Pleite eines lokalen Cloud-Providers bereitet britischer Regierung IT-Probleme

Eigentlich sollte sich Europa ja bezüglich Cloud-Anbietern von den globalen US-Cloud-Anbietern lösen und lokale Cloud-Angebote nutzen. Die britische Regierung sieht sich jetzt aber mit IT-Problemen konfrontiert, da der Zusammenbruch eines lokalen Cloud-Anbieters zu Problemen bei der Geschäftskontinuität führte.


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The Register hat das Ganze in diesem Artikel öffentlich gemacht. Im Oktober 2022 wurden UKCloud und deren Muttergesellschaft Virtual Infrastructure Group zwangsliquidiert. Das bedeutete das Ende des angeschlagenen Unternehmens. So weit so normal – nicht schön, kommt aber immer wieder vor.

Das Problem: Als britischer IT-Anbieter für den öffentlichen Sektor zählte UKCloud die britische Regierung und lokale Regierungen, die Polizei in Großbritannien, das Verteidigungsministerium, den NHS, Genomics England, die Universität von Manchester und andere zu seinen Kunden.

Vor einigen Tagen gab es eine Anhörung durch das Public Accounts Committee (PAC), welches eine Untersuchung der Beziehungen der Regierung zu Anbietern digitaler Technologie durchführt. Konkret ging es um einen "lokalen Anbieter, der Pleite gegangen ist".

Andrew Forzani, Chief Commercial Officer im Cabinet Office, musste daher vor Abgeordneten des Committees (PAC) Rede und Antwort stehen. Forzani war zuletzt als Generaldirektor für kommerzielle Angelegenheiten und Chief Commercial Officer im Verteidigungsministerium tätig.


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Hintergrund ist, dass UKCloud in den Jahren 2014 und 2016 einen Vertrag mit dem  britische Verteidigungsministerium unterzeichnete. Und dieser Vertrag soll im Oktober 2022, kurz vor seiner Liquidation, verlängert worden sein. Durch die Liquidation gerieten die Kunden von UKCloud bezüglich ihrer Cloud-Dienste dann in arge Probleme.

The Register schreibt, dass Forzani auf Fragen zum Zustand des Cloud-Marktes in Großbritannien dem PAC sagte, er würde die Beziehung der Regierung zum Cloud-Markt nicht als "ungesund" bezeichnen. Aber die Dominanz der führenden Anbieter wie AWS, Microsoft Azure und Google bedeute, dass die Auswahl lokaler Cloud-Anbieter in Großbritannien begrenzt sei.

Die Strategie der britischen Regierung war, mehr Wettbewerb im Vereinigten Königreich zu erreichen. Ein Teil der britischen Regierung versuchte mit einer Strategie, lokale Cloud-Anbieter zu buchen, sich von den marktbeherrschenden US-Anbietern zu lösen. Nun gab es zwar Verträge mit einem lokalen Cloud-Anbieter. Aber der ging dann 2022 in Konkurs, was einige echte Herausforderungen und Probleme mit der Geschäftskontinuität bereitete.

Die IT-Verantwortlichen haben sich auf dem Markt umgesehen und versucht, Alternativen zu finden. Aber die Dominanz der führenden US-Anbieter sei jetzt so groß, dass es nur noch eine begrenzte Auswahl gab, führte Forzani aus. Durch die Liquidation von UKCloud hat man 20,86 Millionen Euro als Schaden (Aufwand für die Liquidation) verbuchen müssen. Dumm gelaufen – ob aber eine Azure Cloud mittelfristig günstiger gewesen wäre, steht in den Sternen – und es hätte auch Abhängigkeiten gegeben.


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10 Antworten zu Pleite eines lokalen Cloud-Providers bereitet britischer Regierung IT-Probleme

  1. Anonym sagt:

    Die Dominanz ist jetzt so gross, weil einsame Warner übergangen und teils sogar verlacht wurden, als sie diese praktisch alternativlos werdenden Abhängigkeiten vor Jahren prognostiziert haben. Aber Respekt vor den Briten, sie haben wenigstens versucht, nicht tatenlos mit dem Strom zu schwimmen.

  2. Charlie sagt:

    Wenn der Staat so extrem von den lokalen Anbietern abhängig ist, wieso wird so eine Firma dann vor der Liquidation nicht verstaatlicht?

  3. Daniel sagt:

    Man müsste eben wieder auf staatliche Rechenzentren setzen. Mit der entsprechendenden Rechtsform kann so ein Rechenzentrum dann nicht insolvent werden. Hier in Deutschland ist das dann eben eine Anstalt öffentlichen Rechts oder ähnliches. Man kann die wichtigen Dinge der öffentlichen Hand eben nicht privatisieren wie man jetzt immer öfter merkt.

    • Fabien sagt:

      Ich arbeite in Deutschland im Privatsektor und betreue Teile des Landes in der IT. Nur der Privatsektor ist flexibel genug, mit gut ausgebildeten Arbeitern ausgestattet und weniger belastet von Bürokratie. Wenn die Regierung das auch noch übernimmt, kommt nichts mehr voran in der Digitalisierung. Es müssten die erforderlichen Rahmen bei Ausschreibungen vorgegeben werden, damit eine Infrastruktur unabhängig von SaaS und teilweise PaaS Lösungen ist, denn die bedeuten immer einen Vendor Lock. Das würde jedoch zu erhöhten Kosten führen, da alles selbst gebaut und dringend mittels IaC automatisiert werden muss. Abgerundet mit einem vollständig automatisierten Sicherungs- und Wiederherstellungskonzept kann sehr viel schneller zu einem anderen Hoster gewechselt werden, welcher einfach nur VMs anbietet. Und um jegliche Paranoia entgegen zu wirken, könnte eine Infrastruktur sogar über mehrere Hoster gezogen werden, da sollte dann aber auch irgendwann Wirtschaftlichkeit eine Rolle spielen, nicht alle Systeme müssen rund um die Uhr laufen. Der ganze Aufbau muss kritisch betrachtet werden und auf Unabhängigkeit hin konstruiert werden! Die Administration von Teilen der Software sollte jedoch dringend in öffentlicher Hand bleiben, dabei würde ich zustimmen.

  4. Haroun sagt:

    Die Engländer haben es zumindest versucht.
    Aber generell- nur ahnungslose sind immer überrascht.

    • R.S. sagt:

      Naja, so etwas gabs schon vor Urzeiten.
      In meiner Geburtsstadt gab es schon in den 1980ern ein kommunales Rechenzentrum.
      Und auch Vorläufer von Cloud gab es schon damals.
      In dem Rechenzentrum, in dem ich damals arbeitete, hatten wir diverse Kunden, die direkt auf unsere Großrechner per VT100/VT200-Terminal zugreifen konnten.
      Die Verbindung erfolgte entweder per Akustikkoppler oder per Standleitung.
      Die komplette Datenverarbeitung inkl. Datenspeicherung fand auf unseren Großrechnern statt.
      Die Terminals waren eigentlich nur Bildschirme mit Tastatur. Autark arbeiten konnte man damit nicht.

      Und kommunale Rechenzentrn gibt es auch heute noch reichlich in Deutschland.
      Ein Beispiel ist die hier im Blog schon häufiger thematisierte Südwestfalen-IT.
      Die ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts.
      Und wenn die unter Landesaufsicht steht und Landesgesetze das bestimmen, kann die nicht in Insolvenz gehen.

      • Anonym sagt:

        Dann müssten diese Rechenzentren nur noch ohne Microsoft, Oracle, amazon, Apple und Google auskommen, dann würde ein Schuh draus.

        • R.S. sagt:

          Dann nenne doch einmal für diverse Fachanwendungen Alternativen.
          Office ist keine Fachanwendung!
          Außer SAP fällt mir gerade kein großer Sofwareanbieter ein, der nicht aus den USA kommt.
          Und wo gibt es denn eine Suchmaschine, die nicht den Index von Bing oder Google nutzt.
          Alle alternativen Suchmaschinen nutzen nämlich den Index dieser beiden.

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