Windows 10: Neues zur Barrierefreiheit

In den kommenden Versionen von Windows 10 plant Microsoft auch einige Änderungen im Bereich Erleichterte Bedienung (Barrierefreiheit). Das hat das Unternehmen kürzlich in einem Blog-Beitrag angekündigt.


Anzeige

Microsofts Ankündigung

Der betreffenden Blog-Beitrag lässt sich hier abrufen. Die ersten Veränderungen sollen mit Windows 10 Version 1803 Einzug halten. Microsoft hat beispielsweise die Einstellseite für Nutzer mit Sehbeeinträchtigungen überarbeitet.

Erleichterte Bedienung

Der Screenreader (Narrator, Vorlesefunktion) erhält ebenfalls einige Neuerungen und Stabilitätsverbesserungen. Das Gleiche gilt für die von Windows 10 bereits unterstützte Funktion zur Augensteuerung. Martin Geuß hat hier noch ein paar Worte mehr in Deutsch verfasst.

Warum ich mich mit dem Thema schwer tue

Ich habe das Thema zur Information im Blog eingestellt, warm werde ich damit aber nicht. Speziell, da ich nicht erkennen kann, wie die obigen Schlenker das Leben der Leute wirklich erleichtern soll. Mit dem Thema Barrierefreiheit tue ich mich eh generell schwer und im Besonderen in Kombination mit Windows 10. Das kann und will ich auch begründen.


Anzeige

Erstens: Ich hatte es an anderer Stelle schon mal angerissen – wenn es wirklich um assistive Technologien geht (Stichwort: Augen- oder Lippensteuerung, Einhand-Tastaturen etc.), sind die betreffenden Peripheriegeräte Spezialanfertigungen.

Ich hatte zu Vista-Zeiten mal ein Buch 'Computer trotz Handycap' zum Thema und habe im Vorfeld sehr viel in der Szene der Anbieter recherchiert. Damals konnte ich hautnah miterleben, welche Problem alleine die Umstellung von Windows XP auf Windows Vista und später Windows 7 verursachte. Eine Person, die auf assistive Technologien angewiesen ist, muss sich diese meist über die Träger sozialer Belange (Krankenkasse, Rentenversicherungsträger, Sozialamt) finanzieren lassen. Da werden Bewilligungen oft nur über Jahre ausgesprochen.

Die halbjährlichen Windows 10 Zwangs-Upgrades sind da ein No-Go und lassen die Leute im ungünstigsten Fall mit einem funktionsunfähigen System zurück.

Zweitens: Es gab mal von Microsoft einen Ansatz, Leute in Konzepte zur Entwicklung von assistiven Technologien einzubinden. Ich hatte geplant, da entsprechenden Input aus dem obigen Projekt einzuspeisen. Nach wenigen Tagen habe ich aber die Reißleine gezogen und mich verabschiedet. Für den Kindergarten, den ich dort erlebt habe, war mir die Zeit zu schade – und assistive Technologien sind eh nur ein Anhängsel von Windows 10, mit dem man sich ggf. schmückt, auf die man aber in der Entwicklungsstrategie von Windows 10 keine Rücksicht nimmt.

Dritten: Leider musste ich nach meinem schweren Sportunfall im März 2015 mit inkompletter Querschnittssymptomatik hautnah erleben, was es heißt, auf assistive Technologien angewiesen zu sein. Keine Chance, das über einige Zeit zu erlernen, ich hätte es von jetzt auf gleich gebraucht. Welchen Frust ein Android-OnScreen-Keyboard auslösen kann, wenn Du deine Finger nicht wirklich bewegen kannst, habe ich hier grob skizziert. Es gab Tage, da habe ich an 20 Zeichen zwei Stunden getippt, und ein falscher Fingerdruck, schon alles war weg.

Als ich vier Wochen quasi schlaflos (wg. Cortison) im Bett lag, hab ich drei Nächte gebraucht, um einen Satz der Art 'spielt mir Steppenwolfs Born to be wild' am Smartphone einzutippen und abschließend per E-Mail ans Nachtstudio zu senden. In der dritten Nacht hat es dann endlich hingehauen. Gut, ich hatte eh nichts zu tun – aber da ist mir bewusst geworden, wie wir, deren Gliedmaßen und Sinne halbwegs funktionieren, so überhaupt nicht nachvollziehen können, wie schwer es für Menschen ist, die an Beeinträchtigungen leiden und wie 'grob geschnitzt' die heutigen assistiven Technologien im Grunde sind. Alleine das Abschalten der Autokorrektur durch einen Wisch am Android-Display hätte mir das Leben erleichtert. Ich wusste, dass es da was gab – hatte aber keine Chance, mich durch die Menüs zu hangeln, um das eventuell zu deaktivieren. Das ist die reale Welt.

Damit soll es gut sein – jeder Fortschritt in Sachen Erleichterte Bedienung ist natürlich eine große Hilfe für Betroffene. Hoffen wir, dass Microsoft das bei Windows 10 nicht gleich wieder bestmöglich kaputt macht.


Anzeige

Dieser Beitrag wurde unter Windows 10 abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Windows 10: Neues zur Barrierefreiheit

  1. Martin Feuerstein sagt:

    Barrierefreiheit bedeutet für mich z. B. auch, dass ich das Betriebssystem ohne Maus (ggf. blind) bedienen kann. Da ist in Windows 10 eine massive Verschlechterung gegenüber Windows 7 (selbst ggü. 8.1, und das war schon nicht gut in dem Punkt) eingetreten.

    Als Beispiel: Im Startmenü muss zunächst mehrmals "Tab" betätigt werden, um auch nur mit den Cursortasten die Abmelden- oder Herunterfahrenschaltfläche betätigen zu können. Unter Windows 7 oder mit ClassicShell (leider abgekündigt) muss man zum Herunterfahren lediglich Win – Links – Enter betätigen.

    • Günter Born sagt:

      Martin, ich gebe dir Recht. Ich habe noch einen kleinen Nachtrag mit persönlichen Eindrücken im obigen Text angeflickt. Generell tut ich mich mit 'Windows 10' in Kombination mit dem Wort 'Barrierefreiheit' sehr schwer. Merkt man dem obigen Text auch an – ich wollte das Thema nicht unter den Tisch fallen lassen, aber es hat sich alles in mir gesträubt, da einen längeren Text 'wie toll das ist' zu verfassen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hinweis: Bitte beachtet die Regeln zum Kommentieren im Blog (Erstkommentare und Verlinktes landet in der Moderation, gebe ich alle paar Stunden frei, SEO-Posts/SPAM lösche ich rigoros). Kommentare abseits des Themas bitte unter Diskussion.

Du findest den Blog gut, hast aber Werbung geblockt? Du kannst diesen Blog auch durch eine Spende unterstützen.