Microsoft schlachtet den Windows Insider MVP zum 31.12.2023

Windows[English]Kleine Info für die Kollegen, die von Microsoft noch mit dem Titel "Windows Insider MVP" ausgezeichnet wurden. Am 31. Dezember 2023 ist finito, das Programm wird dann eingestellt. Das hat ein Sprecher gegenüber The Register bestätigt. Ziel Microsofts ist es, so der Sprecher, MVP-ähnliche Programme bei Microsoft zu konsolidieren. Nette Volte, waren die Windows Insider MVPs doch erst Ende 2016 aus dem "normalen MVP-Programm" rausgeworfen worden.


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Was ist ein MVP?

Kleine Hintergrundinformation für Leser, die nicht ganz so in der Thematik drin sind. Das Kürzel MVP steht für Most Valuable Professional und ist eine Auszeichnung Microsofts an externe Personen, die sich besonders um die Community bei bestimmten Produkten verdient gemacht haben. Die Auszeichnung gilt jährlich und Aspiranten müssen sich bewerben und darlegen, was sie im vergangenen Jahr diesbezüglich geleistet haben. Das reicht von Vorträgen über Mitarbeit in Foren (MS-Answers) über Berichte über Produkte (Blogs, Bücher etc.).

Kandidaten für den Microsoft Most Valuable Professional werden von anderen MPVs oder von Microsoft-Mitarbeitern vorgeschlagen. Die Auszeichnung soll ein Zuckerle für außergewöhnliches Engagement für Microsoft, deren Produkte und Communities darstellen. MVP können einmal im Auszeichnungsjahr (auf eigene Kosten) zum Microsoft MVP-Summit nach Redmond reisen. Zudem gibt es meist eine Gratis MSDN-/Visual Studio-Lizenz – wie es aktuell ausschaut weiß ich nicht. Ob noch deutsche Treffen stattfinden, weiß ich nicht, genau so wenig, wie gut die MVPs noch Zugriff auf die Entwickler haben.

Der Windows Insider MVP ist tot

Zum 31. Dezember 2023 stellt Microsoft jetzt also das Windows Insider MVP-Programm ein – es wird keine Nominierungen für 2024 mehr geben. Das Ganze kommt kurz nach dem Abgang von Panos Panay und zeigt, dass Windows irgendwie zum Stiefkind Microsofts wird. Sinn macht das Ganze, speziell die Teilnahme am Windows Insider-Programm und damit auch der Windows Insider MVP, in meinen Augen schon lange nicht mehr.

Eine Karotte gibt es aber von Microsoft noch: Windows Insider MVPs werden, so der Microsoft-Sprecher, für die Teilnahme am Microsoft MVP-Programm nominiert, welches ähnliche Vorteile und Möglichkeiten bietet, sich weiterhin mit Redmond zu vernetzen und mit vielen anderen Microsoft MVPs weltweit zu interagieren, heißt es vom Microsoft Sprecher in der Stellungnahme gegenüber The Register.


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Aus dem Nähkästchen geplaudert

Persönlich schaue ich inzwischen aber leicht belustigt auf diese Volten aus Redmond. Von 2013 bis 2016 bin ich ja von Microsoft mehrfach als Windows Consumer MVP ausgezeichnet worden. Die MSDN-Lizenz hatte den Vorteil, dass ich recht einfach an Downloads für diverse Microsoft-Produkte und Testlizenzen herankam. Zudem gab es seinerzeit noch einen MVP-Lead, den man bei Fragen kontaktieren und bitten konnte, Bugs und Probleme an die Entwickler zu melden. Manche MVPs pflegen intensive Kontakte mit Microsofts Entwicklern und sind auch oft in den USA. War aber nie so mein Ding – ich stehe auf dem Standpunkt "das muss per Internet gehen, haltet einen Kanal offen, über den ein MVP Probleme kommunizieren kann". Hat aber in meinem Fall nie wirklich gut geklappt.

Ende 2016 wurde dann der Windows Consumer MVP "geschlachtet", die bisherigen MVPs (in Deutschland waren es erinnerungsmäßig 6 Personen) wurden in das neu geschaffene Windows Insider MVP-Programm rüberschoben. Es entfiel die Möglichkeit, mit dem MVP-Lead Kontakt zu den Entwicklern zu halten, die gesamte "MVP-Infrastruktur" war ebenfalls weg. Ich habe mitbekommen, dass der (damals bereits externen) Betreuer bei Microsoft sich seine Lösungen zur Verwaltung der Windows Insider MVPs mit Excel-Tabellen stricken musste. Muss damals schon ein Stiefkind am Katzentisch gewesen sein.

Meine Beobachtung war, dass das Windows Insider MVP-Programm jedes Jahr ein Stück weit absurder wurde, aber keine wirklichen Vorteile mehr bot. Ich hatte es in Blog-Beiträgen am Rande erwähnt, dass man in Redmond irgendwann nach 2019 allen ernstes glaubte, dass sich die bestehenden Windows Insider MVPs jedes Jahr mit einem Video bewerben müssen. Die frühere Bewerbung um eine Auszeichnung als MVP war ja in Ordnung. Es gab eine Webseite, wo man seine Aktivitäten der letzten 12 Monate eintrug und fertig. Dann entschied ein Gremium ob es für die Verlängerung der MVP-Auszeichnung langt oder nicht. In den letzten 2 Jahren habe ich mitbekommen, dass einige MVPs nicht mehr ausgezeichnet wurden, obwohl diese recht viel für die Produkte und die Community taten.

Beim Windows Insider MVP-Programm mussten wir in den ersten Jahren nach 2016 die Aktivitäten ebenfalls, aber in der oben erwähnten Excel-Tabelle einreichen – die Webseite stand nur für "richtige MVPs" zur Verfügung. Das war für mich auch soweit in Ordnung. Als die "Entscheider" dann aber meinten, ein Bewerbungsvideo des Kandidaten mit einer Aussage, warum man genau der richtige Mann oder die richtige Frau für so was sei, wird zwingend benötigt, reichte es mir. 2020 habe ich noch die Auszeichnung ohne Videobewerbung erhalten.

Da ich keinen Sinn mehr in diesem Programm sah, hatte ich denen Mitte 2020 durch die Blume kommuniziert, dass, wenn das Video essentiell für die Bewerbung sein sollte, sie sich den Windows Insider MVP dahin stecken dürfen, wo die Sonne nicht hin scheint. Kam nicht so gut an, aber ich war ab dem Zeitpunkt von Geheimhaltungsabkommen als MVP (die eh witzlos waren, weil wir Informationen zu Zeitpunkten bekamen, wo diese gut 2-3 Wochen vorher öffentlich bekannt waren, wir aber nicht drüber sprechen oder schreiben durften) befreit.

Und nun schließt sich der Kreis: Das siechende Windows Insider MVP-Programm wird gekappt – möglicherweise können sich einige der MVPs in andere MVP-Programme retten – ich gönne es den Leuten. Aber der Vorgang lässt den Schluss zu, dass Windows Consumer nicht mehr wirklich für Microsoft von Interesse sind.

2020 ging mir 2020 der Gedanke "ist der MVP erst ruiniert, bloggt es sich gänzlich ungeniert" durch den Kopf. Denn die NDAs (Geheimhaltungsabkommen) und die MVP-Auszeichnung stellen für Microsoft auch ein Stück "Zuckerbrot und Peitsche" dar. Die Ausgezeichneten fühlen sich gebauchpinselt (obwohl, manche der MVPs sind echt gut, da ziehe ich den Hut vor), müssen sich aber gegenüber Microsoft "wohl verhalten". Ich kenne einige Fälle, wo die Auszeichnung wegen "Verstoßes gegen den Code of Conduct" aberkannt wurde (in einem Fall drehte es sich um Kritik, dass die Supporter für das Microsoft Answers-Forum nach Osteuropa ausgelagert und gute Teams aus Deutschland aufgelöst wurden). Und in diesem Tweet schreibt ein .NET-Entwickler, dass ihm der MPV nicht verlängert wurde, weil er für AWS arbeitet. Nun ja, Vater Rhein wird das nicht jucken, der schickt auch noch in x Jahren täglich viel Wasser in Richtung Nordsee, egal, was Microsoft da so macht.


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11 Antworten zu Microsoft schlachtet den Windows Insider MVP zum 31.12.2023

  1. Sebastian sagt:

    Einfach nur MS Azure toll finden kann dir den MVP bringen.
    Ich chatte immer noch viel mit dem ehemaligen MVP für den MSN Messenger. So ist das bei MS, heute protegiert und morgen verstossen, musste ich auch auf die harte Tour lernen.

  2. Holger sagt:

    Gibt es auch eine Auszeichnung für den MVH oder MVB? :D

    Für diese Auszeichnungen würde ich mich auch ernsthaft ins Zeug legen wollen. ;-)

  3. mw sagt:

    Dachte immer MVP heißt "minimum viable product". Das hätte auch viel besser zu Microsoft gepaßt.

  4. Heiko A. sagt:

    Das Privatkundengeschäft ist nur ein "netter Beifang", wie mir auf IT-Messen von hochrangigen Microsoft-Partnern hinter vorgehaltener Hand bestätigt wird. Daher passt es durchaus in die MVP-Politik. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen aus der IT-Branche, wo viele IT-Dienstleister Privatkunden abgestoßen oder das Geschäft gänzlich eingestellt haben. Microsoft 365 hier, Microsoft Azure dort, Cloud überall.

    Als man das Zertifizierungsprogramm auf den Kopf stellte, war die Marschrichtung einmal mehr klar: Geschäftskunden first, Privatkunden… na ja, irgendwann auch. Vielleicht. Wenn man Zeit findet. Wenn es sich lohnt.

  5. janil sagt:

    Mal gucken, ob wir noch erleben, ab wann sich diese Entscheidungen für MS anfangen negativ auszuwirken. Glaube nämlich, dass genau das kommen wird. Das Privatgeschäft mag nur ein kleines Standbein für MS sein aber immerhin ist es eins und in Zukunft dann war es mal eins… Meine Meinung.

    • AlCiD sagt:

      "Das Privatgeschäft mag nur ein kleines Standbein für MS sein …"

      Vergessen wir nicht die Gamer, dort sind die Privatkunden die größere Herde, die es zu melken gilt.
      Nicht umsonst hat man ein paar (viele) Milliarden in Activision gesteckt.

      Greetz

      • 1ST1 sagt:

        Activision ist vor allem für die XBox und evtl. für das Gaming-Streaming auf irgendwas interessant. Mit den Privatkundenlizenzen für Windows und Office verdient MS nicht viel, wahrscheinlich Peanuts bis Portokasse. Zuletzt hab ich privat glaub ich mal vier Systembuilder-Lizenzen für Windows 7 gekauft und dann nochmal 4x 30 Euro für Update auf Win 8.x inklsive MCE. Außerdem der jährliche Obulus für O365 Family, den ich letztes Jahr bei A* in der Cyberweek, Black-Fiday oder wie auch immer für die Hälfte bis nach 2025 rein gebucht habe. Und das ist alles noch viel, wenn man bedenkt, dass die ganzen PC-Hersteller die Home-Lizenzen für ganz kleines Geld beipacken.

        Und jetzt kommen sicher gleich die Linuxliebhaber und schreiben, dass sie ihren Gaul geschenkt bekommen haben, schön… (Ich bin ja sowas von begeistert!)

      • Holger sagt:

        Antwort von Microsoft:

        Die sollen dann eine XBox kaufen und einen Game Pass im Abo dazu.

    • Heiko A. sagt:

      Persönlich glaube ich nicht, dass sich Microsoft in absehbarer Zeit aus dem Privatkundengeschäft zurückziehen wird. Dazu muss man wissen, dass Windows einerseits nach wie vor der Platzhirsch bei Desktop-Betriebssystemen ist, andererseits nimmt die Vermischung von Privatem und Geschäftlichem immer mehr zu.

      Glaubt man den Gerüchten und Spekulationen, so könnte sich Windows zu einem "Chrome OS"-Klon entwickeln. Je mehr man die Kunden in die Cloud zwingt, umso mehr schränkt man die Individualität ein. Da lässt sich die "Friss oder stirb"-Politik besser durchsetzen.

      Wenn Microsoft tatsächlich dazu übergehen sollte, in Windows stärker denn je seine weiteren Produkte und Dienste zu bewerben, könnte es die europäischen Wettbewerbsbehörden auf den Plan rufen. Auch das ganze Themenspektrum rund um "künstliche Intelligenz" alias Copilot ist für den europäischen Markt noch unklar. Aber die Antworten bekommen wir erst, wenn der Nachfolger da ist.

      Klar ist allerdings, dass der optische Umbruch zwischen Windows 11 und Windows 12 nicht so groß ausfallen kann, wie es seinerzeit zwischen Windows 7 und Windows 8 geschah.

      Paradoxerweise ging man – meiner Meinung nach – mit Windows 8 bzw. Windows 8.1 den richtigen Weg. Hätte man das Windows Phone als Teil eines Ökosystems verstanden, hätte Microsoft genau die Plattform, die es heute sucht.

      • 1ST1 sagt:

        Heute hat Microsoft Android gekapert. Installiere mal "Ihr Smartphone", OneDrive, O365 und den MS-Launcher und verknüpfe das alles mit deinem Windows-Account, du wirst staunen was da inzwischen alles geht (insbesondere wenn du ein Samsung Galaxy S2x hast).

        Windows/Office für Privatkunden ist auch Werbung für die Enterprise-Varianten. Und umgekehrt.

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