Verbraucherzentrale: Mehr als 11.000 Beschwerden gegen 1N Telecom

ParagraphDer Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat mehr als 11.000 Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen das Telekommunikationsunternehmen 1N Telecom GmbH erhalten. Das Unternehmen lockt regelmäßig Kunden der Deutsche Telekom AG in eine Vertragsfalls. Inzwischen laufen Klagen und auch die Staatsanwaltschaft untersucht.


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Worum geht es?

Ich hatte den Sachverhalt ja mehrfach hier im Blog angesprochen (siehe Links am Artikelende). Die 1N Telecom GmbH ist ein Telefon- und Internetanbieter (DSL, Glasfaser) mit Sitz in Düsseldorf, dessen Firmenname eine frappierende Ähnlichkeit mit der Deutsche Telekom AG aufweist. Für Ärger sorgt das Geschäftsmodell dieses Anbieters, denn die 1N Telecom GmbH schreibt Kunden der Deutsche Telekom an, deren Festnetznummern noch im öffentlichen Telefonbuch gelistet sind. Die Briefe sind persönlich adressiert und enthalten auch die Nummer ihres aktuellen Festnetzanschlusses.

Im Brief geht es um einen Vertragswechsel zu einem vermeintlich "günstigeren" Tarif. Viele (vor allem ältere) Kunden glauben, auf Grund der Namensähnlichkeit, dass dieser Wechsel innerhalb der Deutsche Telekom stattfindet. Der "Irrtum" löst sich auf, wenn die Opfer dann ein Willkommensschreiben der 1N Telecom mit der Info: "Wir richten den Anschluss ein" bekommen.

Ziehen die Telekom-Kunden dann die Kündigung ihres Vertragsabschlusses zurück, so dass die Portierung nicht stattfindet, schickt die 1N Telecom GmbH ein Schreiben, in dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags gefordert wird. Das Schreiben kommt i.d.R. nachdem die 14 Tage Widerrufsfrist ab Vertragsschluss abgelaufen ist. Die Schadensersatzforderung beläuft sich um die 400 Euro. Die Verbraucherzentralen warnen seit Monaten vor diesem Anbieter (siehe Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom).

Wer den Anschluss zur 1N Telecom GmbH übertragen lässt, läuft womöglich in ein gänzlich anderes Problem: Trotz Vertrag gelingt es nicht, den Telefon- und Internetanschluss einzurichten. Ich hatte hier im Blog über solche Fälle berichtet. Die 1N Telecom GmbH kassiert aber Monat für Monat, obwohl keine Leistung erbracht wird. Supportanfragen laufen ins Leere – und der Versuch, die Leitung zur Deutsche Telekom zurückportieren zu lassen, scheitern auch. Die 1N Telecom GmbH blockiert die Zurückportierung.


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Klagen und Einstweilige Verfügungen und mehr

Die Deutsche Telekom ist bereits juristisch gegen das Unternehmen vorgegangen (siehe Deutsche Telekom geht gegen 1N Telecom GmbH wegen "Werbebriefen" vor) und hat eine Unterlassung bestimmter Vorgehensweisen erreicht. Auch die Verbraucherzentrale hat ein Urteil gegen die 1N Telecom GmbH erstritten (Urteil der Verbraucherzentrale gegen 1n Telecom GmbH (Juni 2024) – Teil 2) und plant eine Sammelklage (Verbraucherzentrale sucht Betroffene für Sammelklage gegen 1n Telecom GmbH).

Das ficht die 1N Telecom GmbH offenbar nicht an, die machen einfach weiter. Die Tagesschau berichtet hier (heise hat es hier aufgegriffen), dass sich bei den Verbraucherzentralen bundesweit mehr als 11.000 Betroffene gemeldet haben. Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale in Stuttgart wird von der Tagesschau so zitiert, dass er fast täglich Kenntnis von neuen Fällen erhält. Während anfangs vor allem ältere Personen ungefragt angeschrieben wurden, die Kunden der Deutschen Telekom sind, bekämen mittlerweile sogar Minderjährige Zahlungsaufforderungen, so Buttler.

Die Bundesnetzagentur hat 2023 rund 15.000 Wechsel von Verbrauchern zur 1N Telecom GmbH vorläufig gestoppt. Das Verwaltungsgericht Köln hat diese Maßnahme für rechtens erklärt. In dem Beschluss heißt es: "Es bestehen (…) genügend Anhaltspunkte für die Annahme, dass bei der Antragstellerin [1N Telecom GmbH] organisatorische Defizite bei der Verarbeitung von Widerrufen und Anfechtungen bestanden." schreibt die Tagesschau.

Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Geschäftsgebarens der 1N Telecom GmbH. Der Behörde liegen Strafanzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet vor.

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31 Antworten zu Verbraucherzentrale: Mehr als 11.000 Beschwerden gegen 1N Telecom

  1. Luzifer sagt:

    Also mehr als 11.000 Leute die Ihre Verträge nicht lesen und 1N Telecom nicht von Deutscher Telekom unterscheiden können!

    Das unser Bildungssystem Scheiße ist wusste ich ja ;-P aber klar Nanny-Staat regelt das schon. Abo-Fallen ganz klar., Verträge die nicht erfüllt werden ganz klar.. aber Vertragskündigungen die vom Kunden initiiert wurden weil man zu bequem ist genau zu lesen was einem da vorgesetzt wird?

    Ich sollte mein Geschäftsfeld ändern, da sind eine Menge potentieller Kunden da draussen die man nur mit nem Treibnetz abschöpfen muss.

    • Dino sagt:

      Ich werde Menschen die gerichtlich festgestellte Betrügereien verteidigen nie verstehen.

      • Schnicke sagt:

        Das hat doch nichts mit Verteidigen zu tun. Dass der Laden dicht gemacht werden soll, steht außer Frage, müssen wir nicht drüber diskutieren.
        Aber erstmal bekommt man nur einen Vertrag angeboten. Bevor man den unterschreibt, sollte man ihn lesen und verstehen. Nennt sich Eigenverantwortung!
        Willst du die Menschheit wirklich davon freisprechen zu lesen und zu verstehen, was sie so unterschreibt?

        • Anonymous sagt:

          Es gibt auch Menschen die altersbedingt, von Geburt an oder durch Unfall/Krankheit etc kognitiv nicht 100% auf der Höhe sind. Aber nicht so extrem das sie betreut werden. Die sind dann also für solche Firmen Freiwild?

          • Luzifer sagt:

            und solche Leute haben keine Familie die da mal drüber schauen können oder Freunde? Meine Oma mit 92 versteht da auch nicht mehr alles, aber die fragt wenigstens. Und zwar vorher, nicht erst wenn das Kind im Brunnen liegt.

          • Schnicke sagt:

            Noch mal: Niemand verteidigt hier solche Methoden. Aber Betrüger wird es immer geben, so unfair das auch ist.
            Kognitiv beeinträchtigte Menschen sind für gewöhnlich nicht geschäftsfähig und es muss geregelt werden, dass andere ihre Geschäfte für sie erledigen. Zum Beispiel sollten kognitiv beeinträchtigte und damit nicht geschäftsfähige Menschen, nicht Inhaber eines Telefonanschlusses sein und sollten somit gar erst nicht angeschrieben werden. Das ist aber in der Verantwortung jedes einzelnen bzw. deren Angehörigen.

            Und noch mal: Betrüger wird es immer geben! Man kann sich nicht darauf ausruhen, dass das ja unfair ist, sondern man muss tätig werden und sich bzw. seine Angehörigen davor schützen! Selbst wenn den Betrügern das Handwerk gelegt wird, haben die Leute trotzdem erstmal den Schaden und Ärger. Deshalb: Eigenschutz.

            Aber ich behaupte mal, dass von diesen 11.000 Leuten die wenigsten geistig nicht auf der Höhe sind. Die meisten werden schlicht nicht nachgedacht haben.

            • User007 sagt:

              Hmm…

              "[…] sollten kognitiv beeinträchtigte und damit nicht geschäftsfähige Menschen, nicht Inhaber eines Telefonanschlusses sein […]"
              WARUM nicht – also dürfen die weder einen Telefon-/Internetanschluß benötigen noch haben dürfen?
              Nicht grad tolerante Denke, gell?!
              Was ist, wenn solche Personen völlig "alleinstehend" in der Welt sind (soll ja tatsächlich mal vorkommen können!) und aus genau solcher Einschränkung auf diese Art von Kommunikationsfähigkeit angewiesen sind?

              • Schnicke sagt:

                Himmel, denken scheint wirklich out zu sein…

                Wenn ich kognitiv derart beeinträchtigt bin, dass ich einen Vertrag nicht verstehe, bin ich nicht geschäftsfähig! Basta! Punkt! Fertig! Dafür gibt es dann einen Vormund! Das sind andere Menschen, die dann die Rechtsgeschäfte erledigen. Das ist auch nicht gemein, sondern schlicht notwendig, damit solche Leute eben genau nicht in solche Fallen tappen. Jammern und Mitleid hilft nicht! Das ist nicht zielführend!

                Verstehst du diesen Sachverhalt? Meinst du also, man sollte diese Leute lieber Verträge abschließen und dann in solche Fallen tappen lassen?

                Macht keinen Sinn, da weiter drüber zu diskutieren. Manche Leute verstehen nicht, was "Vertragsfähigkeit" bedeutet.

                • Pau1 sagt:

                  Es gibt keinen Vormund und keine Entmündigung mehr. Vor allem Versicherungs-Vertreter und Anwälte hatten das immer wieder massiv missbraucht, zu ihrem Vorteil.
                  Es gibt nur noch eine "Betreuung", der Betreute bleibt, trotz evtl. kognitiven Einschränkungen geschäftsfähig. Der berufliche Betreuer bekommt nur eine (sinkende) Pauschal (klein, dreistellig) und muss jedes Jahr einem Richter, dem Verfahrenspfleger, nachweisen, was er warum gemacht hat.

                  Anyway.
                  Es ist beängstigend, das etwas wie "Moral", "Ethik" nicht mehr für manche Geschäftsleute zu geben darf, ja das gezielte Betrugen älterer Mitbürger als deren eigene Schuld gewertet wird. Ich vermute mal, ganz böse, dass der Geschäftsführer *** GB: Aussage gelöscht, ist unbelegt und gehört nicht hier her *** hat?

                • User007 sagt:

                  "Himmel, denken scheint wirklich out zu sein…"
                  Scheint wohl mit Informationsrecherche genauso zu sein, gell?! 🤨
                  Ansonsten wäre Ihnen bekannt, dass Sie hier (leider) einem falschen Kenntnisstand unterliegen – und in Ihrer postulierten Weise ist das ein absoluter Fail. 🤷‍♂️
                  Den Rest hat Pau1 bereits zusammengefasst beschrieben.

                • Johnny sagt:

                  Alter, was geht denn hier ab? Reiß dich gefälligst am Riemen, dein Tonfall ist unter aller Kanone!!

                • Bergsteiger sagt:

                  An Herrn Born: Warum werden hier solche rassistischen Kommentare freigeschaltet: Zitat: "Ich vermute mal, ganz böse, dass der Geschäftsführer nicht unbedingt keinen Migrationshintergrund hat?" Was hat ein "Migrationshintergrund" mit straffälligen Verhalten zu tun? Das soll der werte Pau1 schlüssig erklären. Übrigens, der Geschäftsführer der 1N Telecom heißt Philipp Hoffmann, siehe https://www.1n.de/impressum Aber für Populisten ist recherchieren ja kognitiv sehr herausfordernd. Pau1 kann ja anhand des "biodeutschen" Namens gern den "Migrationshintergrund" erläutern. Vielleicht noch Augen und Haarfarbe?

      • Luzifer sagt:

        lesen verstehen… nicht deine Stärke oder?
        Ich sagte ja Abo Fallen, Nicht Erfüllen des Vertrages usw. Widerruf ignorieren, alles klare Sache, was sich 1N Telecom da leistet, ohne Frage!

        Aber wenn dir ein Vertragsangebot reinfalltert und du das einfach so annimmst ohne zu lesen, nachzudenken aus Gier weil es eben ein paar € billiger ist… dann bist du auch selbst dafür verantwortlich! Das Angebot wurde schließlich angenommen und der Vertrag unterzeichnet!
        Verträge unterzeichnet man nicht ohne sie durchzulesen! Basta! Und wenn du da dann 1N Telecom nicht von Deutsche Telekom unterscheiden kannst, ja dann brauchst du verpflichtet nen Vormund! (Vormundschaft kann im Übrigen auch zeitlich begrenzt sein)

        Aber ja zeigt sichen eben recht deutlich wir brauchen den Nanny Staat selber denken ist ausverkauft.

        • Thomas sagt:

          Es ist leider nicht so einfach. Meine Schwiegermutter, Mitte 70, hat beginnende Demenz und ist insgesamt leider geistig nicht sehr wach. Schwiegervater ist vor 5 Jahren verstorben. Schwiegermutter lebt alleine in einer Doppelhaushälfte auf einem Kuhdorf mit ca. 400 Einwohnern. Ihre Demenz reicht nicht aus, um sie zu "entmündigen" und einen Vormund zu bestellen und es ist der Restfamilie leider nicht möglich, 24/7 aufzupassen, dass sie keine windigen Verträge abschließt.
          Genau solche Menschen u.ä. sind doch die Zielgruppe.

          Also mit "wer lesen kann…" macht man sich die Sache zu einfach.

          • Schnicke sagt:

            Dann muss deine Schwiegermutter eine Vorsorgevollmacht ausstellen, in der steht, wer sie in solchen Dingen vertritt.

            Aber die wenigsten Leute, die darauf rein fallen, sind dement o.ä.. Die meisten denken einfach nicht nach.

            • Anonymous sagt:

              Vorsorgevollmacht != Unmündig

              Somit sind Verträge die Sie, ohne die Person die eine Vorsorgevollmacht hat zu informieren, abschließt gültig und bindend!

    • Varta sagt:

      Stimmt, die sollten "den Enkeltrick" auch legalisieren. Die alten Menschen könnten doch alle entsprechend frühzeitig entmündigt werden, dann kann auch nichts passieren.

      Ich weiß nicht (oder doch), was ich von Menschen halten soll, die Betrüger auch noch für ihre Taten feiern. Was ist da schief gelaufen?

  2. Frank sagt:

    Auf der einen Seite Leute, die nicht lesen können / wollen und gleichzeitig munter Verträge unterschreiben und auf der andern Seite Unternehmen, die einfach über Jahre machen können, was sie wollen. (Zumindest erst einmal über Jahre und die Strafen sind häufig auch eher was für die Portokasse.)

    So läuft das moderne Business.

    Ist ja auch nicht so, dass nur 1n auf 'fragwürdige' Weise die Leute zum Vertragsabschluss lockt. Bekannter wurde 2023 von der Telekom in einen anderen, angeblich 'besseren' Tarif gelockt. Besser für die Telekom, aber schlechter für den Kunden. Mehr Kosten, weniger Leistung und Bindung für 2 Jahre. Hat er anderen auch erst erzählt, als es zu spät war und alle Kündigung- & Widerrufsfristen längst verstrichen waren.

  3. Bernd Bachmann sagt:

    Bei allem Respekt, aber bei Telekom(!)munikationsunternehmen eine "frappierende Ähnlichkeit" zwischen "1N Telecom GmbH" und "Deutsche Telekom AG" festzustellen, braucht schon ziemlich viel Phantasie.

    Ich würde eher erwarten, auch aufgrund von Logo und Farbgebung, dass sich da eine "1&1 Telecommunication SE" auf den Schlips getreten fühlt.

    • Bernd B. II sagt:

      Das sehe ich anders. Die Namensähnlichkeit der "1N Telecom GmbH" und "Deutsche Telekom AG" im Zusammenhang mit dem Geschäftsgebaren (briefliche Anschreiben mit Bezug auf den Vertragswechsel) sind auffällig und den beschriebenen Folgen nach vermutlich Absicht. Mir fallen spontan mehrere Familienmitglieder ein, die aufgrund des Alters oder Navität den Unterschied nicht erkannt hätten. Und selbst wenn, der Artikel beschreibt betrugsverdächtige Umstände selbst bei legitimen Vertragsabschlüssen der Kunden, die absichtlich gewechselt sind – vielleicht wegen des günstigen Angebotes.
      Mich wundert, dass keine Staatsanwaltschaft hier längst Betrug unterstellt und bei einem Richter nicht die Beschlagnahme der Geschäftsbereiche beantragt hat.

      • Pau1 sagt:

        Ich würde zu gerne Mal ein Original Schreiben sehen. Das wird aber nicht veröffentlicht, sondern (auch leider hier) einfach Stereotyp behauptet, es sei zum Verwechseln ähnlich mit dem der Telekom AG.

        Das letzte "offizielle" Schreiben der Telekom AG das ich bekommen habe ist zig Jahre alt.
        Ich habe aber Mal ein Schreiben der Vodafone gesehen, mit denen Kunden unter Zeitdruck gesetzt wurden um einen Kabelvertrag zu unterschreiben.
        War in einem der bekannten Altpapier Umschläge der Ämter, per Fakilsimile mit einem scheinbar händischen Vermerk versehen und kurz vor der Urlaubszeit verschickt. Die Verbraucher Schützer müssten dem skrupellosen Tun ein Ende setzen. Wirklich schade dass das ja heute möglich ist und solche Unternehmen keinen echten Strafen inkl. Gewerbeuntersagung zu fürchten haben.

  4. Steter Tropfen sagt:

    Wenn ich die Kommentare hier lese, wundere ich mich nicht mehr, dass solche skrupellosen Gaunerfirmen vom Rechtssystem in unserem Land so liberal geduldet werden. Mein einziger Trost dabei ist, dass diejenigen, die sich derart herablassend über Leute äußern, die mit dem modernen Vertragswesen überfordert sind, in recht absehbarer Zeit selbst alt sind und den Herausforderungen der Geschäftemacher zunehmend weniger gewachsen sind. Aber sich mit Händen und Füßen gegen eine Entmündigung wehren werden.

    Man darf sich nicht daran festbeißen, dass die Opfer „Telekom" und „Telecom" nicht unterscheiden konnten. Sicher war vielen sehr wohl bewusst, dass es ein anderer, vermeintlich günstigerer Anbieter ist, zu dem sie wechseln. Aber nicht, dass nach dem Abklemmen vom bisherigen Provider nichts mehr gehen wird.
    Klar, wer gewieft ist und kaufmännische Grundkenntnisse hat, wird stutzig, wenn (wenn!) er sich auf der Seite von 1N Telecom umschaut: Im Impressum steht gleich oben „Bei Fragen zu Ihrem Vertrag kontaktieren Sie uns bitte nicht postalisch sondern über Kontakt – hier wird Ihnen am schnellsten geholfen. Ein Verzicht auf postalische Zusendungen schont zudem die Natur." Auf der Kontakt-Seite gibt es nur drei Optionen – FAQs, eine einzige Telefonnummer für alles und ein englischer Chatbot.
    Eindeutig eine Ein-Mann-Klitsche, die die verkaufte Leistung gar nicht bringen kann, dafür aber umso dreister bei Kundenakquise und Inkasso vorgeht.
    Eigentlich hätte die Staatsanwaltschaft den Laden längst zusperren müssen. Aber auch dort sitzen scheinbar zu viele überhebliche Fachleute, die über das Unglück anderer bloß den Kopf schütteln und sich mit einem „Selbst schuld" zurücklehnen.

    • Schnicke sagt:

      Es ist genau diese Einstellung, die solche Betrügereien ermöglicht! Es wird bemitleidet anstatt tätig zu werden und die Leute zu schützen, die einen Vertragabschluss geistig aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht auf die Kette bekommen. Daran ist auch nicht Abfälliges, sondern das sind Tatsachen. Wenn jemand einen niedrigen IQ hat, ist das zwar nicht schön, aber ebenso eine Tatsache. Kann derjenige ja nichts für.

      Man wird nun mal alt, daran ist ja nichts verwerflich. Und dann bekommt man es eben nicht mehr richtig hin. Ja und dann? Es wird immer Betrüger geben, die alte Menschen über den Tisch ziehen wollen. Inwiefern hilft denn da Mitleid? Es ist doch besser, man legt die Fakten auf den Tisch (ich packe das Verstehen von Verträgen nicht mehr) und schafft Abhilfe (Angehörige bitten, mal drüber zu lesen). Wenn ich irgendwelche Verträge erhalte, wo ich bestimmte Sachverhalte nicht raffe (Beamtendeutsch usw.), dann frage ich auch jetzt schon nach. Das werde ich auch im Alter tun, einfach weil es meinem Schutz dient!

      Alle anderen, die nicht richtig lesen, sorry, die sind selbst Schuld. Die Telekom hat ein wirklich einprägsames Logo, das prominent auf jedem Briefkopf steht. Da muss man auch nicht gewieft sein, um den Unterschied zu erkennen.

      Disclaimer (bitte lesen!): Dass der Saftladen keine Leistung erbringt, steht bei meinem Kommentar außen vor. Das hat ja nichts mit dem Abschluss des Vertrags zu tun.

      Da du offenbar zu denen gehörst, die meinen, alte Menschen sollten Verträge abschließen, obwohl sie die nicht mehr verstehen (jedenfalls lese ich das auch deinem Kommentar raus): Wie sieht denn dein Vorschlag aus, kognitiv beeinträchtigte Menschen vor dem Abschließen solcher Verträge zu schützen?

  5. Bernd B II. sagt:

    Der hervorragend recherchierte Artikel beschreibt die Hintergründe dieses dubiosen Unternehmens und mich wundert, dass die Justiz untätig bleibt:
    https://vinqo.de/video-die-dubiosen-geschafte-der-1n-telecom-eine-betrugsmasche

    Das Gewerberecht fordert die Zuverlässigkeit eines Firmenverantwortlichen. Ich hoffe, ein entsprechendes Prüfverfahren ist eingeleitet worden.

    Ich glaube mittlerweile, die eigentlich Betrogenen sind die Inkasso-Firmen, die vermeintliche durchsetzbare Forderungen von der Pseudo-Telecom aufgekauft haben.

    • Bernd Bachmann sagt:

      >> mich wundert, dass die Justiz untätig bleibt

      Dann hast Du den von Dir verlinkten, durchaus interessanten Artikel nicht gelesen, denn dort findet sich aus berufener anwaltlicher Feder: "Aber: eine Betrugsstrafbarkeit scheint trotz des Gefühls von Betroffenen eher fernliegend".

      • Bernd B. II sagt:

        Ob hier Betrug einschlägig ist oder nicht entscheidet nicht eine Rechtswanwaltskanzlei, sondern die zustände Justizbehörde. Derzeit ist ausschließlich der gerichtliche Beschluss im Zusammenhang mit der Klage der echten Telekom bekannt. Finale Entscheidungen hinsichtlich der Klagen der zahlreichen Betrugsopfer sind (noch) nicht getroffen worden.

        Übrigens: Die deutschen Strafverfolgungsbehörden sind nicht ausschließlich strafverfolgend tätig. Mindestens die Polizeibehörden unterliegen dem gesetzlichen Auftrag der Gefahrenabwehr. Das Vorliegen einer konkreten Gefahrenlage ist anhand der beschriebenen Aspekte sowie der diversen Anzeigen Betrugsgeschädigter offensichtlich.

        • Pau1 sagt:

          Theoretisch ja, praktisch gilt aber das Oportunitäts-Prinzip. Und da massiv Personal fehlt, eingespart wurde, der Rest massiv Überstunden vor sich herschiebt, die er niemals wird abbauen können (was auch nicht gesund ist… (das Arbeiten ohne Pausen)) bindet sich kein Polizist etwas ans Bein, wenn es nicht zwingend notwendig ist.

  6. Triceratops sagt:

    Ich sehe zwischen 1N Telecom GmbH und Deutsche Telekom AG keine große ähnlichkeit. Zumal das Logo der 1N Hellblau / Dunkelblau ist und nicht Rosa wie bei der Deutschen Telekom AG. Alleine am Firmen logo sollte man schon erkennen können, das es sich nicht um die Deutsche Telekom AG handelt. Der Firmen name "1N Telecom GmbH" ähnelt stärker der "1&1 Telecom GmbH". Zur 1N Telecom GmbH gibt es auf YouTube ein Interessantes Video.:

    https://www.youtube.com/watch?v=Zjra_cyTJDs .

    Man sollte bei solchen Schreiben auch auf das Firmenlogo achten, dann sollte jedem Schnell auffallen das es sich nicht um die Deutsche Telekom AG handelt.

    • Bernd B. II sagt:

      Was ändert das an dem in den Artikeln nachlesbaren Geschäftsgebaren, dass das Unternehmen augenscheinlich die gesetzliche Verpflichtung zur schriftlichen Mitteilung der Wiederspruchsoptionen missachtet und darüber hinaus eingehende Widersprüche und Kündigungen ignoriert?

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