Europas und Deutschlands fatale digitale Abhängigkeit von den USA rächt sich

Stop - PixabayEs ist eine unschöne Zustandsbeschreibung, vor der lange gewarnt wurde. Deutschland und andere europäische Staaten sind durch fehlendes Handeln in eine fatale digitale Abhängigkeit von den USA und Firmen wie Microsoft geraten. Durch die fehlende Digitalsouveränität ist Europa im Hinblick auf den Datentransfer in die USA erpressbar geworden. Mit der Wahl von Donald Trump als neuer US-Präsident dürften stürmische Zeiten auf uns zukommen.


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Warnungen vor fehlender Digitalsouveränität

Es ist zum Mäusemelken: Wenn ich hier im Blog mal recherchiere, fallen mir seit Jahren Beiträge, in denen ich die Abhängigkeit von Microsoft samt Datenschutzrisiken thematisiere. Bereits 2022 stellte die deutsche Datenschutzkonferenz fest, dass Microsoft Office 365 nicht DSGVO-konform einsetzbar sei (siehe Datenschutzkonferenz 2022: Microsoft 365 weiterhin nicht datenschutzkonform). Es wurde dann von manchen Lesern relativiert und negiert, dass es da Probleme geben könnte.

Seit Monaten wurde von der Bundesregierung versucht, die Delos-Cloud, bei der Microsoft Azure als Trojaner hereinkommt, Deutschland-weit in die Verwaltungen zu kippen (siehe IT-Planungsrat: Sondersitzung soll Weg für Delos-Cloud-Verträge frei machen). Glücklicherweise haben sich einige Bundesländer gesträubt – und Scholz dürfte bald Geschichte sein. Einige der Risiken hatte ich in den Beiträgen Enkel-fähige "Digitale Souveränität" statt Abhängigkeit von der Delos-Cloud und Cloud-Splitter 1: Deutschland auf dem Weg in den "goldenen Microsoft-Käfig"? angesprochen.

Digitale Abhängigkeit und Erpressbarkeit

Seit dem 4. November 2024 werden die Karten neu gemischt, denn die USA haben mit Donald Trump einen Mann als Präsident gewählt, der Amerika first auf die Fahnen geschrieben hat und einen Handelskonflikt mit Europa anzetteln dürfte.

Europas digitale Erpressbarkeit


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In der EU werden zur Zeit Strategie-Papiere erstellt, wie man auf Trumps "America first" reagieren könne. Aber in Bezug auf unsere digitale Souveränität sieht es düster aus – wenn in Amerika der Schalter umgelegt wird, geht in Europa digital das Licht aus. Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker hat im Tagesspiegel die unangenehmen Wahrheiten, die uns nun auf die Füße fallen, benannt.

Dennis Kipker, Forschungsdirektor am "Cyberintelligence Institute" in Frankfurt, befürchtet, so der Tagesspiegel, im Bereich Digitalisierung direkte Auswirkungen auf Deutschland. Seine Schlussfolgerung ist, dass europäische und deutsche Behörden sowie Unternehmen erpressbar geworden sind – denn alles hat auf Microsoft gesetzt.

Mangels digitaler Souveränität sei es bislang notwendig, Daten in die USA zu übermitteln. Auch wenn hierzulande davon geschwurbelt wird, dass die Daten sicher seien und der US Cloud-Act geflissentlich ignoriert wurde, an den Konsequenzen kommen wir nicht mehr vorbei.

Der neue US-Präsident könnte kraft seines Amtes von einem Tag auf den anderen das transatlantische Datenschutzabkommen aushebeln. Kipker sieht die Notwendigkeit, jetzt für Digitalsouveränität zu planen. "Das wurde zu lange aufgeschoben, und nun werden wir mit den seit Jahren erwartbaren Folgen unmittelbar konfrontiert." Wie seht ihr das Ganze? Es ist doch fatal, wie alles am Tropf von Microsoft hängt, wo zwar über deren buggy Software gejammert wird, aber sofort "das ist doch alternativlos" in den Ring geworfen wird, wenn jemand mit "Zeit, die Abhängigkeit zu beenden" komtm.

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Enkel-fähige "Digitale Souveränität" statt Abhängigkeit von der Delos-Cloud
Cloud-Splitter 1: Deutschland auf dem Weg in den "goldenen Microsoft-Käfig"?
IT-Planungsrat: Sondersitzung soll Weg für Delos-Cloud-Verträge frei machen
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23 Antworten zu Europas und Deutschlands fatale digitale Abhängigkeit von den USA rächt sich

  1. Helldunkel sagt:

    Da Trump ein Geschäftsmann ist wird er nicht einfach den Schalter umlegen.
    Eher versuchen Monär hier richtig Geld zu machen, ev. durch die Hintertür. Höhere Steuern für EU Nutzer oder Ähnliches.

    Zahlen müssen wir meist sowieso, bleibt vielen nix anderes übrig.

    Der Rest wird im politischen Sumpf ausgetragen, von dem der normale Bürger wenig mitbekommt.

    Die Zeit wird es zeigen….

    Viel gruseliger finde ich den Gedanken das Tech Milliardäre jetzt mitmischen.

    Sag nur: „Don't Look up!" [Netflix]

    Simpsons hatten schon mal recht :)

  2. janil sagt:

    Nein, Doch, Ohhhh

  3. TBR sagt:

    Das ist der Blick in eine Kristallkugel. Ich spekuliere nicht. Auch die Worte „digitale Suveränität" sind nur Schlagworte. Im Prinzip haben wir in diesem Bereich keinerlei Industrie und Kompetenz. Somit bleibt das nur ein Traum.

  4. Marcel sagt:

    Es trifft ja nicht nur die öffentliche Hand und Firmen, auch private Nutzer stecken in der Abhängigkeitsfalle. Sicherlich nicht so häufig und tief, aber sie sind auch abhängig. Und warum nur den Blick in die USA richten? Auch in die andere Richtung sollte man einen Blick werfen Richtung China.

    Ich habe es privat aufgegeben die Menschen davon zu überzeugen mit ihren persönlichen Daten und Angelegenheiten im digitalen Raum bewusster und überlegter umzugehen. Es bringt in der Regel nichts, die Menschen sind nicht bereit und ziehen den Weg der Bequemlichkeit vor. Es wird von kleinauf vorgemacht und durchgezogen -.-

    Man betrachte einfach nur das Thema "Apps". Mittlerweile sind die Smartphones zugemüllt mit Apps von Hinz und Kunz (z.B. Bonuskarten der Supermärkte – die sind wahre Datenschleudern!).

  5. Georg sagt:

    Mag sein, dass Scholz demnächst Geschichte ist. Bei "digitaler Souveränität" konnte er mit "Souveränität" nichts anfangen, aber Merz und die CxU können mit "Digital" nichts anfangen….

    Ich kann mich nicht entscheiden, wer da der Blödere ist.

  6. Luzifer sagt:

    Naja bleiben eh nur leere Worte… den Digitalkompetaenz und Souveränit sind schlicht weg nicht vorhanden, da was aufzubauen was dann auch Konkurrenzfähig und Beständig ist, würde Jahrzehnte dauern. Und MS & Co,. verfallen in dieser Zeit ja nicht in den Dornrösschenschlaf. Der Zug ist ganz einfach abgefahren.

    Jegliche Kompetenz die wir mal zumindest ansatzweise hatten wurde ja ins Ausland verschachert.

    Bestes Beipiel Solarenergie… Fraunhofer und Solarcity Freiburg waren mal welteit führend und heute? Lacht die Welt nur müde.
    Oder Konrad Zuse den Z3 1941… heute? Wenigiger als nix was da aus Deutschland kommt.

    Die Krücke SAP noch jo, nur ohne MS Windows sind die auch weg.

    Und auf welchen CPUs sollen den die "Deutsche Lösung" laufen…kommt ja auch nix aus Deutschland.
    Oder glaubt hier jemand wenn die Orange Locke den wirklich den Schalter ausknipst, das wir dann noch intel oder amd kriegen?

    • Luzifer sagt:

      /edit/
      sieht man ja an China was die noch kriegen, nur haben die das Knowhow um selbst was auf die Beine zustellen.

      Deutschlands Know How Ausverkauf fällt uns jetzt halt auf die Füße.
      Unsere Ampel überlebt ja nicht mal den Wahlsieg der orangen Locke.

      • Froschkönig sagt:

        Stimmt, während meiner Studienzeit hatte ich genügend chinesische Komolitonen, die sitzen dort jetzt mit dem Knowhow unserer Unis an den richtigen Hebeln.

    • michael sagt:

      In 40 Jahren IT der BRD kam immerhin die Fritzbox heraus. Gut – andere landeten da schon auf dem Mond (ja – ging auch nur mit dem Nazi-Braun und 135 seiner Raketenforscher) oder hatten Raketen die wieder landen konnten. Zumindest kannst Du ab dem 1.1. dein Geschlecht ändern. Man muß Prioritäten setzen.

  7. michael sagt:

    Im Worst Case schaltet MS/USA/CIA über ihre Aktivierungs-Server oder dem Updatedienst alle Windows wie Serversysteme aus bzw. zerstört diese irreversibel. Wenn die schon Azure/Office362/Teams abschalten, wären wohl 50% der Unternehmen nicht mehr arbeitsfähig. Oder die bösen Chinesen etc. aktivieren den Killswitch durch einen 0815-Azure-General-Schlüssel :-)

    • Wissi sagt:

      Die Aktivierungsserver sind irrelevant. Kann man selbst machen und freischalten. Zwar nicht legal aber wenn die abschalten, ist es für mich legitim.

    • Tomas Jakobs sagt:

      ich hoffe auf diesen Tag… mein heißer Tipp: Die Aktivierungs-Server werden mal gehackt und weltweit schreien plötzlich alle Systeme, die online sind, Sorry wir sind nicht lizenziert. Keine Anmeldung mehr möglich.

      • Froschkönig sagt:

        Da hat man immer noch 180 Tage Vorlaufzeit, um sich eine neue Strategie zu überlegen. Das schlimmste dürfte solange der schwarze Desktophintergrund sein. Ein "Plan B" ist sicher schnell zumindestens grob skiziert. Dann haben die Linux-Freunde hier und anderswo endlich mal die Chance, ihre Kompetenz zu zeigen.

        Problematisch ist allerdings, dass das globale DNS-System auch von der USA gesteuert wird (Root-Server dort) und das selbst Linus Torvald in den USA lebt.

        Wohl dem, der noch eine Schreibmaschine im Keller stehen hat und vorsorglich bei Ikea ein paar Bleistifte eingesteckt hat.

        • Tomas Jakobs sagt:

          Nicht ganz, Terminalserver hören z.B. sofort auf zu arbeiten bzw. akzeptieren keine neuen Verbindungen mehr wenn der Lizenzdienst nicht erreichbar ist oder keine freien Lizenzen mehr meldet. Deswegen halte ich diese grundsätzlich offline ;-)

  8. John Doe sagt:

    Man muss sich bewusst sein, sollten wir uns je ernsthaft mit den USA in die Haare kriegen…. und das geht ja bekanntlich schneller als man denkt… brauchen die keinen einzigen Solldaten um uns komplett Handlungsunfähig zu machen….. ein paar Klicks reichen….

  9. JG sagt:

    "Mit der Wahl von Donald Trump als neuer US-Präsident dürften stürmische Zeiten auf uns zukommen."

    Ich sehe da keinen großen Unterschied. Trump ist nur direkter und brüllt alles in die Medien heraus. Die Biden-Regierung hat es auf eine andere Art gemacht (Hintergrund). Die USA dulden kein Nein. Die wollen überall mitspielen und wenn es die USA nicht gäbe, dann würde ein anderes Land deren Rolle einnehmen.

    • Bernd Bachmann sagt:

      Ganz genau.

      Trump hat den großen Vorteil, dass er berechenbar ist und man weiß, woran man mit ihm ist. Biden und Obama haben genauso knallhart die Interessen der USA vertreten; sie haben es nur in schönere Worte gekleidet.

      Ist ja auch legitim; der amerikanische Präsident wird schließlich vom amerikanischen Volk genau dafür gewählt. Und nicht, um die Welt zu retten.

      Es wäre nur schön, wenn das auch unsere Politiker (und unsere Medien) endlich mal begriffen.

  10. Werner sagt:

    Nach dem, was ich in diversen Publikationen so lese, will Trump ja alle Präsidentialverfügungen von Biden zurückziehen.

    Zieht er das so pauschal durch, ist da auch die Verfügung Bidens über die digitale Spionage dabei, die Grundlage des neuen Angemessenheitsbeschlusses der EU-Kommission ist.

    Fällt diese Verfügung, fällt damit meiner Meinung nach auch der Angemessenheitsbeschluss mangels Grundlage. Dann ist der Datentransfer zu US-Firmen wieder ohne Feigenblatt, hinter dem man sich juristisch verstecken kann, definitiv illegal.

    Ich würde das sehr begrüßen, da dann die ganzen Entscheider, die bis jetzt auf Datenschutz geschixxxx haben, mal nen richtigen Denkzettel bekommen und ihre Arbeit machen müssen.

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