findet sich beispielsweise im Gesetzentwurf für die Änderung des Onlinezugangsgesetzes eine Formulierung, die vom Thüringer Vergabegesetz inspiriert ist. Auch in der Praxis sticht Thüringen mit seinem Engagement in Bund-Länder-Initiativen wie dem Zentrum für digitale Souveränität, der Entwicklung des souveränen Arbeitsplatzes für die öffentliche Verwaltung sowie weiteren Initiativen hervor. Thüringen gilt somit bundesweit als Vorbild und Vorreiter, was den konsequenten Einsatz von Open Source Software in der öffentlichen Verwaltung angeht, schreibt die OSB.
Vorschlag der Parteien für eine Novellierung
Das Thüringer Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Vergabegesetz – ThürVgG) ist seit 2011 in Kraft . Mit Beschluss des Thüringer Landtages wurde das Gesetz evaluiert und das Evaluierungsgutachten im Herbst 2022 veröffentlicht. Derzeit liegen zwei Gesetzentwürfe vor, die Änderungen des Thüringer Vergabegesetzes mit Bezug auf das Evaluierungsgutachten vorschlagen:
- Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes (Drucksache 7/8029)
- Gesetzentwurf der Fraktion der CDU zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes – Bürokratieabbau und Verfahrensvereinfachung im Thüringer Vergaberecht (Drucksache 7/7451)
In einer Stellungnahme bezieht sich die OSB Alliance ausschließlich auf die Vorschläge zur Überarbeitung von § 4 des Thüringer Vergabegesetzes (Umweltverträgliche Beschaffung, Open-Source-Software, Berücksichtigung umweltbezogener und sozialer Aspekte im Vergabeverfahren) – und hier insbesondere zu Absatz (2) zur vorrangigen Beschaffung von Open Source Software – sowie zu den entsprechenden Vorschlägen in den beiden Gesetzentwürfen Stellung.
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- Der Gesetzentwurf der LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlägt keine Änderungen für § 4 Abs. (2) vor, hier würde der aktuelle Absatz zur vorrangigen Beschaffung von Open Source Software also unverändert bleiben.
- Der Gesetzentwurf der CDU schlägt nach Lesart der OSB Alliance vor, den bisherigen §4 Abs. (2) zur vorrangigen Beschaffung von Open Source Software ersatzlos zu streichen.
Ich habe versucht, den Gesetzentwurf der CDU nach §4 Abs. (2) zu durchsuchen, konnte da die betreffende Stelle so nicht finden.
Gesetzentwurf der CDU widerspricht der Beschlusslage auf Bundesebene
Die OSB Alliance sieht darin einen dramatischen Rückschritt. Dieser Vorschlag sei insbesondere vor dem Hintergrund unverständlich, dass der Bundesparteitag der CDU im November 2019 in seiner "Digitalcharta Innovationsplattform: D" Offenheit als Standard beschlossen und sich damit zum Prinzip "Public Money, Public Code" bekannt hat.
Der Vorschlag, den derzeitigen Vorrang für Open Source Software im Thüringer Vergabegesetz zu streichen, stehe also im Widerspruch zu diesem Bundesparteitagsbeschluss der CDU, schreibt die OSB Alliance. Deshalb empfiehlt die Open Source Business Alliance die Ablehnung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und empfiehlt die Annahme des Gesetzentwurfs der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der den Vorrang für Open Source im Vergabegesetz unangetastet lassen würde.
Hintergrundinformation: In §4 Abs. (2) des Thüringer Vergabegesetzes findet sich derzeit die Einschränkung, dass Open Source Software nur dort vorrangig eingesetzt werden soll, wo es "technisch möglich und wirtschaftlich" ist, was auch nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung stellt aufgrund der vagen Formulierung in den Augen der OSB Allicance ein Schlupfloch für Beschaffungs- und Vergabestellen dar. Dies könnte in der Praxis dazu führen, dass Open Source Software im Zweifelsfalle nicht vorrangig eingesetzt wird. Denn es gibt keine eindeutig verbindlichen Definitionen, wann "der vorrangige Einsatz von Open Source Software technisch möglich und wirtschaftlich" ist.
Grundsätzlich ein, so die OSB Allicance, eine Umsetzung immer technisch machbar, wenn der Wille da ist. Und aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger ergibt sich beim Einsatz von Open Source immer eine bessere Wirtschaftlichkeitsbilanz, da öffentlich finanzierte Software ganz im Sinne von "Public Money, Public Code" der Allgemeinheit sowie anderen Behörden zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt wird.
Auch ein juristisches Gutachten aus dem Dezember 2022, das sich mit wett bewerbs-, vergabe-, kartell- und verfassungsrechtlichen Fragen rund um die vorrangige Beschaffung von Open Source Software auseinandergesetzt hat, kommt zu dem Schluss, dass der gesetzliche Vorrang für Open Source Software bei der Beschaffung ohne Einschränkungen mit Bezug auf die "technische und wirtschaftliche Möglichkeit" erfolgen sollte.
Denn für diese Einschränkung würden sich erhebliche Auslegungsprobleme ergeben. Ein Ausschluss bei Ungeeignetheit von Open Source Software würde sich schon aus der Vorrangklausel ergeben, die nicht eingreift, wenn keine geeignete Open Source Software zur Verfügung steht.
Aus diesem Grund empfiehlt die OSB Alliance, die bisherige Einschränkung in §4 Abs. (2) zum vorrangigen Einsatz von Open Source Software im Zuge der Thüringer Vergabereform ersatzlos zu streichen.
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Public Money für Public Code finde ich grundsätzlich gut, aber es sollte ein ergebnisoffener fairer Wettbewerb mit kommerzieller Software sein. Also, Pflichtenheft, Bewertungsmatrix, Evaluieren und gucken was "unten" dabei raus kommt. Was nützt eine Opensource-Lösung, wenn sie nicht die erforderliche / gleiche Leistung bringt, wie ein Closed-Source-Projekt? Ein "good enough" ist im Zweifelsfall nicht gut genug, denn da muss ich leider schreiben, dass die Open-Spource-Lösungen vielfach den kommerziellen Produkten nicht das Wasser reichen können, siehe z.B. eine zentrale Verwaltung aller Systeme mit etwas mit AD vergleichbar, Office, Teams, Outlook/Exchange, Terminalservices, Virtualisierung, Warenwirtschaft und ähnliche kaufmännische Anwendung (in Konkrurrenz z.B. zu SAP), Foto-, Video- und Audioverarbeitung, Desktop-Publishing usw. Für die Firma oder Behörde steht nicht die Softwarelizenz im Vordergrund, sondern die Leistung und das Ergebnis und Betriebsmittel dürfen (das Steuerberater wird vielleicht sogar sagen: "müssen") auch was kosten. Der CDU-Antrag zur Streichung der Erwähnung von Open-Source ist natürlich Käse, aber kommerzielle Lösungen sind zumindestens politisch erstmal gleich zu stellen.
falsch, wie fast immer bei Ohnen
OpenSource ist bei vergleichbarer Leistung unbedingt vorzuziehen, nix mit Gleichstellung
Nicht richtig gelesen, was ich geschrieben habe, oder???
"Der CDU-Antrag zur Streichung der Erwähnung von Open-Source ist natürlich Käse, aber kommerzielle Lösungen sind zumindestens politisch erstmal gleich zu stellen."
Ihr üblicher unfundierter Quark halt.
Gimp, Audacity, Samba 4 mit absoluter AD-Fähigkeit, inklusive der Nutzung der SAT-Helferlein von Winzigweich als Werkzeuge für die Datenverwaltung. Outlook und Exchange sind schon sehr lange nicht mehr notwendig, wenn wir von der Funktion als Groupware sprechen. Und wer auf Outlook nicht verzichten mag, der braucht für Groupware schon länger keinen Exchange mehr. Virtualisierung ist ein Thema, bei dem es noch nie Microsoft-Produkte benötigt hat. Wenn ich ein wenig in mich gehe, finde ich für jedes Deiner Beispiele eine von der Leistung vergleichbare Open Source Lösung. Nebenbei scheinst Du hier "Open Source" mit "Public Domain" zu verwechseln. Auch Open Source Lösungen dürfen kosten und kosten mitunter auch.
Gimp? Und vor allem Audacity? Schöne Open Source Beispiele aber ich krieg sie im Kopf mit deinem AD Beispiel nicht zusammen. Woat?
Die Lösung muss passen – das muss das alleinige Kriterium sein.
ottilius hat recht, was er schreibt. Die Debatte zwischen Open-Source- und proprietärer Software ist komplex und hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der spezifischen Anforderungen eines Projekts oder einer Organisation. Hier sind einige Punkte, die die Argumente des Kommentars in Frage stellen könnten:
Leistung und Qualität
Reife Open-Source-Projekte : Es gibt zahlreiche Open-Source-Projekte, die in Bezug auf Leistung, Sicherheit und Funktionalität mit kommerziellen Produkten konkurrieren können. Beispiele sind Linux, Apache, MySQL und viele mehr.
Community-Unterstützung : Open-Source-Projekte profitieren oft von einer aktiven Community, die Fehler schnell findet und behebt.
Kosteneffizienz
Gesamtbetriebskosten : Die Lizenzkosten sind nur ein Teil der Gesamtbetriebskosten. Open-Source-Software kann in vielen Fällen kosteneffizienter sein, wenn man die Flexibilität und Anpassbarkeit berücksichtigt.
Flexibilität und Anpassbarkeit
Anpassungsfähigkeit : Open-Source-Software kann oft leichter an spezifische Bedürfnisse angepasst werden, was in einer kommerziellen Umgebung sehr wertvoll sein kann.
Sicherheit
Transparenz : Der offene Quellcode ermöglicht eine gründliche Überprüfung der Software auf Sicherheitslücken, was bei proprietärer Software nicht immer möglich ist.
Politische und ethische Überlegungen
Unabhängigkeit : Die Verwendung von Open-Source-Software kann die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern reduzieren.
Öffentliche Gelder : Bei der Verwendung öffentlicher Gelder kann argumentiert werden, dass die Ergebnisse ebenfalls öffentlich zugänglich sein sollten, was durch Open-Source-Software erleichtert wird.
Spezialisierte Anwendungen
Es ist richtig, dass für sehr spezialisierte Anwendungen manchmal keine geeigneten Open-Source-Alternativen verfügbar sind. Aber das ist nicht immer der Fall und sollte nicht als allgemeine Regel angesehen werden.
Fazit
Während kommerzielle Software in bestimmten Bereichen Vorteile haben kann, ist es nicht gerechtfertigt, Open-Source-Software pauschal als unterlegen zu bezeichnen. Beide haben ihre Stärken und Schwächen, und die Entscheidung sollte auf einer gründlichen Analyse der spezifischen Anforderungen und Kontexte basieren.
naja, bei M$ Produkten bekommst mindestens einmal im Jahr ein absolutes Sicherheitsfisko mitgeliefert wofür die in keiner Weise die Verantwortung übernehmen, auch wenn der "Anwender" nichts weiter machen kann und konnte in dem Moment, außer die Software nicht zu nutzen.
Bringt also ganz viel, die hohen Lizenzkosten zu zahlen ohne den passenden Gegenwert zu erhalten, sicherer ist ClosedSource niemals. "Security by Obscurity" ist der größte Schwachsinn überhaupt.
Leider ist M$ bereits in der Kategorie: "2 big 2 fail", die werden niemals belangt werden, auch wenn mit Vorsatz gehandelt wird, siehe auch das Problem mit Key oder das noch aktuelle mit der "Cross-Tenant" Problematik, interessiert einfach keinen.
Dass das keinen interessiert, fängt doch nicht bei denen an, die das Geld haben, sondern geht doch schon bei den IT-Verantwortlichen los, die absolut keine Lust haben, sich mal abseits der ausgetretenen und von "Consultants" immer wieder vorgebeteten Mantras zu lösen. Man müsste sich ja plötzlich mit einer Welt beschäftigen, in der deutlich weniger Ressourcen notwendig sind, um das gleiche Ziel zu erreichen. Ich erlebe das rund um mich herum. Immer wieder wird gesagt, dass wir uns an M$ anpassen müssen, weil wir über kurz oder lang nicht mehr um M$365 herum kommen werden. Ich verstehe nach wie vor nicht, wieso ein Unternehmen, das viel mehr finanzielle Macht hat, als ich als Einzelperson, nicht die Möglichkeiten hat, die ich habe: wenn Lidl mein Produkt aus seinem Sortiment nimmt, gehe ich halt zu Aldi. Und das betrifft durchaus auch Software. Es ist vielleicht nicht auf Anhieb alles zu ersetzen, aber schon die Tatsache, dass man trotz des Desasters mit dem Key nicht einmal ANFÄNGT, einen Plan zu erstellen, wie man sich aus den (Cloud-)Krallen von Microsoft lösen kann, sondern stattdessen immer und immer wieder lamentiert, dass das nicht so einfach geht, lässt mich den Kopf in absolutem Unverständnis schütteln. Es muss nicht einfach sein, sich aus der Fehlenzscheidung "pro Cloud" zu lösen, es muss nur möglich sein. Und es IST möglich. Was will Microsoft denn tun, wenn die Verantwortlichen in der IT anfangen, das Cloudgeraffel aufzugeben und sich stattdessen die Daten wieder ins eigene Haus holen? Sämtliche On Premises Lösungen einstampfen und sich dann hinstellen und sagen "nun macht mal"? Das kann und wird gepflegt nach hinten los gehen. Es wird halt nur Zeit, dass die vielen Windowsjünger unter den IT-Verantwortlichen sich mal in Erinnerung rufen, dass in der Abkürzung "IT" an keiner Stelle das Wort "Microsoft" vorkommt. Kann also kein Muss sein, nicht wahr?
Und bevor wieder die dummen Fragen kommen: hier(tm) läuft vor allem im Serverbereich eine sehr heterogene Umgebung.