Vor wenigen Tagen gab es die Meldung, dass der 8-Bit-Mikroprozessor Z80 von Zilog nach 50 Jahren in der Produktion eingestellt wurde. Ist natürlich nur die "halbe Wahrheit", denn der Z80 wird wohl als 16-Bit-Variante irgendwo weiter leben. Wie es so ist, wenn Titanen oder alte IT-Digisaurier sich erinnern, fallen einem Geschichten aus der wilden Anfangszeit ein. Der Z80 hat auch a bisserl schuld, dass ich als nichtsnutziger Blogger geendet bin. Kleiner Rückblick gefällig?
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Der Zilog Z80
Der Zilog Z80 ist ein Mikroprozessor mit 8-Bit-Architektur, der vom Unternehmen Zilog entwickelt wurde und seit 1976 vertrieben wird. In CMOS-Technik ist der Z80 bis Juni 2024 lieferbar, weiß die Wikipedia. Dieser Prozessor Er entstand kurz nachdem Federico Faggin das Unternehmen Intel verlassen und sein eigenes Unternehmen Zilog gegründet hatte. Bei Intel hatte er am 8080-Mikroprozessor gearbeitet.
Zilog Z80; Quelle Wikipedia, CC BY 2.5
Federico Faggin hatte den Befehlssatz des Intel 8080 übernommen und den Zilog Z80 unter der Maßgabe entwickelt, binär kompatibel zum Intel 8080 zu sein. Die erste Ausgabe des Z80 kam im März 1976 auf den Markt (damals stand ich kurz vor dem Studium, welches im Sept. 1976 begann und habe von dieser Markteinführung nichts mitbekommen). Dadurch diesen genialen Schachzug des Entwicklers liefen die meisten für den 8080 entwickelten Programme ohne Änderungen auf dem Z80. Da galt insbesondere für das CP/M-Betriebssystem.
Der Z80 hatte gegenüber dem Intel 8080 mehrere Vorteile (nur 5 Volt Betriebsspannung erforderlich, Refresh-Logik für den Arbeitsspeicher, Interrupt-Logik und einige zusätzliche Befehle). Intel konterte später den Zilog Z80 mit dem Intel 8085-Prozessor, den ich so ab 1981 kennen lernte (vorher hatte ich mit Digital Equipment PDP 11-Rechnern programmiert). Mit dem Intel 8085 schnitzte ich seinerzeit Mikroprozessor-Systeme für die Industrieautomatisierung in der Chemie, wenn Sonderlösungen statt Technik von der Stange erforderlich war.
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Der Z80 wird eingestellt, nicht?
Die Woche ging dann "Zilog stellt nach 50 Jahren den Z80 ein" durch die Presse (die 50 Jahre beziehen sich wohl auf die Gründung des Unternehmens Zilog). Die Kollegen von heise haben jedenfalls hier einen Rückblick auf dieses Ereignis geworfen. The Register hat hier die Geschichte ebenfalls aufgegriffen, und erwähnt auch (wie die Wikipedia), dass der Z80 nur als 8-Bit-Mikroprozessor-Variante stirbt, die 16-Bit-Variante Z8000 (kam 1986 auf den Markt) wird weiter gebaut.
Der Z80 in den Heimcomputern der 80er
Der Zilog Z80 war der Prozessor, der in vielen Heimcomputern der 80er Jahre (sofern die keine Motorola oder MCS 6502-Prozessoren verbaut waren) zum Einsatz kam. Wie bereits oben erwähnt, hatte ich ab 1981 mit dem Intel 8085-Mikroprozessor zu tun, den ich in der Industrieautomatisierung für Sonderlösung einsetzte. Hieß seinerzeit mit den Intel ISIS II-Systemen (ein CP/M-Verschnitt) mit Assembler, Fortran und PL/M Programme schreiben und sehr Hardware-nah entwickeln. Ich habe seinerzeit Betriebssystemteile für den Echtzeitbetrieb mit Interrupt-Steuerung in Assembler verfasst und Regelkaskaden oder Auswerteprogramme in Fortran angeflanscht. Das Ganze wurde dann noch durch PL/M-Routinen zusammen gehalten.
War die Zeit, wo man mich um Mitternacht wecken und eine Hexzahl zurufen konnte, und ich konnte sofort die zugehörigen Maschinenbefehle nennen. Denn zum Testen gehörte auch, die Maschinenbefehle im Intel In-Circuit-Emulator per Debugger ablaufen und nachverfolgen zu müssen. Seinerzeit habe ich vieles an Basics gelernt, die mir später das Leben als IT-Autor erleichterten.
Mit dem Z80 auf Abwege geraten?
Aber 1981 wusste ich noch nichts davon, ich hätte ein glücklicher Mensch werden können, wäre heute Rentner und würde nur noch Salat pflanzen, in Pantoffeln im Wohnzimmer sitzen oder was weiß ich machen. Aber das Leben hatte einen anderen Plan für mich. Mir lief nicht nur einer der ersten IBM PC/XT-Systeme, die IBM nach Europa verschiffte, für einen Inhouse-Kunden per Schreibtisch über den Weg. Ich war gezwungen, mich mit MS-DOS und dBASE zu befassen und fand mich bald als Projektabwickler sowie kurze Zeit später zuständig für die Software-Entwicklung mehrerer Mitarbeiter wieder.
Entwickeln mit dem 8085, 8086 oder eben auch Z80 auf hardwarenaher Ebene war nicht mehr. So ab 1985 stellte ich diverse Entwicklungen aus meinem Bereich in Fachzeitschriften vor. Gab sogar ein geringes Honorar dafür und ich hatte meine ersten Veröffentlichungen. Seinerzeit hatte ich gute Kenntnisse der Befehlssätze des Intel 8080 und Zilog Z80 und wusste auch, dass es "inoffizielle" und nicht dokumentierte Befehle gab.
Eine Zeitschrift namens Markt+Technik hatte eine Rubrik für Tipps und Trick ausgelobt und so fanden sich immer wieder kleine Tipps von einem Autor Günter Born in diesem Medium. Waren so Artikel in 5 bis 10 Minuten geschrieben, und es gab entweder 50 DM Honorar oder die Möglichkeit ein Buch aus dem Markt+Technik-Verlag kostenlos zu bekommen. So geriet ein Buch zu den MS-DOS-Programmierschnittstellen in meine Finger.
Aber von einem Zilog Z80 weit und breit keine Spur. Aber in dieser Zeit kam der Sinclair ZX81-Microcomputer auf den Markt und ich beschloss, mit einen Bausatz zuzulegen, um mit dem Teil zu experimentieren. Der ZX81 hat den Zilog Z80 als Prozessor verbaut. War für mich eine Art Initialzündung, denn ich modifizierte die Hardware des Rechners so, dass ich 8 KByte RAM verfügbar hatte.
ZX81-Modifikation mit Speicheraufrüstung
Obiges Foto zeigt die wilde Konstruktion, die ich seinerzeit dafür angefertigt hatte. Die breiteren Details habe ich im Blog-Beitrag ZX81-Entwickler, Sir Clive Sinclair verstorben beschrieben. Leider hat meine Idee, diese geniale Hardware-Lösung an eine Zeitung zu verkaufen, nicht hingehauen – ich war einfach zu spät.
Mit diesem ZX81 habe ich erste Meriten im Bau eines 808x/Z80-Disassemblers und eines Monitors erworben, ehe ich später zu einem Amstrad PC 1512 mit MS-DOS und Turbo Pascal wechselte. Den Disassembler für den 808x-Befehlssatz, geschrieben in Basic, konnte ich auch nicht als Artikel losschlagen. Ergo habe ich das Ganze auf einem von der Firma geliehenen IBM PC an einem Wochenende auf Turbo Pascal umgestrickt (ich wollte Pascal lernen). Diese Lösung konnte ich dann an eine Zeitschrift verkaufen und den Betrag in Höhe von mehreren Tausend DM (samt den mickrigen Tantiemen meines ersten Buches zu Locomotive Basic auf dem Amstrad) u.a. zur Querfinanzierung des Amstrad PC 1512 samt Epson Nadeldrucker einsetzen.
In diesen Tagen wurde bei mir der Grundstein gelegt, der mich 1993 auf Abwege führte und mich bewog, fortan als Schreiberling im IT-Bereich zu werkeln. Ist nun schon 30 Jahre her – und der Zilog Z80 sowie der damalige Disassembler sind mit verantwortlich, dass ich auf die schiefe Bahn des Schreiberlings geraten bin. Aber die Zeit geht zu Ende, die 8-Bit-Version des Zilog Z80 wird nun ja nicht mehr gefertigt. Schönen Sonntag.
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Die im Artikel skizzierte "IT-Bronzezeit" habe ich nur als sehr junger Mensch und eher passiv miterlebt. Aber "Programmierung des Z80" von Rodnay Zaks (über 630 Seiten, aus dem Sybex Verlag) steht auch bei mir noch im Bücherregal. Bücher wie dieses, mit einer vergleichbaren Detailtiefe, findet man heute, wenn überhaupt, nur noch sehr selten.
> … als sehr junger Mensch … "Programmierung des Z80" von Rodnay Zaks … noch im Bücherregal <
Me too. Kurze Zeit später der erste Kuss. Zwei prägende Jugenderlebnisse.
Im Netz gibt es diverse Scans diverser Auflagen, u. a. die deutsche Ausgabe in 6. Auflage aus 1984 (1). Es handelt sich um einen durchsuchbaren OCR-Scan (2) mit klickbarem Inhaltsverzeichnis (Firefox: "Sidebar umschalten" |"Dokumentstruktur anzeigen").
Mit dem Erlöschen des Sybex Verlags ist das Werk offenbar gemeinfrei geworden. Sybex existiert nur noch als Wortmarke des Wiley Verlages.
(1) oldcomputers.dyndns.org/public/pub/manuals/zaks_programmierung_des_z80_bw.pdf
(2) adobe.com/de/acrobat/resources/document-files/pdf-types/searchable-pdf.html
Ja, der Z80 war auch der erste Prozessor, mit dem ich programmieren gelernt habe. Um präzise zu sein der U880 aus dem VEB Mikroelektronik Erfurt, der eine (illegale) 1:1-Kopie war – über die spezielle Ausprägung der undokumentierten Befehle im DD-Block konnte man sogar genau herausfinden, welche Maskenrevision damals abgeschliffen und kopiert wurde.
Zum Hersagen der Befehle im Schlaf: vor vielen Jahren gab es bei StarTrek TNG mal eine Folge mit dem Arbeitstitel "unconditional return". Der offizielle Titel war "11001001", also 0xC9. Ich vermute, nicht viele haben diesen Insider-Joke damals verstanden.
In der Reihe der 8-Bit-Prozessoren darf auch der U880 nicht vergessen werden, mit dem ich ein paar wenige Jährchen zu tun hatte. Weniger direkt programmierend, aber nutzend (und mit mindestens 2 Ebenen dazwischen auch programmierend (Basic und Pascal). Achja, damals … Wobei natürlich der U880 "nur" ein leicht modifizierter, regionaler Nachbau des Zilog war. ;-)
Federico Faggin fing übrigens Anfangs Ende der 1950er als Werksstudent bei Olivetti in Ivrea/Italien an und war an der Entwicklung des ersten Desktop-Computers der Welt (andere würden sagen, erster programmierbarer Tischrechner der Welt), der Programma 101 beteiligt, die 1965 vorgestellt wurde, und in zahlreichen Exemplaren auch von der NASA für Berechnungen im Apollo-Programm eingesetzt wurde. Später wechselte er in die USA und war der Verantwortliche des ersten kommerziellen Microprozessors überhaupt, dem Intel i4004. Auch der i8008 und der i8080 entstanden durch und mit ihm.
"die 16-Bit-Variante Z8000 (kam 1986 auf den Markt) wird weiter gebaut. "
Das ist falsch.
https://en.wikipedia.org/wiki/Zilog_Z8000
Der Z8000 wurde schon 1979 vorgestellt. Und weiter prodzuiert wird der der Z280, der aber ein Nachfahre des recht glücklosen Z8000 ist. Es gab mit dem Z8001 nur einen Computer, der nennenswerte Stückzahlen erreichte, der Olivetti M20.
In meiner Lehrzeit hatte ich es mit dem DEC Rainbow 100+ zu tun.
Das ist ein PC mit 2 Prozessoren: Z80 und 8088.
Darauf lief als Betriebssystem CP/M-86/80.
Das hatte eine Logik, die den Befehlssatz der Befehle erkennen konnte und diese dann entweder auf dem Z80 oder dem 8088 ausführte.
Wir hatten zusätzlich MS-DOS drauf und haben das System hauptsächlich dazu genutzt, Daten zwischen MS-DOS und CP/M zu konvertieren.
Der Zilog Z80 ist meines Wissens der Soundprozessor im Sega Mega Drive.
Auch ich kann mich sehr gut an die Zeit mit dem Anfang des U880 in der DDR erinnern.
Angefangen mit einem Entwurf von Gerd Maudrich mit 2kB RAM, 2kB EPROM 16-stelliger 7-Segmentanzeige, Erweiterungen für die Anzeige auf dem TV bin hin zum LLC2 des Computerclub Halle oder den AmatuerComputer AC1.
Die "Bibel" dazu war das Buch "Microprozessortechnik von Heiko Kieser und Michael Meder.
Spätestens nachdem ich das CP/M-Bios für den LLC2 in z80-Assembler geschrieben hatte konnte ich auch fast alle Befehle auswendig.
Das ist schon sooo lange her …
Auf jeden Fall hat es aber das Verständnis dafür was die Bits in einem Computer tun weiter gebracht.
Kann man seine "Vorräte" an Z80 / U880 nun bei ebay gut verkaufen :) ?