Neue Entwicklung in Sachen 1N Telecom GmbH, die ja versucht, mit für mich unlauteren Methoden, Leute in Deutschland mit Vertragswechseln als "Kunden" zu gewinnen, es aber auf "Schadensersatz"-Zahlungen anlegt und mutmaßlich auch mit fingierten Vertragswechseln arbeitet. Ein Gericht in Leipzig hat jetzt auf Antrag der Verbraucherzentralen ein Urteil gegen die 1N Telecom GmbH gefällt. Die Richter halten Verträge mit der 1N Telecom für ungültig.
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Kurzer Rückblick auf die Angelegenheit
Die 1N Telecom GmbH ist ein Telefon- und Internetanbieter (DSL, Glasfaser) mit Sitz in Düsseldorf. Das Unternehmen fällt seit ca. zwei Jahren dadurch auf, dass es unaufmerksame Mitmenschen versucht, ungewollt in einen Vertrag für Telefon und Internetzugang zu locken. Dabei spielt auch eine gewisse Namensähnlichkeit mit der Deutsche Telekom eine Rolle.
Wechselt das Opfer nicht mit Telefon- und Internetanschluss zur 1N Telecom GmbH, gibt es eine Schadensersatzrechnung von über 400 Euro. Opfer, die ihre Anschlüsse zur 1N Telecom GmbH portieren lassen, stehen vor technischen Problemen, dass die gebuchten Dienste nicht genutzt werden. Oft müssen andere Router gekauft und Dienstleister mit der kniffeligen Einrichtung beauftragt werden.
Die Verbraucherzentralen bekamen in den letzten Jahren zahlreiche Beschwerden von Verbrauchern und Verbraucherinnen, die der 1N Telecom GmbH auf den Leim gegangen sind. Inzwischen werden sogar Fälle berichtet, wo Leute niemals einen Vertrag mit der 1N Telecom GmbH eingegangen sind, aber trotzdem Schadensersatzforderungen erhalten (siehe Verbraucherzentrale warnt von 1N Telecom-Mahnschreiben (Nov. 2024)).
Ich hatte diese Entwicklung in mehreren Blog-Beiträgen (siehe Links am Artikelende) nachgezeichnet. Inzwischen warnen diverse Verbraucherzentralen vor den Geschäftspraktiken der 1N Telecom GmbH und haben auch Klagen gegen diese Firma eingereicht. Aktuell sucht die Verbraucherzentrale noch Betroffene für eine Sammelklage.
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Die letzte Entwicklung hatte ich im Blog-Beitrag Neues von 1N Telecom: Firmensitz verlagert? Inkasso-Firma ausgestiegen? aufgezeichnet. So wurde im November 2024 der Firmensitz der 1N Telecom GmbH in Düsseldorf verlagert. Einschreiben an die alte und neue Adresse kommen wohl an die Absender zurück.
Und die bisherige Inkasso-Firma hat wohl das Handtuch geworfen und treibt angebliche Forderungen der 1N Telecom GmbH nicht mehr ein. Im Internet habe ich zudem die Information gefunden, dass mehrere Betroffene Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen den Geschäftsführer der 1N Telecom GmbH wegen Betrug gestellt haben.
Urteil gegen 1N Telecom GmbH
Zum 4. Dezember 2024 hat die Verbraucherzentrale Sachsen in dieser Pressemitteilung bekannt gegeben, dass es ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Leipzig (Aktenzeichen 109 C 1409/24) in der Angelegenheit gebe.
Der Verbraucherzentrale Sachsen hat nun ein aktuelles Urteil gegen die 1N Telecom GmbH vor dem Amtsgericht Leipzig erstritten (Aktenzeichen 109 C 1409/24). Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass durch die Postwurfsendungen der 1N Telecom GmbH im April 2023 eine Vertragsbeziehung zur Deutschen Telekom vorgetäuscht wurde.
Die Presseinformation der Verbraucherzentrale Sachsen ist sehr kurz und Beate Landgraf, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen, erklärt nur: "Das Urteil bestätigt unsere Auffassung, dass hier kein Vertrag mit 1N Telekom zustande gekommen ist. Die Urteilsbegründung ist sehr deutlich.", geht aber nicht auf die Urteilsbegründung ein.
Das Urteil samt Begründung habe ich im Internet nicht gefunden, vielleicht ist es noch nicht veröffentlicht und es wurde nur ein Urteil in der mündlichen Verhandlung verkündet. Golem und andere Medien haben das Ganze, wie in diesem Artikel, auch nur sehr kurz aufgegriffen.
Es geht hier also um einen speziellen Vorfall, eine Postwurfsendung von April 2023. Ergänzung: Die Redaktion von heise hat das Urteil wohl vorliegen, wie sie hier schreibt. Die 1N Telecom GmbH hat wohl gegen eine "betagte" Verbraucherin, unter anderem auf Vertragserfüllung und Tarifzahlung, geklagt. Doch der Betroffenen sei "offenbar unter Vortäuschung einer Vertragsbeziehung der Klägerin" zur Deutschen Telekom ein "unbrauchbarer und überflüssiger zweiter Festnetzvertrag untergeschoben" worden, geht wohl aus dem ergangenen Urteil hervor.
Die Seniorin habe ihren alten Vertrag behalten wollen, zitiert heise aus der Urteilsbegründung. Laut Richter sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte "einen weiteren Festnetzvertrag abschließen und bezahlen wollte". Ein Schadenersatzanspruch wegen der nicht portierten Rufnummer scheidet laut Amtsgericht Leipzig schon deshalb aus, weil die Seniorin den Akten zufolge keinen Vertragswillen zum Ausdruck gebracht
Interessant ist, dass die Zivilabteilung I des Amtsgerichts Leipzig mit dem obigen Beschluss einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom Februar 2024 aufgehoben und die Klage von 1N Telecom abgewiesen hat. Die Kosten des Rechtsstreits muss die 1N Telecom GmbH tragen. Eine Berufung haben die Leipziger Richter nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung habe und es keiner potenziellen Fortbildung des Rechts bedürfe.
Die 1N Telecom GmbH ist seit der im Urteil erwähnten Aktion aus Frühjahr 2023 weiterhin, bis jetzt, aktiv. Manche Adressen wurden sogar von Gewinnspielteilnehmern abgezweigt und dann in "Forderungen für einen Vertragsbruch" umgewandelt (Verbraucherzentrale warnt von 1N Telecom-Mahnschreiben (Nov. 2024). Beispiele finden sich in der Facebook-Gruppe 1N telecom Abzocke!.
Die Anwältin der Verbraucherzentrale Sachsen sagt zum Sachverhalt: "Leider hört die 1N Telecom trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und diverser Klageverfahren nicht auf, Verbraucher*innen immer wieder mit Postwurfsendungen zu überziehen". Viele Betroffene scheuen den Klageweg und zahlen lieber. Das Urteil sei nun ein weiteres Argument keine Zahlung an 1N Telecom zu leisten.
Die Anwältin weist in diesem Zusammenhang auf die Sammelklage vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hin. Bleibt spannend, wie die Geschichte weiter geht und wann die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den Geschäftsführer der 1N Telecom einleitet. Informationen, die hinter den Kulissen gehandelt werden, deuten auf Vorsatz und Betrugsabsicht hin.
Ich habe mal eine Überschlagsrechnung angestellt – bei ca. 15.000 Anträgen mit Wechsel des Anschlusses zur 1N Telecom GmbH und einem geforderten "Schadensersatz" von 419 Euro kommt ich auf eine Summe von 6,285 Millionen Euro. Selbst wenn nur 50 % der Betroffenen zahlen würden und auch Inkasso-Unternehmen ihre Abzüge geltend machen, bleibt für die Nutznießer der 1N Telecom GmbH einiges übrig. Sofern es zu einer Verurteilung wegen (mutmaßlich besonders schweren) Betrugs kommen sollte, sind die erwartbaren Strafen überschaubar (siehe).
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Hi…
So schön liberale Gesetze auch sind, aber hier sieht man ebenso eindeutig, wie lahmarschig und ineffizient unser Rechtssystem in solchen Fällen agiert bis es endlich mal 'ne verbriefte Rechtshandhabe gibt, die aber auch immer erst nach entstandenem Schaden und letztlich doch einen nicht genügend effektiven Schutz von insbes. Privatverbrauchern darstellt, weil man ja zu Ungunsten des narrativ beförderten Wirtschaftskosmos keinerlei einschränkende Prävention riskieren mag – das sind ja (fast) alles immer Endlosszenarien!
Das Anschreiben per Brief ist afaik nicht verboten, im Gegensatz zur E-Mail- oder Telefon-Kaltaquise (bin aber kein Jurist).
Und die Daten der Betroffenen stehen im Telefonbuch, sind also öffentlich bekannt.
Dass 1N-Telecom diverse dubiose Dinge tut, ist hinreichend beschrieben, das will ich nicht schönreden (z. B. Geld für nicht funktionierende Anschlüsse kassieren).
Aber dass man plötzlich die blaue 1N Telecom mit der magenta Deutsche Telekom oder Telekom Deutschland verwechselt, obwohl mir kein medialer Aufschrei z. B. wegen der blau-gelben 1&1 Telecom bekannt ist, die ja nun auch schon seit Jahren am Markt ist, will sich mir einfach nicht erschließen.
Also, wenn das wirklich zum Verwechseln ist, dann müsste mal alle "Telecoms" verklagen.
Es gibt Regeln zum Schutz Minderjähriger (Geschäftsfähigkeit), aber wenn der mündige Bürger schon auf solch offenbare Unterschiede hereinfällt, obwohl so viel vor Enkeltrick, Phishing etc. pp. gewarnt wird, also man eigentlich etwas Aufmerksamkeit an den Tag legen könnte, dann fällt mir gerade nichts Schlaues mehr ein, außer Darwin'sche Auslese vielleicht.
Es ist ein Brief, den man in Ruhe lesen oder jemandem zeigen kann, wenn man Fragen hat, kein Telefonat, wo man zugequatscht wird und vielleicht nicht gleich alles versteht (selbst erlebt).
Fun-Fact
Ich (viele Jahrzehnte alt) wurde jetzt tatsächlich bei einem Ehrenamt *offiziell* darüber belehrt, dass ich vor dem Überqueren der Straße nach rechts und links schauen muss.
Lernt man das heute nicht mehr in der Grundschule von der Verkehrspolizei? Von den Erwachsenen aka Eltern kann man das ja anscheinend nicht mehr erwarten …
Mein Kind ist zwischen 1 und 2 Jahre alt und schaut schon nach links und rechts.
Der weiß auch, wenn die Ampel rot ist, muss er anhalten.
Er ist leider weitaus weiter, als so manch Erwachsener.
Von wem stehen denn die Daten noch im Telefonbuch?
Schon mal ein aktuelles Telefonbuch gesehen?
Das z.B. von Großstädten ist heute so dick wie vor 30 Jahren eins von einem größeren Dorf.
Heutzutage lassen die meisten Leute ihre Nummer doch gar nicht mehr da eintragen und wenn, dann meist nur mit Namen, d.h. ohne Adresse.
Deswegen bekomme ich keine Post von 1N Telecom ;-)
Vorgetäuscht, dass sie die "Deutsche Telekom AG" sind, haben die Briefe der "1N Telecom GmbH" definitiv nicht.
Betrüger sind sie ganz offensichtlich, keine Leistung erbringen und auf Schadensersatz bei Stornierung klagen ist mindestens Grauzone, wenn nicht eindeutig Betrug.
Denen gehört ein Riegel vorgeschoben, doch auch die Leute, egal ob jung oder alt, müssen einfach lernen, die Briefe die sie bekommen, besser zu lesen.
Bekannte, Freunde, Familie fragen oder wenn man nichts bestellt hat, im Zweifel den Brief in den Müll und abwarten.
"Das Amtsgericht Leipzig habe festgestellt, dass der DSL-Anbieter durch Postwurfsendungen eine Vertragsbeziehung zur Deutschen Telekom vorgetäuscht habe."
Klar wär super wenn alle immer 100% Aufmerksam sind, dennoch wünsche ich mir Schutz vor Betrug und nicht schutz der Betrüger.
> Sofern es zu einer Verurteilung wegen (mutmaßlich besonders schweren) Betrugs kommen sollte, sind die erwartbaren Strafen überschaubar (siehe).
Im verlinkten Beitrag steht:
"In besonders schweren Fällen des Betrugs beträgt das Strafmaß sechs Monate bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe, eine Geldstrafe ist nicht mehr vorgesehen. Auch der versuchte Betrug ist strafbar.
…
Bei Beträgen von über 10.000 € Schaden wird die Staatsanwaltschaft in der Regel mindestens eine Freiheitsstrafe mit Bewährung fordern. "
Also ab 10.000€ ist eine Freiheitsstrafe mit Bewährung drin und diese könnte auch maximal 10 Jahre betragen.
Bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe klingt für mich, dann nicht mehr so überschaubar.
Hmm…
Und in wie vielen solcher Fälle wird das maximale Strafmaß erreicht bzw. überhaupt beantragt?
Die "Überschaubarkeit" ist allein durch die nicht vorhandene Präventivwirkung vorhanden und dient sogar gegenteilig eher noch als "Geschäftsmodell" motivierend für Nachahmer.