Cloud-Splitter 2: Warum Unternehmen zu On-Premises zurückkehren

[English]Folgt nach dem Cloud-Hype der Katzenjammer und die Ernüchterung? Es deutet sich an, dass die Versprechen der Cloud-Anbieter bzgl. Kosten, Einfachheit, Sicherheit etc. nicht eintreffen. Und so gibt es den Trend, dass viele Unternehmen das Ruder herum reißen und wieder zu On-Premises-Ansätzen zurück kehren.


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Noch hat es den Anschein, also ob ein Großteil der Firmen und vor allem die Behörden auf dem Zug hin zur Cloud sind. Die Woche hatte ich im Blog-Beitrag Cloud-Splitter 1: Deutschland auf dem Weg in den "goldenen Microsoft-Käfig"? vor einer Abhängigkeit der deutschen Verwaltung vor einem Cloud-Anbieter gewarnt.

Nun ist mir Ende Oktober 2024 ein interessanter Bericht Storm Clouds Ahead: Missed Expectations in Cloud Computing von International Data Corporation (IDC) untergekommen, der ein neues Licht auf das Thema wirft. Die Kernaussage: Wegen enttäuschter Erwartungen beim Cloud Computing kehren Unternehmen der Cloud bereits wieder den Rücken und kehren zu On-Premises-Lösungen zurück. IDC hat das genauer analysiert.

Versprechen versus Wirklichkeit

Es ist bekannt, die Verkäufer von Cloud-Lösungen preisen dies als Allheilmittel für moderne IT-Herausforderungen an und werben mit Skalierbarkeit, Flexibilität und Kosteneinsparungen. Unternehmen, die diesen Werbeversprechen gefolgt sind, dass die Realität der Cloud-Nutzung nicht immer mit ihren Erwartungen übereinstimmt.

Es gibt wohl einen wachsenden Trend "raus aus der Public Cloud" und Rückführung der Workloads in in lokale oder private Cloud-Umgebungen (On-Premises). IDC hat dafür verschiedene Gründe ausgemacht.


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Kostenüberschreitung und nicht erfüllte Versprechen

Unternehmen stürmten in die Cloud, weil ihnen Kosteneinsparungen versprochen wurden – nur bezahlen, was man braucht und auch noch skalieren können. Viele Unternehmen stellen laut IDC jedoch fest, dass ihre Cloud-Ausgaben die ursprünglichen Schätzungen übersteigen.

In der IDC-Umfrage Cloud Pulse 4Q 2023 gab fast die Hälfte der Cloud-Nutzer im Jahr 2023 mehr als erwartet für Cloud-Leistungen aus. Und 59 % dieser Unternehmen erwarten 2024 ähnliche Überschreitungen.

Die Komplexität der Cloud-Umgebungen in Verbindung mit unvorhersehbaren externen Einflüssen, macht eine Kostenvorhersage schwierig. Faktoren wie die steigenden Kosten für Drittanbieterdienste, Energiekosten und die finanziellen Auswirkungen neuer Technologien wie GenAI tragen zu diesen Budgetüberschreitungen bei, hat IDC festgestellt.

Probleme mit Leistung und Latenzzeiten

Ein Thema ist wohl auch das Thema Leistung und Latenz. Ist die Cloud zäh, leidet das Unternehmen. Der Vorteil der Cloud-Anbieter ist zwar, dass sie meiste eine robuste Infrastruktur anbieten können. Aber nicht alle Workloads sind für die Cloud geeignet.

Leistungs- und Latenzprobleme sind laut IDC häufig zu beklagen. Das betreffe insbesondere Anwendungen, die Echtzeitverarbeitung erfordern oder strenge Leistungsanforderungen haben, zu. So kommt es beispielsweise bei technischen und KI-bezogenen Workloads in öffentlichen Cloud-Umgebungen häufig zu Leistungsengpässen, was Unternehmen dazu veranlasst, eine Rückverlagerung zu On-Premises-Lösungen in Betracht zu ziehen, heißt es.

Sicherheits- und Compliance-Bedenken

Von meiner Seite war einer der genannten Punkte für die Rückbesinnung die Sicherheits- und Compliance-Problematik. Auf Hochglanzprospekten versichern Unternehmen zwar, dass Datensicherheit und die Einhaltung von Vorschriften von entscheidender Bedeutung seien. Aber das wird oft nicht wirklich gelebt.

Aber die Bedenken, dass das mit der Cloud alles so sicher sei, haben nicht abgenommen. IDC schreibt, dass trotz der fortschrittlicher Sicherheitsmaßnahmen, die von Cloud-Anbietern angeboten werden, viele Unternehmen weiterhin besorgt über Datenschutzverletzungen und die Einhaltung von Branchenvorschriften sind. Dies gelte insbesondere für Branchen wie das Finanz- und Gesundheitswesen, in denen der Datenschutz von größter Bedeutung ist. Infolgedessen gehören Produktionsdaten und Backup-/Disaster-Recovery-Prozesse zu den am häufigsten repatriierten Elementen von Workloads.

Komplexität der Verwaltung unterschätzt

Ein Punkt, der auch angesprochen wurde, ist die Komplexität der Verwaltung. Geworben wurde von Cloud-Anbietern ja damit, dass man die Infrastruktur betreibe und der Kunde nur die Leistungen buche. Nun stellen die Firmen aber fest, dass sie Fachwissen zur Verwaltung der Cloud-Abonnements benötigen. Das ist oft ein komplexer Sachverhalt, der vom Aufwand drastisch unterschätzt wurde.

IDC schreibt, dass die Verwaltung einer Multi-Cloud- oder Hybrid-Cloud-Umgebung unglaublich komplex sein kann. Unternehmen hätten oft Probleme mit der Integration verschiedener Cloud-Dienste, der Verwaltung von Daten über mehrere Plattformen hinweg und der Gewährleistung einheitlicher Sicherheitsrichtlinien. Diese Komplexität kann die vermeintlichen Vorteile der Cloud-Einführung zunichte machen und einige Unternehmen dazu veranlassen, ihre Cloud-Strategie zu überdenken.

Zahlen sind aber noch überschaubar

Laut IDC gibt es zwar einen wachsenden Trend "weg von der Cloud, zurück zu On-Premises-Lösungen". Aber es handelt sich dabei nicht um eine Migration im großen Stil. Laut einer IDC Umfrage "Server and Storage Workloads Survey" planen nur 8-9% der Unternehmen eine vollständige Repatriierung von Workloads.

Die meisten Unternehmen verlagern bestimmte Elemente ihrer Workloads, z. B. Produktionsdaten, Sicherungsprozesse und Rechenressourcen, aus der Cloud zurück auf lokale Rechner.

Größere Unternehmen sind laut IDC bei der Rückführung von Workloads aktiver als kleinere Unternehmen. Dies liege an ihren größeren Ressourcen, größeren Workloads und komplexeren IT-Umgebungen, heißt es. Wirtschaftliche Faktoren und umfassende Workload-Strategien spielen ebenfalls eine Rolle bei den Repatriierungsaktivitäten von Großunternehmen.

Das Fazit: Die anfänglichen Versprechen des Cloud Computing haben sich für viele Unternehmen nicht vollständig erfüllt. Daher ziehen manche Anbieter die Reißleine und kehren zu lokalen Lösungen zurück. Die Kernaussage: Man muss sich genauer anschauen, was Sinn macht und wie man die Anforderungen/Erwartungen erfüllen kann. (via)

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Eine Antwort zu Cloud-Splitter 2: Warum Unternehmen zu On-Premises zurückkehren

  1. Christian Krause sagt:

    Ich sehe den großen Trend nach wie vor in Richtung Cloud.
    Das wird noch 5 – 10 Jahre vor sich hinschwelen, bevor es explodiert.

    Viele Entscheider sind auch außerordentlich naiv und lassen sich von Versprechungen und bunten Bildchen absolut blenden, ohne Dinge zu hinterfragen.

    Ich hatte da mal diesen Film gesehen: "Sliding Doors". Da sieht eine Frau im Restaurant am Tisch nebenan, wie der Mann seiner Frau Blumen mitbringt. Die sagt daraufhin: "Warum bringst du die denn mit, bist du wieder fremdgegangen?" Und schleudert ihm die Blumen um die Ohren.
    Zuhause angekommen, steht ihr Freund unerwartet mit Blumen in der Hand vor ihr und sie zählt 1 und 1 zusammen.

    Jeder Manager in einem großen Unternehmen versucht mit möglichst wenig Invest möglichst viel Kapital herauszuschlagen. Produkte noch kostengünstiger herstellen, zulasten der Qualität und die Preise bei jeder Gelegenheit anheben ("Aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen müssen auch wir…").
    Aber wenn dann der geschniegelte, technisch völlig unversierte Vertriebler der Cloudprodukte um die Ecke kommt, der offenbar genauso wenig vom Produkt versteht wie die Vertriebskollegen im eigenen Haus über technischen Background verfügen, das blaue vom Himmel versprechend, da wird nichts hinterfragt. Nicht mal in der eigenen IT nachgefragt.

    Vorzufinden in Unternehmen aller Größen ab Mittelstand. Nicht nachzuvollziehen.

    Ich arbeite für ein kleines Unternehmen, die von einem deutschen Werkzeughersteller aufgekauft wurden. Da sollte dann die IT des kleinen, aufgekauften Laden analysiert werden.
    Ich dachte, da kommen jetzt Vollprofis vom Fach, da kann ich mal schön zeigen, was wir hier so läuft.
    Hatte mich sogar darauf eingestellt, dass Sie ihren neuen "Standort" rügen, der den einen oder anderen Euro mehr hätte investieren können, da er immer eher am unteren Ende der Preisskala eingekauft hat, aber nie gescheut hat, Tipps und und Hinweise mitzunehmen und alsbald umzusetzen.
    Ende vom Lied? Am besten macht ihr alles in der Cloud. E-Mails zu MS 365. "Die machen ihren Job gut, und wenn einer das kann, dann Microsoft als großer Spieler."
    Backup sollte auch in der Cloud. Nicht überdrüssig zu erwähnen, dass das nicht zusätzlich soll, sondern dass man das lokale Backup auf externe Festplatten dann ja definitiv abschalten kann, weil es _nicht mehr benötigt wird_.

    Im Ernst?
    Bei einem Backup in der Cloud wäre ich im Fall der Fälle als zuständiger Dienstleister vermutlich der einzige, der nicht mehr an ein Backup kommt. Klar, kann mich ja am folgenden Werktag durch die Hotline eines Mittelständlers fuchsen, bis mir jemand zwei Tage später den Zugriff verschafft.

    Ich hab die Rückfrage gestellt, ob das Backup-Zeugs auch mit OpenSource Software wie Proxmox kompatibel ist, wir setzen aus Kostengründen und Überzeugung nicht auf VMware und werden das auch in Zukunft nicht tun.
    Da war erst einmal Ruhe.

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