Tja, das stand ich nun – total abgebrannt – und konnte mein Hotel nicht bezahlen. Eigentlich fing es ganz harmlos an. Der Chefingenieur des Werks hatte mir erklärt, dass das gebuchte Hotel nur ein Notbehelf gewesen – und das Zimmer eigentlich wegen der “Gerüche” unzumutbar – sei. Ich hatte zwar nichts dergleichen bemerkt und das Hotel war auch durchaus annehmbar. Halt Business-Hotel – aber da war ich schon andere “Absteigen” (speziell in deutschen und französischen Großstädten) gewohnt. Also sollte ich auf Wunsch des Kunden in ein anderes Hotel umziehen. Wie ich später erfuhr, hatte man ein traditionelles japanisches Hotel, ein Ryokan, für mich gebucht – nachdem sich herumgesprochen hatte, dass ich wohl auch problemlos mit einem japanischen Frühstück umzugehen wusste.
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Und nun sollte ich aus dem Hotel auschecken und wollte bezahlen, hatte aber keine Penunse – nichts, niente, rien. Quasi bis auf ein paar Yen abgebrannt. “Abgebrannt” ist vielleicht der falsche Begriff für meine Situation, die den Skurrilitäten Japans geschuldet sind. Von der Reiseabteilung meines Arbeitgebers war ich zwar mit Reisedevisen ausgestattet worden. Da aber das Einwechseln in Fremdwährungen mit Kosten verbunden war, hatte ich nur Yen im Gegenwert von vielleicht 200 DM erhalten. Der Restbetrag zur Deckung der Übernachtungs- und Reisekosten war in Reiseschecks, ausgestellt in Yen auf die Fuji-Bank (wenn ich mich richtig erinnere), ausgegeben worden.
Meine Barschaft reichte nicht zur Begleichung der Hotelrechnung aus – und an der Rezeption weigerte man sich, die Yen-Reiseschecks der Fuji-Bank von einem Gaijin anzunehmen. Eigentlich reichlich bizarr! Mit American Express Traveller Schecks hatte ich bisher nie Probleme gehabt, im Ausland an Bargeld zu gelangen oder Hotelrechnungen zu begleichen. In der Reisestelle des entsendenden Arbeitgebers hatte man mir noch erklärt, dass man zur Sicherheit keine American Express Traveller-Schecks, sondern Yen-Reiseschecks der Fuji-Bank mitgeben würde. Damit sei sichergestellt, dass ich diese “problemlos” in Japan umtauschen und auch Hotelrechnungen bezahlen könne. Reiseschecks haben die Eigenschaft, dass diese immer gedeckt sind und sich die ausgebende Bank zur Einlösung verpflichtet. Eigentlich ein risikoloses Geschäft für den Empfänger. Offenbar hatte die Reisestelle aber nicht mit der Provinzialität meines Rezeptionisten gerechnet. Da war also nichts zu machen.
Guter Rat war teuer – oder eine Lösung musste her. Eigentlich war geplant, dass ein japanischer Kollege mich abholt, wir das Gepäck schnell im nächsten Hotel deponieren sollten und uns dann auf Geschäftsbesprechungen in den Tokyoter-Stadtteilen Takadanobaba und Ikebukoro einfinden sollten. Also ließ ich mein Gepäck, quasi als Pfand, an der Rezeption zurück und mein japanische Kollege bürgte durch die Hinterlegung seiner Personalien für die Bezahlung der Rechnung. In Tokyo wollen wir dann schnell in einer Bank vorbeispringen und ein paar Reiseschecks einlösen – so dass ich über Bargeld verfügte.
Ich weiß nicht mehr genau, ob wir per Taxi oder per Bahn nach Takadanobaba fuhren. Aber woran ich mich noch ziemlich deutlich erinnere, war der Ablauf unserer “Bargeldbeschaffung”. Es lief immer in der gleichen Weise ab: Wir betraten die jeweilige Dependance einer Bank in einem der Hochhäuser, um an einem Empfangstresen aufzulaufen. Dort stand eine blutjunge japanische Angestellte des Bankhauses, die uns mit tiefer Verbeugung empfing. Mein japanischer Kollege (der den größten Teil seines Lebens in den USA verbracht hatte) spulte dann die Story ab, dass wir gerne Yen-Reiseschecks in Bargeld umgetauscht hätten. Nach einem längeren Palaver drehte sich mein Kollege zu mir um und meinte “not today” – heute gibt’s bei denen kein Bargeld.
Was mir in einer Bank noch auffiel, bzw. mir die Kinnlade auf die Schuhe fallen ließ: Während mein Kollege am Eingangstresen palaverte, konnte ich einen Blick in einen angrenzendes Großraumbüro werfen. Dort saßen in mehreren Reihen junge weibliche Angestellte, die mit Abakus und mechanischen Rechenmaschinen damit befasst waren, Buchungen vorzunehmen. Zu dieser Zeit wurden in Deutschland bereits Bankgeschäfte ausschließlich über Terminals abgewickelt. Eine ähnliche Situation hatte ich erinnerungsmäßig nur in der Türkei erlebt, wo Buchhaltung auch in einer sauber, aber handschriftliche geführten Kladde stattfand.
In der dritten oder vierten Bankfiliale gelang dann aber unser Vorhaben. Irgendwie konnte mein Kollege die Angestellte am Empfang überreden, wenigstens einen Teil meiner Reiseschecks in Bargeld zu wechseln. Und so kam es, dass ich mit Yen-Banknoten im Gegenwert von mehreren tausend DM in der Jackett-Taschen durch Tokyo lief und diesen Bargeldbestand auch noch eine ganze Zeit mit mir führte.
Nachdem die Geschäftstermine im Anschluss absolviert waren, ging es zurück nach Kawagoe zum Hotel, wo ich meine Rechnung bezahlte und das Gepäck in Empfang nahm. Ironie der Geschichte, die zeigt, wie schräg manche Japaner ticken: Als ich im traditionellen japanischen Hotel eincheckte, fragte ich die Besitzerin zur Sicherheit (um genügend zeitlichen Vorlauf zu haben), ob ich eventuell in Yen-Reiseschecks zahlen könne. “Klar”, meinte die Dame, “kein Problem, wir sind hier schließlich in Japan und nicht in einem Kuhdorf in Afrika”.
Nachtrag: War schon skurril und ich schob diese Erfahrungen auf die während meiner Aufenthalte gerade stattfindenden gesellschaftlichen Umwälzungen zurück. Während die Japaner ganz verrückt mit “Plastikgeld” hantierten – überall ließ sich eine Kredit- oder Bankkarte des Arbeitgebers oder der lokalen Bank zum Bezahlen verwenden, galt für “Nichtbesitzer” solcher Karten (also quasi für alle Ausländer) die Devise “Nur Bargeld lacht”. Beim Schreiben dieses Beitrags stieß ich aber auf den Artikel Geldwechsel in Japan. Der Wahnsinn hat also (auch noch heute) Methode.
Der Link “http://www.japan-infos.de/japanreise/geldwechsel.html” ist inzwischen veraltet, ein Artikel “Geldwechsel in Japan – Geld umtauschen in Japan” befindet sich nun unter *http://www.japan-infos.de/reisehinweise-japan/geldwechsel (bitte aktualisieren).
Viele Grüße, Matthias Brinke
Auch diese Seite gibt es leider nicht mehr. Je nach Bowser wird entweder einfach eine leere Seite angezeigt, oder:
„Diese Seite funktioniert nicht
*http://www.japan-infos.de kann diese Anfrage momentan nicht verarbeiten.
HTTP ERROR 500“
Ist leider die Krux, dass Links immer wieder brechen. Manchmal bekomme ich es mit und kann was ersetzen – aber nicht immer. Ich habe jetzt mal einen Link zum Internet-Archiv eingetragen, damit man die alten Inhalte abrufen kann. Für aktuelle Informationen in einer Suchmaschine „Geldwechsel in Japan eingeben“.
@Matthias: Danke für den Hinweis – hab das jetzt korrigiert. Ist auch ein netter Anstubser, dass ich mich mal zusammen reißen und an weiteren Geschichten schreiben sollte. Fukushima ist nun ja schon ein paar Tage her.