Status zum Start der elektronischen Patientenakte (ePA) am 29.4.2025

Gesundheit (Pexels, frei verwendbar)Am morgigen Dienstag, den 29. April 2025 ist es so weit, der bundesweite Hochlauf der elektronischen Patientenakte (ePA) beginnt. Kann der geneigte Besitzer einer eGK mit ePA nun beim Arzt die Patientenakte befüllen lassen? Sind die Verheißungen der Protagonisten eingetroffen und ist die ePA sicher? Oder gehst Du zum Arzt und stellst fest: Geht alles nicht? Zeit für eine kurze Bestandsaufnahme.


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Seit 20 Jahren auf dem Weg zur ePA

Die Ideen zur elektronischen Patientenakte reichen 20 Jahre zurück, und sSeit 2021 könnten gesetzlich Versicherte in Deutschland eine elektronische Patientenakte (ePA) nutzen. Das passierte auf freiwilliger und kostenloser Basis – ein Antrag an die eigene Krankenkasse reichte. Als "Innovation im Gesundheitswesen" gepriesen – und bei fehlender ePA auf den Behandlungskollaps zusteuernd – zeigten 99 % der Versicherten der ePA die "kalte Schulter". Das Ding überzeugte die Leute nicht, nur 1 % der gesetzlich Versicherten beantragte die ePA.

Dann bekam das Ding einen anderen Namen, nämlich ePA 3.0, und Prof. Karl Lauterbach, noch Gesundheitsminister, führte in den letzten Jahren dann die gesetzlichen Grundlagen für die "zwangsweise" Einführung der neuen elektronischen Patientenakte (ePA 3.0) auf Opt-out-Basis ein. Sprich: Alle ca. 79 Millionen gesetzlich Krankenversicherten bekamen die ePA 3.0 eingerichtet, wenn sie nicht aktiv widersprochen haben (Opt-out). Ärzte, Therapeuten und Apotheker sowie Gesundheitseinrichtungen müssen die elektronischen Patientenakte (ePA 3.0) unterstützen oder werden finanziell sanktioniert.

Prof. Karl Lauterbach wurde nicht müde, die Vorzüge des geplanten Vorhabens zu loben. Er schwärmt von "besserer Patientenversorgung, entfallenden Doppeluntersuchungen und dem größten Gesundheitsdatenschatz der Welt, an dem sogar schon Google, Meta und andere US-Tech-Giganten Interesse bekundet hätten" (siehe Elektronische Patientenakte (ePA): Hebt Lauterbach mit Meta, OpenAI und Google den "Datenschatz"). Also beste Voraussetzungen, dass das Projekt ein Erfolg wird.

Kraftvoller Zeitplan bis zur Voll-ePA 3.0

Zur Erinnerung für Leser, die das Projekt nicht so im Detail verfolgen: Die Einführung der elektronischen Patientenakte für gesetzlich Krankenversicherte, kommt in Stufen.


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  • Seit dem 15. Januar 2025 läuft die Pilotphase in Deutschland mit 300 Praxen in bestimmten Modellregionen (Hamburg mit Umland, in Franken und in Teilen von Nordrhein-Westfalen), und von den Krankenkassen wurden die Aktensysteme für die ePA 3.0 für die gesetzlich Versicherten, die keinen Widerspruch eingelegt haben, angelegt.
  • Zum 29. April 2025 startet der bundesweite, flächendeckende Hochlauf der ePA 3.0 auf freiwilliger Basis (siehe und hier), sprich theoretisch kann jeder mit seiner Gesundheitskarte (eGK) beim Arzt auftauchen und seine elektronische Patientenakte führen lassen. Dieser Start war eigentlich bereits zum 15. Februar 2025 geplant, musste aber wegen zahlreicher Probleme verschoben werden. Auch zum 29. April gibt es keine Verpflichtung, dass der Arzt die ePA 3.0 unterstützt – und viele Praxen werden das auch nicht können, weil die Praxisverwaltungssysteme das noch nicht beherrschen.
  • Spätestens ab dem 1. Oktober 2025 ist die ePA entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und Verpflichtungen bundesweit durch die Leistungserbringenden (Ärzte, Therapeuten) zu nutzen.

Ab dem 1.1.2026 soll die verpflichtende Unterstützung der ePA 3.0 dann sanktionsbewehrt werden, d.h. Leistungserbringende, die das nicht unterstützen, werden finanziell abgestraft. Seit April 2025 häuften sich dann auch die "Erfolgsmeldungen" aus dem Gesundheitsministerium. Auch die Zahl der Widersprüche gegen die ePA 3.0 ist verschwindend gering – irgendwo zwischen 5 und 7 Prozent, je nach Kasse. Spiegel Online hat kürzlich eine Übersicht vorgelegt  – erwartet wurden ursprünglich 20 %. Also optimale Bedingungen auf dem Weg zur ePA 3.0?

Es rumpelt auf dem Weg zur ePA 3.0

Seit dem 15. Januar 2025 läuft auch die Pilotphase in Deutschland, genau, wie seit langem geplant. Bereits vor dem Testbetrieb zeigten sich fundamentale Schwachstellen des ePA 3.0-Konzepts und in den 300 Pilot-Praxen in den Testregionen lief nicht alles rund.

Auch vier Wochen nach dem Start des Pilotbetriebs stellte sich heraus, dass die Hälfte der Praxen in den Testregionen, die mitmachen wollten, nicht die dafür nötige Praxisverwaltungs-Software besaßen. Die Hersteller haben das nicht vollumfänglich hinbekommen (siehe KBV Ärztepräsident Gassen: "Elektronische Patientenakte verzögert sich"). Die vom CCC angesprochenen Sicherheitslücken waren ebenfalls noch nicht geschlossen (die Testpraxen waren handverlesen und explizit für ePA 3.0-Zugriffe freigeschaltet).

Meinen Informationen nach gab es erhebliche Probleme in der Pilotphase – heise hatte zum 1. April 2025 diesen Artikel mit Informationen, wo es hakt, veröffentlicht. Ich hatte in zahlreichen Blog-Beiträgen die Entwicklungen zur Einführung von ePA 3.0 nachgezeichnet (siehe Links am Artikelende). Probleme gibt es weiterhin in der flächendeckenden Unterstützung der ePA durch die Praxisverwaltungssoftware, die in großen Teilen noch nicht gegeben ist. Hinzu kommen wohl technische Störungen der gematik Infrastruktur, die bereits in der Testphase mit wenigen Teilnehmern auffielen (siehe auch meinen Beitrag Apothekenumschau: Insights zum ePA 3.0-Testlauf – es hakt weiterhin). Den letzten technischen Statusbericht zur Software habe ich zum 25.4.2025 in diesem Beitrag von heise gelesen. Die Anbieter von Praxis-Software feiern sich in Bezug auf ePA 3.0 mit "alles fertig". Aber ich bin mir sicher: Mit dem bundesweiten Rollout werden wir einiges an zusätzlichen Meldungen vernehmen.

Zum Problem wird in meinen Augen auch, dass die ePA 3.0 erst einmal in arg abgespeckter Fassung kommt. Hier im Blog hieß es von Kommentatoren, dass der Notfalldaten für den Notarzt "Leben retten werde". Dumm nur, dass Notfallsanitäter und -ärzte keinen ePA 3.0-Zugriff haben. Aktuell lassen sich in der ePA 3.0 zwar ein Notfalldatensatz und PDFs mit Befunden speichern. Aber das Ganze ist ein "Datengrab" – kaum jemand wird das ansehen (und Notfallmediziner haben m.W. keinen Zugriff). Selbst Funktionen wie der elektronische Medikamentationsplan sind auf 2026 verschoben (siehe Elektronischen Patientenakte (ePA) kommt erst im April; und weitere News).

Kritik kommt auch vom VdK, der die elektronische Patientenakte als nicht barrierefrei wahrnimmt (heise hatte kürzlich diesen Artikel dazu veröffentlicht). Ärzte forderten zudem ein ePA-Opt-in-Verfahren für Kinder – auch dies hat heise hier aufgegriffen – der Artikel des Ärztenachrichtendiensts ist nicht frei abrufbar.

Rheinland-Pfalz hat eine "besondere Idee" in Form des Projekts "ePA-Coaches". Für 250.000 Euro sollten Digital-Botschafter Menschen bei der Elektronischen Patientenakte helfen, wie man u.a. beim SWR nachlesen kann. Es gibt eine App, wo der nicht so digital-affine Versicherte einen solchen Helfer anhand seiner Postleitzahl ermitteln kann. Wird schon klappen, die Leute haben zwar kein Smartphone, aber Hauptsache es gibt eine App.

Ich warte in den kommenden Wochen dann gespannt auf die diversen Meldungen, wo es bei der ePA 3.0 in der Praxis hakt. Und wie es mit der Sicherheit ausschaut, ist auch umstritten. Das BSI hält die ePA für sicher (siehe), Kritiker sehen das deutlich anders (siehe u.a. auch diesen Beitrag). Je mehr Daten gesammelt werden und je mehr Stellen Zugriff darauf haben, umso höher ist das Risiko für Datenmissbrauch. Immerhin gibt es IT-Sicherheitsrichtlinien für Vertragsärzte, wie ich hier gelesen habe.

In den USA musste das in Kalifornien angesiedelte Unternehmen Blue Shield gerade eingestehen, mal eben 4,7 Millionen Versichertendaten "mit Google geteilt zu haben" (siehe diesen Artikel). Und mir ist kürzlich ein Claroty-Report untergekommen, dass neun von 10  Einrichtungen im Gesundheitswesen in Sachen Cybersicherheit höchst gefährdet sind.

Was finanziell in der ePA 3.0-Vorbereitung versenkt wurde, ist aktuell unbekannt. Aber zum Argument "Digitalisierung soll Geld sparen" hatte heise im April 2025 diesen Beitrag mit einigen "nicht so verheißungsvollen Aussagen" veröffentlicht.

An dieser Stelle drücke ich mal die Daumen, dass die ePA 3.0 ein Erfolg wird und die Erwartungen erfüllt. Ich hege allerdings meine Zweifel, dass das alles so kommt, wie prognostiziert.

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6 Antworten zu Status zum Start der elektronischen Patientenakte (ePA) am 29.4.2025

  1. Mika sagt:

    "[…] Kurz vor dem bundesweiten Start der elektronischen Patientenakte (ePA) werfen Patientenschützer dem Bundesgesundheitsminister eine Irreführung der Öffentlichkeit vor. Anders als bislang vermittelt, hätten Versicherte keine Möglichkeit, einzelne Dokumente nur bestimmten Ärzten, Therapeuten oder Apotheken zur Verfügung zu stellen.

    "So kann auch ein Orthopäde sehen, dass der Patient in jahrelanger psychotherapeutischer Behandlung ist, selbst wenn der Patient diese Information nur für neurologische Fachärzte zur Verfügung stellen will", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Nachrichtenagentur KNA. "Wird diese Information aber für den Orthopäden gesperrt, wird sie für alle Ärzte gesperrt. Will der Versicherte jedoch den Orthopäden von einem bestimmten Dokument ausschließen, bleibt nur die Möglichkeit, diesem Facharzt den kompletten Zugriff zu verweigern". […]"

    Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/elektronische-patientenakte-epa-pantientenschuetzer-kritik-100.html

    • Anonym sagt:

      Nicht wundern, das war doch in den Hinterzimmern mutmasslich genau so gedacht, die Daten sollen gar nicht wirklich einschränkbar sein, man will sie ja gewinnbringend vermarkten können…

  2. Norddeutsch sagt:

    Neueste Kritik zur EPA: Patientenschützer bemängeln die fehlende Funktionalität selektiver Dokumenten-Freigabe (so wie eigentlich versprochen). Tagesschau berichtet hier. Aus IT-Sicht wohl defizitäre Modellierung oder fehlende USE-cases. Das DB Schema, ERM und Queries würden mich wirklich interessieren. Select * from einmal Alles…

    Das merken die Anwender und Bürger nie – in Monaten der Test- und Jahren der Entwicklungsphase… nie !

    • Luzifer sagt:

      wie auch? du wirts ja nicht informiert wer da alles drauf zugreift… wenn du es merkst, dann erst wenn deine Daten frei im Netz kursieren.
      Tja aber wayne? Jeder bekommt das was er verdient…

      Ist doch geil 67Mio. wo man mal eben schauen kann wer sein Würstchen in das verseuchte Döschen getunkt hat ;-P
      Da winkt doch die fette Kohle … du willst doch nicht das deine Frau/Mann/Kinder Chef erfährt, das…

  3. janil sagt:

    Du zweifelst nicht alleine.

  4. aus dem Rhein-Main Gebiet sagt:

    Habe grade in Focus Online folgenden Artikel gesehen:
    https://www.focus.de/finanzen/news/digitalisierung-probleme-bei-der-elektronischen-patientenakte-teilen-von-daten-ist-schwierig_a186591c-9757-429d-99d5-b0b25935a894.html

    So toll wie der Gesundheitsminister versprochen hat, wird es wohl doch nicht.

    — zitat
    Kein gezieltes Teilen der Daten in der ePA
    Viele Versicherte dürften über diese Wendung verärgert sein. Hatte Lauterbach nicht selbst über sein Ministerium mitteilen lassen, dass die volle Souveränität über die Patientendaten bei den Patienten liege? „Versicherte können über die ePA-App entscheiden", heißt es noch heute auf der Website des Ministeriums, „wer auf welche Daten in der ePA zugreifen darf". Mit der Wahlfreiheit ist es aber nicht mehr weit her, wenn einzelne Befunde oder Therapiepläne tatsächlich nur noch für alle anderen sichtbar gemacht oder verborgen werden können. Wer nicht will, dass sein Apotheker weiß, dass er regelmäßig zum Psychotherapeuten geht, muss den Eintrag automatisch auch für den Internisten, den Hausarzt oder den Kardiologen sperren. Datensouveränität ist etwas anderes.
    — Zitatende

    Also wurde wieder mal von Anfang an gelogen. Stellt sich jetzt die Frage, ob man mit einer Petition evtl. das Ganze noch verhindern kann?

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