Ich hole mal wieder ein Thema hervor, welches ich bereits Ende Januar 2025 hier im Blog angesprochen hatte, was aber Mitte Februar 2025 in den Medien Wellen schlug. Es geht um angebliche Deutschland-Tickets, die von vom Shop D-Ticket bezogen wurden. Seinerzeit hatte ich vor der Betrugsmasche gewarnt – nun scheinen die Ticket-Käufer als Schwarzfahrer aufzufliegen.
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Alte Warnung von D-Ticket
Das Deutschland-Ticket ermöglicht ja Bahnfahrten in bestimmten Zügen in ganz Deutschland zu einem monatlichen Pauschalpreis. Das Ticket kann auf der Internetseite der Deutsche Bahn gekauft werden.
Allerdings lockt das Deutschland-Ticket auch Betrüger auf den Plan, und Leute werden auf Fake-Shops zum Ticket-Kauf gelockt. Im Blog-Beitrag Betrugsmasche mit Deutschland-Ticket sowie Google Pay und Lastschrift per Paypal hatte ich Ende Januar 2025 berichtet, dass Betrugsseiten (siehe folgenden Screenshot) Nutzer über Google-Anzeigen auf Seiten mit URLs wie d-ticket[.]sum, d-ticket[.]com, de-ticket[.]co, de-ticket[.]com locken.
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Dort werden den Opfern gefälschte Deutschland-Tickets angedreht. Ich habe von 1 Millionen Betrugsfälle beim Deutschland-Ticket gelesen (hier gibt es u.a. einen Artikel zum Thema).
Plötzlich Schwarzfahrer mit dem d-ticket-Fahrschein
"Wer günstig kauft, kauft zwei Mal" ging mir durch den Kopf, als ich zum 13. Februar 2025 auf den Artikel Unzählige Deutschlandtickets auf einmal ungültig bei Golem stieß. Ist natürlich eine lustige Überschrift – aber Fake Deutschland-Tickets sind nicht "auf einmal ungültig", sondern waren noch nie gültig.
Die Botschaft, die der Golem-Artikel transportiert: Ein "Fahrkartenshop" habe Deutschland-Tickets zu speziellen Konditionen angeboten. Das sei einige Zeit gutgegangen. Aber nun werden die Käufer dieser Fake-Tickets bei Kontrollen "ohne gültigen Fahrschein" eingestuft und mit Strafen für Schwarzfahren belegt.
Analyse von heise
Ich habe es nicht weiter verfolgt und analysiert. Aber die Redaktion von heise ist im Beitrag Deutschlandticket: Fahrkartenshop fliegt auf, Kunden werden zu Schwarzfahrern der Frage nachgegangen, wie es sein kann, dass ein mysteriöser Online-Shop Deutschland-Tickets verkaufen kann, die sogar noch digital signiert sind.
Mit ein wenig Nachdenken hätte man wohl darauf kommen können, dass da irgend etwas nicht sauber ist. Der Anbieter D-Ticket scheint als Geheimtipp gehandelt worden zu sein, da es das Angebot gab, dass man Deutschland-Tickets für den laufenden Monat vergünstigt erwerben könne. Die bereits abgelaufene Zeit des jeweiligen Monats wird anteilig vom Kaufpreis abgezogen. Das offizielle Angebot der DB sieht das Ticket nur im Abo für 58 Euro pro Kalendermonat vor – auch wenn man dies im Monat oder gar zum Monatsende kauft.
Liest man den heise-Beitrag, wird klar, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fake-Shop ist, der (imho wegen fehlender Lizenz) niemals gültige Tickets verkaufen konnte. Das ganze Firmenkonstrukt des Shops deutet auf Betrugsabsicht hin (Firmenadressen im Ausland etc.). Auf dieser Seite werden dann auch Shops mit einer .su-URL als Fake-Shops angegeben.
heise konnte ein solches D-Ticket Deutschland-Ticket auswerten. Die Tickets sind digital signiert und heise beschreibt, wie man diese analysieren könne. Die Analyse von heise ergab, dass die Signatur offenbar mit einem Schlüssel der Vetter GmbH Omnibus- und Mietwagenbetrieb aus der Lutherstadt Wittenberg erstellt wurde. Das ist zwar ein legitimer Anbieter von Deutschland-Tickets. Vertriebspartner ist aber das Münchener Unternehmen MoPla Solutions GmbH (und nicht D-Ticket). Vetter hat nun den Schlüssel seit kurzem für ungültig erklärt, so dass die betreffenden Tickets bei Kontrollen auffliegen.
Sturm bei Trust-Pilot-Bewertungen
Auf Trust-Pilot gibt es zahlreiche Bewertungen zum Deutschland-Ticket, bei denen Opfer dieser Fake-Tickets vom Leder ziehen. Einige Leute wurden richtig abgezockt – ein Opfer schrieb:
Ich habe auf dieser Seite ein Ticket gekauft und nach ein paar Tagen gemerkt, dass es ungültig wurde. Außerdem habe ich gesehen, dass 21,43 Euro (extra und außer 58 euro als Deutschland Ticket kosten) ohne meine Erlaubnis von meinem Konto abgebucht wurden, angeblich von der Firma Codecamp Digital. Als ich Codecamp kontaktiert habe, sagten sie mir, dass kein Geld auf ihr Konto eingegangen sei.
Nach weiterer Recherche habe ich herausgefunden, dass die Kontonummer von der Seite d-ticket.su die gleiche wie die von Codecamp ist, und es sieht so aus, als ob das Geld ohne meine Zustimmung von meinem Konto abgebucht wurde.
Ich habe die nötigen Beweise und habe die entsprechenden Behörden informiert, damit sie den Fall weiter untersuchen. Ich rate jedem, vorsichtig zu sein und seine Bankdaten nicht einfach auf dieser Seite zu hinterlassen. Kontrolliert regelmäßig eure Konten und handelt schnell, wenn es Probleme gibt.
Betroffenen kann man nur eine Anzeige bei der Polizei empfehlen und die Strafe für Schwarzfahren auf das "Konto Lehrgeld zahlen" zu verbuchen. Auf Trust Pilot stellet nachfolgender Ausriss den oben beschriebenen Sachverhalt ebenfalls klar.
Die Aussichten, dass dies der letzte Betrugsfall in diesem Bereich war, sind eher schlecht. Der digital Naive wird beim nächsten Shop, der ein Schnäppchen verspricht, wieder zuschlagen. Und der normale Nutzer kann die technische Analyse von heise auch niemals leisten. Er muss darauf vertrauen, dass ein Kauf bei der DB korrekt abgewickelt wird und er sein elektronisches Deutschland-Ticket bei einer Kontrolle auch auf dem Mobilgerät vorweisen kann. Klappt das nicht, wird er ebenfalls als Schwarzfahrer zur Kasse gebeten.
Die "Verlockungen" der Digitalisierung
Ganz dunkel erinnere ich mich, dass man früher nur eine Fahrkarte am DB-Schalter in Bahnhöfen kaufen brauchte und diese dann bei der Kontrolle durch den Schaffner "knipsen" ließ. Solange man die Fahrkarte nicht verlor, war das alles kein Problem. Gut, ist old school, braucht keiner mehr, machen wir nicht mehr.
Aber nun machen wir auf digital – und bei meinen äußerst seltenen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehe ich ständig "die Pferde vor der Apotheke kotzen". Fahrkarten in öffentlichen Bussen kannst Du keine mehr kaufen (Fahrer verweigern die Herausgabe) – es heißt dann zum Fahrkartenautomaten am nächsten Bahnhof pilgern und hoffen, dass dieser funktioniert, dein Geld annimmt und eine Fahrkarte ausspuckt.
Abenteuer digitaler Fahrschein
Na gut, man kann Fahrkarten auch digital am Smartphone erwerben. Dazu reicht in meinem Umfeld die RMV-App der Rhein-Main-Verkehrsbetriebe. Als nicht digital Nativer stehen mir die Haare zu Berge, was in der App fabriziert wurde. Ich müsste zur Registrierung mein Geburtsdatum über Scroll-Felder am Smartphone eingeben (scrolle mal von 2025 zu den 50er Jahren des letzten Jahrtausends).
Meine Frau wollte es wissen (Mann ist dämlich und ungeduldig) und hat es nach einer längeren Zeit wirklich geschafft, in der Android-App auf ihr Geburtsdatum zu scrollen. Der Triump-Schrei versandete, als sie dann bei der nächsten Angabe (ich meine, es war die Kontonummer) am Eingabeformular scheiterte und nicht mehr weiter kam.
Wegen solcher Tücken haben weder meine Frau noch ich die Registrierung in der App bis heute nicht geschafft. Ich kann mir aber zumindest (ohne Registrierung) elektronische Tickets über Paypal kaufen (IBAN-Lastschrift klappt nur bei Registrierung und war lange wegen Betrugsversuchen gesperrt). Aber dann gibt es so Feinheiten, dass die Ticket-QR-Code-Seite erst am Tag der Gültigkeit auf dem Smartphone abrufbar ist. Als mir das zum ersten Mal passierte, stand ich wie der Ochs vorm Berg, weil ich nicht kontrollieren konnte, ob das Ticket für eine Fahrt am Folgetag korrekt ausgestellt worden ist.
An solchen Tagen stelle ich mir echt die Frage "Wer hat so was verbrochen?" und "Wer hat das abgenommen?" bzw. frage mich, "Wer solche Digitalisierung macht?". Irgendwie habe ich das Gefühl, da ist Hopfen und Malz verloren – überall wird ohne Sinn und Verstand nur vor sich hin gewurstelt. Es kann ja nicht so schwierig sein, eine Digital-App zu gestalten, die Nutzereingaben direkt annimmt und ggf. auf eine Webseite mit Benutzerregistrierung mappt.
Es gibt auch coole Funktionen
Wenn ich sehe, wie ausgebufft die Fahrplanauskunft des RMV in der App und auf der Webseite ist, da hat jemand schon Wissen einfließen lassen. Obwohl es auch dort "Klöpse" gibt – planst Du ohne Wissen und Nachdenken, wird dir auch schon mal ein Fahrplan ausgeworfen, wo die "Fahrt zum Preis X Euro" in einen Fußweg von mehreren Kilometern (ohne jeglichen Bus-Transfer) ausartet, weil zu dieser Zeit keine Buslinie die Fahrtstrecke bedient.
Das kann man dann durch Einstellen der Optionen für Wegstrecken zu Fuß verhindern, wie ich bei Versuchen dann herausgefunden habe. Ich glaube, wir können keine Digitalisierung. Ob man das durch KI kompensieren kann? Ich hege berechtigte Zweifel und befürchte, dass wir uns noch weiter in ein Schlamassel manövrieren. Aber ich bin old school und eh zu kritisch – sagt meine Frau.
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Hi…
Da ich in letzter Zeit wieder öfter mit der Bahn unterwegs bin, weiß ich aus der Anfangszeit noch ohne DB Navigator-App, dass es auch die Möglichkeit gibt die Online-Tickets sich per E-Mail zusenden zu lassen und ganz konventionell auszudrucken – da ist dann der QR-Code auch gleich mit drauf und man hat oldschool "was in der Hand". 😉
Und die erst zu bestimmten Terminen erfolgende "Scharfstellung" ist durchaus eine durchdachte Funktionalität, um den Nutzer vor Fehlermöglichkeiten zu bewahren – zumindest nehme ich das so wahr.
Hatte ich die Tage erst mit einer gebuchten Probe BahnCard, die wg. anstehender Reise erst zum morgigen…äh, heutigen Datum ihre Gültigkeit erhalten soll.
Vllt. sollte man eben doch nicht immer nur im subjektiven Rahmen seines persönlichen Nutzungsszenarios auf Mängelsuche gehen – viele Funktionen sind schon sinnvoll und zielorientiert entwickelt, ergeben sich allerdings auch erst bei der richtigen Nutzung.
Da ist dann leider oftmals der ungeduldig bequeme Anwender die Störquelle. 🤷♂️
Hätte die Bahn das Deutschland-Ticket (so wie das 9-Euro Ticket) einfach an allen Fahrkartenautomaten und Fahrkartenschaltern ohne Abo-Zwang angeboten und ansonsten statt über alle möglichen Verkehrsverbände mit jeweils Kostenoverhead dort nur zentral über die DB mit täglicher Gültigkeit ab Kauf und nicht nur ab Monatsbeginn, dann hätten die Leute keine "alternativen" Anbeiter für ihre echten Bedürfnisse gesucht. Aber nein, es sollten alle in digitale Abos für persönliche Mobilität mit Abhängigkeit von Accounts und Apps gezwängt werden, das war der Hauptgrund für das Ausrollen.