42 Jahre Chaos Computer Club (12. September 2023)

Am heutigen 12. September kann der Chaos Computer Club (CCC) auf sein 42 jähriges Bestehen zurück blicken. So nach dem Motto: "Jeder anständige Deutsche braucht einen Verein", ist auch der genau in dieser Aufstellung organisiert. "Der Chaos Computer Club ist ein deutscher Verein, in dem sich Hacker zusammengeschlossen haben. Der Verein hat sich zu einer maßgebenden Nichtregierungsorganisation in allen Fragen der Computersicherheit entwickelt.", sagt die Wikipedia. Mittlerweile gibt es auch Ableger in Österreich oder der Schweiz – und 42 Jahre ist eine Menge Holz. Wäre alles an mir vorbei gegangen, wenn mich nicht ein Leser darauf aufmerksam gemacht hätte. Aber zurück zu den Anfängen.


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Meine kleine Welt im September 1981

Leute, erinnert sich noch wer an den 12. September 1981 und was er da gemacht hat? Für meine Wenigkeit, soviel kann ich noch rekonstruieren, war wohl "ganz tief in die Feinheiten der Mikroprozessor-System-Programmierung auf Assembler-/Maschinensprache-Ebene beim neuen Arbeitgeber eintauchen". Damals hatte ich den ersten Job als junger Ingenieur im Flugzeugbau aufgegeben, um mich einer Tätigkeit zu widmen, die mich brennend interessiert hat. Nannte sich irgendwie Programmieren von Computern, hatte ich im Studium als Steckenpferd und im Flugzeugbau als Nebenjob praktiziert, aber ich wollte mehr, viel mehr. Eine große Chemiefirma suchte einen Entwicklungsingenieur für einen Bereich, in dem Sonderlösungen für die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik mit Mikroprozessoren erstellt wurden. War ein absoluter "deep dive" für mich, "angesagte Prozessoren" waren in meiner Umgebung damals der Intel 8080/8085, und irgendwo hatte ich noch mitbekommen, dass der Zilog Z80 und der MOS Technology 6502 sowie der Motorola 6800 (und später der 68000) in irgendwelchen Mikro-Computern verbaut wurden.

Frisch im neuen Job hatte ich da wenig Blick für den Rest der Welt, alles auf meinem Schreibtisch und an den Intel MDS II-Rechnern mit ISIS II-Betriebssystem (MDS ist das Kürzel für Microcomputer Development System, und ISIS II war eine Art CP/M-Betriebssystem-Verschnitt) samt In-Circuit-Debugger (ICE) drehte sich um Maschinencode-Befehle, CPU-Register, Ansteuerung von Bausteinen wie Interrupt-Controllern und Taktgebern. War wahnsinnig spannend und hat im Grunde die Basic gelegt, von denen ich heute noch als Blogger profitiere – wenn auch das damalige Wissen längst überholt und weg ist.

Ach ja, irgendwo in unserer Abteilung war jemand, der so ein komisches Ding namens Akustikkoppler hatte. Da konnte man einen Telefonhörer drauf packen und wenn die Gegenstelle auch so ein Teil hatte, ließen sich Daten über die Telefonleitung zu einem anderen Rechner übermitteln. Gehört hatte man auch, dass Typen, die man Hacker nannte, irgendwie so ins Telefon pfeifen konnten, dass kostenlose Telefongespräche möglich wurden – war aber nur in Amerika und geglaubt hab ich das nicht. Also, kurzum war meine Welt in dieser Zeit arg fokussiert auf die neue Arbeit und ich bekam von Hackern oder weiteren Entwicklungen da draußen in der Welt die ersten Monate wenig mit.

Leute mit Langeweile oder Weitblick …

Aber es gab Leute, die da einfach anders sozialisiert und weiter waren als meine Wenigkeit. Unter anderem der bereits 2001 verstorbene Wau Holland und Steffen Wernéry, die sich als Computer-Aktivisten sahen. Es wird gemunkelt, dass den Jungs langweilig war und weil jeder anständige Mensch in Deutschland einem Verein angehören sollte, die bei den Kaninchenzüchtern in Berlin aber nix mit Computern am Hut hatten, musste eine Lösung her. Die Zwei gründeten halt ihren eigenen Verein – streng mit Satzung, Vereinsvorsitzendem und so weiter, samt Eintrag als e.V. ins Vereinsregister. Ok, ok, ist schamlos gelogen, immer diese falschen Gerüchte.


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Der Chaos Computer Club wurde am 12. September 1981 in West-Berlin gegründet. So ganz standesgemäß in den Redaktionsräumen der taz (Wau Holland war Journalist), wobei man am Tisch der Kommune I zusammen hockte. Mir persönlich war der CCC mehr als in Hamburg sitzend verortet – was auch letztendlich stimmte, weil die Gründer sich meist dort aufhielten. Der Club erhielt 1984 erstmals Öffentlichkeit durch den BTX-Hack, wo erstmals die Ausnutzung einer Sicherheitslücke demonstriert wurde. Konkret hatten die Hacker die BTX-Zugangscodes der Hamburger Sparkasse (Haspa) durch eine Sicherheitslücke herausbekommen und waren in der Lage eine kostenpflichtige BTX-Seite des CCC solange aufzurufen, bis der Betrag von knapp 135.000 DM aufgelaufen war. Schlug damals Wellen, hatte ich mitbekommen, und ja, das Geld wurde der Haspa später erstattet – es ging ja darum zu demonstrieren, dass das absolut sichere BTX-System ausgetrickst werden konnte.

Die Vereinspostille "Die Datenschleuder" ist an mir vorbei gegangen, genau wie das vom CCC entwickelte, aber von der Deutschen Bundespost nicht zugelassene, Modem mit dem Namen Datenklo. So zum e.V. geriet der CCC übrigens erst 14. April 1986, wobei die Gemeinnützigkeit versagt blieb. Habe ich aber auch nur an Hand der Wikipedia nachvollziehen können.

Aber in den Folgejahren bis heute hat sich der Chaos Computer Club zu einer festen Größe in der IT-Branche entwickelt, dessen Mitglieder immer wieder für spektakuläre Aktionen gut sind. Ich habe mal kurz im Blog nach Details gesucht. 2020 gab es den Beitrag Der CCC und der Hack der digitalen "Corona-Listen"; 2022 hieß es Chaos Computer Club ersteigert Biometrie-Geräte des US-Militärs mit Biometrischer Datenbank aus Afghanistan, um eing im gleichen Jahr um Video-Ident durch Chaos Computer Club "sturmreif geschossen"  und um TI-Konnectoren im Gesundheitswesen – der "400 Millionen Euro"-Hack des Chaos Computer Clubs. Alles Beiträge, die zeigen, wie wichtig die Arbeit der Mitglieder des CCC im Grunde ist, um auf Missstände und Schwachstellen hinzuweisen.

Bei Interesse, hier noch ein Fundstück: ARD-Beitrag: Geschichte des Chaos Computer Clubs – und an dieser Stelle Gratulation an den CCC und dessen Mitglieder – 42 Jahre an diesem Thema dran zu bleiben, ist in der kurzlebigen IT-Welt schon eine starke Hausnummer. Nun denn, auf die kommenden 42 Jahre – auch wenn ich die als Beobachter nicht mehr erleben werde.


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14 Antworten zu 42 Jahre Chaos Computer Club (12. September 2023)

  1. 1ST1 sagt:

    "Leute, erinnert sich noch wer an den 12. September 1981 und was er da gemacht hat?"

    Das war ein Samstag. Also, größte Wahrscheinlichkeiten: entweder Fußball spielen, Radfahren, Rollschuh fahren, Lego/Fischertechnik bauen, Revell-Bausatz zusammenkleben, Modellbahn, GAMA- oder Carrera-Rennbahn mit Freunden, Holzhütte im nahe gelegenen Wald bauen, "der Kleine UHU" fliegen lassen, Drachen steigen, auf Bäume klettern oder beim Freund Atari VCS 2600 spielen oder beim Onkel in Schwarzweiß etwas Pong-artiges auf auf der Paladium-Konsole, Eltern beim Unkraut rupfen im Garten geholfen oder Hof gekehrt. Damals war die Welt echt noch in Ordnung. Der C-64 kam erst 2 Jahre später auf den Schreibtisch, da war die Welt aber auch noch in Ordnung. Über den CCC hörte ich erstmals was, als ich einen Akkustikkoppler haben wollte, da gabs nämlich einen Bausatz, jenes "Datenklo", der viel billiger war als ein Dataphon. Geworden ist es dann doch ein Dataphon, piieeep…

  2. Tom sagt:

    42 – da war doch irgend etwas ? ->

    https://de.wikipedia.org/wiki/42_(Antwort)

    Herzlichen Glückwunsch!

  3. Norddeutsch sagt:

    Die ARD Mediathek hat nen netten Wau Holland Podcast

    Nettes zum Einschlafen zum CCC gibts auch bei PlayerFM.
    Ich schlaf bei sowas wirklich glücklich ein – selbst tagsüber…

  4. Frankyy sagt:

    Ähm,
    Kann es sein das sich da ein Fehler eingeschlichen hat.
    Laut dem Text oben:
    Der Chaos Computer Club wurde am 12. September 2021 in West-Berlin gegründet. So ganz standesgemäß in den Redaktionsräumen der taz (Wau Holland war Journalist), wobei man am Tisch der Kommune I zusammen hockte.

    Aber laut Text: verstarb Wau Holland bereits 2001 🙈

  5. Schwarzes_Einhorn sagt:

    "Der Chaos Computer Club wurde am 12. September 2021 in West-Berlin gegründet."

    Ahem… Ich bin ja schlecht im Rechnen, aber das sind entweder erst 2 Jahre oder eine falsche Jahreszahl.

    Interessant, daß CCC die Gemeinnützigkeit verwehrt wurde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

  6. Stephan sagt:

    Dein damaliges Wissen ist nicht überholt. Die Generation Mikrocontroller und Commodore scheinen mir bei der Diskussion um die Digitalisierung die kompetenteste zu sein.

  7. mw sagt:

    Du erinnst mich an meine Anfangszeit. Die blauen Türme waren sagenhafte Geräte und ließen den Ingenieuren viel zeit zum Kaffeetrinken und Fachsimpeln, weil die Übersetzung der Software satte 7 Sunden dauerte und vom Click-Click der 8" Floppys begeleitet wurde. So wußtest Du jedenfalls daß der Job nicht gestorben war. So ausgereift wie damals ist heute keine Software mehr, denn Du schaust Deinen Code ganz genau an an, bevor Du den 7h Build startest.

  8. enrgy sagt:

    an dem Samstag bin ich sicher mit dem Motorrad durch den Wald gedüst (heute Todesstrafe) und in 2 Wochen gings zum Bund *kotz*

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