Google aktualisiert Datenschutzbestimmungen für Chrome – das steckt dahinter

Chrome[German]Zum 5. September 2023 hat Google den Chrome-Browser für seine Plattformen (Desktop, Android, iOS) aktualisiert (siehe Google Chrome 116.0.5845.179/.180 Sicherheitsupdates). Neben Sicherheitsfixes und Stabilitätsverbesserungen werden Nutzer plötzlich eine Datenschutzinformation angezeigt bekommen. In den Webseiten werden die Leute über Änderungen, die der Browser bezüglich angezeigter Werbung vornehmen kann, informiert und können diese annehmen oder ablehnen. Das Ganze hängt damit zusammen, dass Google Werbetracking über Drittanbieter-Cookies im Chrome abschaffen und durch andere Formen ersetzen möchten.


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Datenschutzinformationen für Werbung

Ich bin bereits gestern auf Twitter über das Thema informiert worden, weil einem US-Benutzer im Google Chrome plötzlich neue Datenschutzinformationen angezeigt wurden. Auch Will Dormann hat es zum 5. September in diesem Tweet thematisiert.

New Chrome ad requests

So grob war mir klar, worauf es hinaus läuft. Die Nacht bin ich dann unter Android vom Google Chrome-Browser in einer Reihe an Einblendungen über Neuerungen informiert worden, die ich annehmen oder ablehnen konnte. Blog-Leser Robert hat mir dann heute früh Screenshots seines Desktop-Browsers zugeschickt, die das Gleiche beinhalten (danke dafür). Unter dem Titel Eine Funktion zum Datenschutz bei Werbung aktivieren werden dem Nutzer nachfolgende Informationsseiten angezeigt.

Chrome: Datenschutz bei Werbung


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Chrome: Datenschutz bei Werbung

Chrome: Datenschutz bei Werbung

Auf jeder der betreffenden Seiten erhält der Nutzer Informationen von Google und kann die Vorschläge annehmen oder ablehnen. Zudem enthalten die Seiten Links auf Google-Seiten mit weitergehenden Erläuterungen.

Was steckt hinter diesem Ansatz?

Bisher war es so, dass ausgespielte Werbung im Browser vor allem auf der Auswertung besuchter Webseiten basierte. Die Informationen wurden über Drittanbieter-Cookies auf dem Gerät des Nutzers gespeichert. Das führte einerseits dazu, dass Nutzer Werbung zu Themen angezeigt erhielten, weil sie im Browser mal nach etwas gesucht hatten, aber die Werbung für die Leute überhaupt nicht interessant war. Die andere Seite: Die Nutzer wurden über Drittanbieter-Cookies durch die Werbetreibenden getrackt – das ist in Europa der Grund für die Cookie-Banner-Flut, die eine aktive Zustimmung der Surfer zum Speichern von Cookies erfordert.

Google hatte schon schon länger angekündigt, Drittanbieter-Cookies, die zur Verfolgung der Seitenbesuche durch Internetseiten gesetzt werden, im Google Chrome zu unterbinden. Bereits 2019 wurden Pläne Googles bekannt, den Trackingschutz der Benutzer des Chrome-Browsers zu verbessern. Ich hatte seinerzeit im Blog-Beitrag Google Chrome will Tracking-Schutz verbessern darüber berichtet. Dann gab es den FLOC-Ansatz (siehe Googles FLoC und der Alptraum Europa mit seiner DSGVO), wo Google die Verwendung von Werbecookies mit einer eigenen Technologie datenschutzkonform gestalten wollte. Der FLoC-Ansatz erhielt aber mächtig Gegenwind der Datenschützer und wurde beerdigt.

Seit dieser Zeit versucht Google einen Weg zu finden, um Drittanbieter-Cookies in seinem Chrome Browser zu blockieren, ohne sich selbst vom Werbegeschäft abzuschneiden. Dazu hat Google eine Datenschutz-Sandbox-Initiative (Privacy Sandbox) gestartet. Die Topics API ist in diesem Google-Beitrag beschrieben. Ziel ist es, Cookies von Drittanbietern sowie seitenübergreifendes Tracking, Finger-Printing und andere verdeckte Techniken durch datenschutzfreundlichere Alternativen zu ersetzen. Statt die Informationen über besuchte Webseiten bei Werbetreibenden zu halten, soll nur noch der Browser Informationen haben, was der Nutzer bzgl. Werbung zulassen will. Google hatte die betreffenden Technologien entwickelt und Testversionen in Chrome für Entwickler freigegeben. Dabei zeigten sich Probleme, weshalb die harte Einführung auf das Dritte Quartal 2024 verschoben wurde (siehe meinen Blog-Beitrag Google Chrome: Drittanbieter Cookie-Blockade kommt erst im 3. Quartal 2024).

Genau in diesem Kontext sehe ich die obigen Popup-Hinweise des neuen Google Chrome. Denn dort informiert Google, dass man neue Datenschutzeinstellungen für Werbung im Browser einführt. Die Vorgabe, die vom Nutzer in den Einstellungen unter Datenschutz jederzeit geändert werden kann, ermöglicht dem Benutzer dem Browser Vorgaben zu machen, welche Werbethemen überhaupt relevant sind und was zur Anzeige herangezogen werden soll.

Dazu bietet der Chrome an, den Verlauf der besuchten Webseiten über einen Zeitraum von vier Wochen zu analysieren und daraus auf Interessen zu schließen. Zudem kann der Benutzer die Werbethemen, die für ihn relevant sind, in den Einstellungen konfigurieren. Besucht der Anwender dann Webseiten, können diese vom Browser die "Interessenkategorien" des Nutzers anfordern und entsprechende Werbung ausspielen.

Gegenüber dem bisherigen Nutzertracking durch Drittanbieter-Cookies gibt es jetzt eine fundamentale Änderung. Der Browser verwirft diese Drittanbieter-Cookies und damit das Tracking und stellt den Werbetreibenden nur Informationen über erwünschte Werbekategorien bereit. Die Vorteile, die sich daraus ergeben:

  • Der Ansatz führt zu einer verbesserten Privatsphäre beim Surfen im Internet, da nur noch der Browser über die besuchten Webseiten und Werbeinteressen informiert ist.
  • Die Identität des Benutzers und der aktuelle Browserverlauf wird gegenüber den besuchten Webseiten, laut den Google-Aussagen, geschützt.
  • Der Nutzer kann zudem die angezeigten Werbethemen personalisieren, das sich die Themen in den Einstellungen ansehen und löschen lassen. Zudem werden Werbethemen, die älter als vier Wochen sind, automatisch wieder gelöscht.

Google ermöglicht allerdings, dass der Benutzer eine Erfolgsmessung für Werbung ermöglicht, so dass einschränkte Daten, die die Leistung der Werbeanzeige zwischen besuchter Webseite und dem Werbenden übertragen werden dürfen. Dazu gehört beispielsweise, dass die Werbung angezeigt wurde und zu welcher Uhrzeit das erfolgt.

Was bleibt unter dem Strich?

Unter dem Strich sehe ich dies als einen hilfreichen Schritt Googles, vom Nutzertracking der letzten Jahre zu einem Modell zu kommen, wo Webseiten sich über Werbung finanzieren können. Persönlich bin ich bei meinem Werbeanbieter seit Jahren hinterher, das bisherige Werbetracking durch kontextbasierende Werbung zu den angesehenen Blog-Beiträgen zu ersetzen. Hier hat die Branche sich aber schwer getan, weil einerseits die rechtlichen Belange noch unklar waren, man auf die Änderungen durch Google setzen wollte und die bisherigen Ansätze wohl auch bezüglich der Monetarisierung bescheiden waren.

Aus meinem Blickwinkel bietet der Google Chrome-Ansatz sogar noch mehr Vorteile als eine reine kontextbasierende Werbung, denn der Benutzer kann Werbepräferenzen abseits des Kontexts der besuchten Webseiten festlegen. So steht den Publishern schlicht ein größeres Inventar an Anzeigen der Werbetreibenden zur Schaltung auf den Werbeplätzen zur Verfügung. Aus meiner Sicht bleibt abzuwarten, wie das Ganze jetzt in der Praxis umgesetzt wird.

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19 Antworten zu Google aktualisiert Datenschutzbestimmungen für Chrome – das steckt dahinter

  1. Hitomi sagt:

    Dazu bietet der Chrome an, den Verlauf der besuchten Webseiten über einen Zeitraum von vier Wochen zu analysieren und daraus auf Interessen zu schließen.

    Au backe. Hallo EU-Regulierungsbehörden?

    • Günter Born sagt:

      Wo siehst Du die EU-Regulierungsbehörden, wenn der Nutzer zustimmt, dass der Browser die Einträge der letzten vier Wochen des Verlaufs analysiert, und dann aus dieser lokalen Analyse einzelne Kategorien mit der Information "Thema könnte interessieren" speist?

      • Hitomi sagt:

        Viele Nutzer werden das einfach wegklicken oder nicht verstehen. Denke doch bitte mal an nicht-geschäftsfähige Kinder.

        Nicht jeder Opt-in ist als solcher erkennbar. Das ich das erklären muss verdeutlicht was für ein Problem es ist. Auch viele Senioren werden darauf "reinfallen".

        Allein die Wortwahl ist oft suspekt. Datenschutz und personalisierte Werbung sind diametral zueinander entfernt.

        Oben steht "Datenschutz", unten steht "Aktivieren" und "Nein Danke". Für einen naiven Menschen sieht es aus als ob man Datenschutz aktivieren soll.

  2. Cornelia sagt:

    Ja, die neuen Optionen sind bei mir auch aufgepoppt.

    Was mir fast zeitgleich aufgefallen ist (weiss nicht, ob es einen Zusammenhang hat): Im Startmenü von Windows werden jetzt neue Apps von Google angezeigt, die man deinstallieren kann. Dazu hatte ich aber kein Einverständnis gegeben. Im Moment habe ich sie belassen, werde sie aber wohl entfernen.

  3. mw sagt:

    "annehmen oder ablehnen" das funktioniert doch nur persistent, wenn der Nutzer bei Google angemeldet ist, und gerade das IST das Problem. Ich nutze Google grundsätzlich nur ohne Anmeldung. Und wenn Google die cookies abschafft, dann wird das ganze unbenutzbar. In Wirklichkeit ist das ein Zwang zur angemeldeten Verwendung von Goole Diensten.

    • Günter Born sagt:

      Ich habe es nicht getestet, da kein Chrome installiert – aber stimmt das wirklich? Das Ganze wird doch über die Einstellungen verwaltet.

      • Robert Glöckner sagt:

        es gibt keinen Grund die Einstellungen online zu speichern, das liegt alles lokal im Benutzerprofil.
        Ist man aber angemeldet an einem Google-Konto, könnte die gewählte Einstellung geräteübergreifend funktionieren, durchaus ein Mehrwert und auf freiwilliger Basis.

        ich bin gespannt ob das auch im entsprechenden MSEdge Ende der Woche implementiert ist…

    • 1ST1 sagt:

      Chrome verwendet man besser garnicht, wenn es nicht unbedingt sein muss. Chrome identifiziert einen auch ohne dass man angemeldet ist.

  4. Luzifer sagt:

    Sorry, aber Google & Co und all die anderen Werbeschmeissfliegen haben das Vertrauen komplett verwirkt. Adblocker bleibt konsequent an! Versprechen kann dieses Geschmeiß viel… Vertrauen muss man sich erst wieder verdienen! Verloren ist dieses in Sekunden, wieder aufgebaut braucht Jahre!

    Du (Google & Co) habt das Recht soviel zu werben wie ihr wollt, aber Ihr habt Null Anspruch darauf das dies auch gesehen wird!

    • Steter Tropfen sagt:

      Google will doch AddOns, die Seiteninhalte verändern (z.B. Elemente ausblenden), gar nicht mehr zulassen. Das Ende der Adblocker. Das hätte doch schon diesen Sommer kommen sollen, „Manifest 3" oder so? Ersatz soll der im Browser eingebaute Werbestopper sein – den man nur ein- oder ausschalten kann. Was Google freie Hand lässt zu definieren, was geblockt wird und was nicht.

      Wer die wirklich unabhängigen Browser eingehen lässt, kriegt nur noch das zu sehen, was Big Brother will, dass man sieht.

  5. Norddeutsch sagt:

    @Günter – 1) "Browser verwirft diese Drittanbieter-Cookies" 2)"Chrome-Ansatz sogar noch mehr Vorteile". Daraus ergeben sich definitv (teilw auch augenscheinlich) Verbesserungen der Privatsphäre (ggü versch. Cookie-Anbietern, für Monetarisierung, beim Cookie-Transfer über das Netz,…).

    Jedoch: Eine zwingende Identifikation für die Nutzung dieses Angebots ist inhärent – sprich: Google erfährt direkt vom User diverseste Attribute (was ist gewählt, was besucht).
    Die Wichtigkeit von Vorrednern kann man daher nicht genug betonen: @mw 11:54, @Cornelia 11:50 (inkludierte ahn ich hier die Überlegung "was passiert denn nun wirklich?").
    Defacto bereinigt mE Google damit den Markt um konkurrierende "Cookie-Drittanbieter". Das der Schutzmechanismus selbst zum "Meta-Cookie" wird sehe ich als '{hohes|gewünschtes|}' Risiko. Für kleine Anbieter der "Werbebranche" ergibt sich ebenso ein Markauschlußkriterium oder Plattformzwang. Es passt ebenso zur Strategie Googles WEI Web Integrity

    @Günter 11.44 Eine Behörde wäre sicher angehalten, "dargelegten" Ansatz und Vorgehensweisen von Google zu überprüfen – hat mE jedoch bei der Komplexität keinerlei Chance (Transparenz, Nachweispflicht,Auskunftsrechte,…). Das trau ich mir bei einer Browserinstanz mit Recherche/Analyse der Datenflüsse und Ausleitungspunkte nicht mehr unter 1 Woche zu …

    Damit ist zB Schutz "laut den Google-Aussagen" (s.o., Günter Punkt 2 zum Ende) solange der User nur eine "GUI-Sicht" auf Googles FrontEnd hat eher White-Washing oder Schall und Rauch. Eine wirklich bis zum Server, Datenbank oder Datenmodell nachvollziehbare Transparenz wird Google eher nicht bieten. Wo bleibt nur die 2000-201x noch gepredigte Datensparsamkeit …

  6. Kai sagt:

    Grandios. Mit Dark Pattern wird jetzt versuch von den Usern eine offizielle Einwilligung zum Abgreifen und Auswerten der Browser-History zu bekommen. Aber passt ja Google bzw. der Werbeindustrie. Be eval in Reinform.

  7. Nicht Sicher sagt:

    Es wäre wohl blanke Ironie wenn sich Google Chrome-Nutzer Gedanken zum Thema Datenschutz machen. Der Zug ist doch schon vor Ewigkeiten abgefahren und nun am anderen Ende der Welt.
    Vermute eher 99% der Google Nutzer werden, wenn sie es überhaupt mitbekommen, etwas in der Art denken wie "Geil, jetzt bekomm ich noch passendere Werbung, danke Google und das auch noch kostenlos für mich! Google sind voll die philanthropen!11", weil Google-Jünger eben nunmal so denken. Leider!
    Ich verstehe nur nicht wie es so extrem viele sein können und weshalb Naivität scheinbar zur Volkskrankheit geworden ist…

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