Dumm gelaufen: Lidl Großbritannien ruft Kekse wegen inkriminierender URL auf Verpackung zurück

Verlinkungen auf Webseiten sind tückisch, die Seiten können verschwinden oder von Dritten aufgekauft sowie gekapert und mit anderen Inhalten als ursprünglich versehen werden. Discounter Lidl hat in Großbritannien einen Rückruf von Kinder-Snacks/-Keksen gestartet, weil auf der Verpackung die URL auf eine Webseite aufgedruckt ist, deren Inhalt sich drastisch geändert hat. Einem Kunden, der eine solche Packung gekauft hatte, wollte die angegebene Webseite besuchen und kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Der Link führt auf eine chinesische Website für Erwachsene – nicht so ganz im Sinne des Konsumenten- und Kinderschutzes.

Die Tücke der Verlinkungen

Verlinkungen auf Webseiten sind tückisch, die Seiten können verschwinden oder von Dritten aufgekauft sowie gekapert und mit anderen Inhalten als ursprünglich versehen werden. In meinen IT-Büchern hatte ich ständig mit zu kämpfen, dass dort abgedruckte Links zu Webseiten ungültig wurden. Dann standen die Leser auf der Matte und beklagten sich über nicht funktionierende Links. Irgendwann habe ich dann umgestellt und auf eine Linkliste in meinem Blog verwiesen, die ich dann pflegen konnte. Inzwischen schreibe ich keine neuen Computerbücher und das Thema hat sich erledigt.

Aber auch hier im Blog erlebe ich immer wieder, dass Zieladressen ins Web brechen und nicht mehr erreichbar sind. Noch schlimmer sind die Fälle, wo die Zielseiten durch Cyberkriminelle gekapert oder aufgekauft und dann mit geänderten Inhalten versehen wurden. Dann konnte Seiten schon mal auf Malware-Angebote oder Erotik-Angebote verweisen. Und die Fälle wo Apps oder Add-Ins für WordPress oder andere Software von Dritten aufgekauft und für solche Fälle missbraucht haben, sind auch schon vorgekommen – ich hatte gelegentlich darüber berichtet. Auch sind Fälle betrügerischer QR-Codes bekannt, die im öffentlichen Raum angebracht wurden und auf Seiten mit Schadsoftware führten.

Lidl und seine Kekse

Ein anonymer Blog-Leser hatte bereits in diesem Kommentar auf diesen Sachverhalt hingewiesen, der dem Discounter Lidl in Großbritannien widerfahren ist. Nachfolgender Tweet weist ebenfalls auf den Sachverhalt hin. 

Die Billig-Supermarktkette Lidl muss im Vereinigten Königreich und wohl auch in anderen Ländern vier Snacks mit dem Thema "PAW Patrol" zurückrufen. Die auf der Verpackung angegebene Website verweist auf eine chinesische Erwachsenenseite, auf der wohl Pornos angeboten werden.

Zum Thema PAW Patrol (steht für Pfoten-Patrolie, oder Helfer auf vier Pfoten) muss man wissen, dass es sich dabei um eine eine kanadische Computeranimationsserie von Keith Chapman handelt. Die Serie lief im August 2013 in Kanada, wurde aber von vielen lokalen TV-Sendern und auf Streaming-Anbieterseiten wie Netflix gezeigt. Die Serie handelt von dem Jungen Ryder und die zunächst aus sechs Hunden bestehende PAW Patrol, die bestimmte Abenteuer bestehen. Details lassen sich in der Wikipedia nachlesen.

Der Hersteller der Kekse warb auf seinen Verpackungen für die Kekse mit PAW Patrol, und sprach damit Kinder an. Lidl hatte davon vier verschiedene Varianten (Bisquits, Schoko-Chips, etc.) im Angebot. Gemäß obigem Tweet der britischen Verbraucherschutzorganisation Which vom 2. September 2023 erfolgte der Rückruf, weil die auf den Verpackungen der Kekse aufgedruckte URL auf eine kompromittierte Webseite verweist, auf der für Kinder ungeeignetes Erwachsenenmaterial angeboten wird. Für den Discounter Lidl ein absoluter PR-Gau – es müssen also einwandfreie Snacks für Kinder vernichtet werden, weil die Verpackung ein Problem darstellt.

Die Kunden können die Kekse in jedem Lidl-Laden gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. So ganz ad-hoc stelle ich mir jetzt aber die Frage, ob da nicht bei einigen Jugendlichen ein Run auf die Kekse einsetzt, um die URL herauszufinden. Obwohl diese Klientel die URL bestimmt schon in Messengern auf dem Schulhof teilt.

Die Redaktion von Cybernews hat die fragliche URL selbst überprüft und schreibt, dass die Domain am Montag, den 4. Sept. 2023 auf mobilen Geräten immer noch chinesische Inhalte für Erwachsene anbot. Der Versuch, die URL über einen Desktop-Computer abzurufen, endet in einer Meldung, dass die Website "vorübergehend nicht verfügbar sei" – und es soll der Hinweis auf Verstöße gegen die "einschlägigen Vorschriften" des chinesischen Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie erscheinen.

Die fragliche Domain ist nach dem Unternehmen Appy Kids Co. benannt, welches Einzelhandelsprodukte für Minderjährige herstellt. Die Redaktion von Cybernews widerspricht auch der Darstellung von Lidl, dass die Seite kompromittiert worden sei. Die Leute von Cybernews haben nachgesehen, die Domain ist aktuell auf eine Einzelperson in Lianyungang, einer Stadt in China, registriert.

Zuvor gehörte diese Domain dem Hersteller der Paw Patrol-Produkte, einer Untermarke von Appy Food & Drinks namens Appy Kids Co. Aus den Einträgen auf der Companies House Website geht jedoch hervor, dass Appy Food and Drinks im Juni 2022 aufgelöst wurde. Laut Cybernews deutet dies darauf hin, dass die Webdomain auf der Verpackung erloschen ist und der Webhoster als zusätzliche Einnahmequelle Werbung mit explizitem Inhalt einblendet.

Wie auch immer, für Lidl dürfte das doch etwas unangenehm sein. Ich glaube, die Lösung ist schlicht, dass wir einfach noch mehr digitalisieren und auf KI setzen müssen, dann wäre so etwas nicht passiert – oder man könnte dieser KI die Schuld geben. Ok, wer Ironie findet, darf diese behalten.