Das Bundesarbeitsgericht hat den Weg für die papierlose Lohnabrechnung freigemacht – ein Meilenstein für die Digitalisierung deutscher Unternehmen. Die heute veröffentlichten Jahresrückblicke der Fachmedien stufen das Urteil als prägend für 2025 ein.
Berlin – Der traditionelle Papierlohnzettel hat ausgedient. Das bestätigen die juristischen Jahresanalysen vom 25. Dezember 2025, die das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur digitalen Gehaltsabrechnung als wichtigste arbeitsrechtliche Entwicklung des Jahres bewerten. Demnach dürfen Arbeitgeber auf digitale Abrechnungen umstellen, auch ohne ausdrückliche Zustimmung jedes Mitarbeiters. Voraussetzung sind allerdings klare Zugangsregelungen.
Diese Rechtssicherheit kommt einem Digitalisierungsschub gleich. Besonders Unternehmen mit vielen Beschäftigten ohne festen Büroarbeitsplatz – etwa im Handel oder der Logistik – können nun ihre Verwaltungskosten senken. Die Einsparungen für die deutsche Wirtschaft werden auf jährlich zig Millionen Euro geschätzt.
Das Ende des Papierlohnzettels
Im Zentrum steht das BAG-Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. 9 AZR 48/24). Es kippte eine restriktivere Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen. Die Bundesrichter stellten klar: Die gesetzliche Pflicht zur „Aushändigung“ einer Lohnabrechnung nach § 108 Gewerbeordnung ist bereits erfüllt, wenn das Dokument in einem geschützten Mitarbeiterportal digital bereitsteht.
Entscheidend war die Auslegung der „Textform“. Das Gericht betonte, dass das Gesetz kein physisches Papier vorschreibt. Die Pflicht des Arbeitgebers sei eine Holschuld – er muss das Dokument lediglich zugänglich machen, der Mitarbeiter muss es abrufen.
„Dieses Urteil beendet die Ära, in der der Papierlohnzettel verbindlicher Standard war“, kommentieren Rechtsexperten. Es bestätige die Digitalisierungsstrategien großer deutscher Konzerne.
Der „Druckvorbehalt“ schützt Beschäftigte
Doch der digitale Standard hat eine zentrale Bedingung: das Recht auf einen Ausdruck. Das BAG urteilte, dass Arbeitgeber sicherstellen müssen, dass alle Beschäftigten ihre Abrechnung einsehen und drucken können – auch wer zuhause keinen Internetzugang oder Drucker hat.
Konkret müssen Unternehmen daher bieten:
* Ein passwortgeschütztes Portal zum Datenschutz.
* Zugang zu einem Firmenrechner oder -drucker für Mitarbeiter ohne private Infrastruktur.
* Lesbare Dokumente (z.B. als PDF) während der Arbeitszeit.
Besonders für Branchen mit vielen Produktions- oder Servicekräften ist diese Nuance relevant. Ein einfacher PDF-Versand per E-Mail reicht nicht aus, wenn der Empfänger es nicht öffnen kann.
Offene Frage: Die Rolle des Betriebsrats
Trotz der Klarheit für den Einzelnen bleibt eine kollektivrechtliche Frage offen. Das BAG verwies einen Teil des Verfahrens zurück an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen. Es geht um die Mitbestimmung: Darf ein Konzernbetriebsrat die Einführung digitaler Portale für alle Tochtergesellschaften regeln? Oder müssen die örtlichen Betriebsräte zustimmen?
Im ursprünglichen Fall hatte ein großer Handelskonzern eine Konzernbetriebsvereinbarung als Grundlage genutzt. Das BAG zweifelte die Zuständigkeit des Gremiums an. Juristen warnen: Das individuelle Recht auf eine digitale Abrechnung ist geklärt, nicht aber das Verfahren zur Einführung der Technik. Unternehmen sollten daher frühzeitig sowohl lokale als auch zentrale Mitarbeitervertreter einbinden.
Ausblick auf 2026
Für das kommende Jahr erwarten Experten die Nachentscheidung aus Niedersachsen zur Betriebsratszuständigkeit. Sie wird den genauen Procedere für die Portal-Einführung in betriebsratsgeprägten Unternehmen festlegen.
Das „Digital-First“-Prinzip des BAG könnte zudem Schule machen. Es ebnet möglicherweise den Weg für weitere digitale Dokumente im Arbeitsverhältnis, wie Verträge oder – unter strengeren Voraussetzungen – sogar Kündigungen.
Die Botschaft an die Arbeitgeber zum Jahresende 2025 ist eindeutig: Die Drucker dürfen abgeschaltet werden, aber die Bildschirme müssen für alle leuchten.




