KI-Regulierung: USA bremsen, Europa baut aus

Die USA setzen auf Deregulierung, während die EU ihren digitalen Rechtsrahmen verschlankt und Großbritannien massiv in modulare Qualifikationen investiert. Die globale Governance für digitale Technologien driftet auseinander.

Die USA setzen auf Deregulierung, während Europa seinen digitalen Rechtsrahmen verschlankt. Die weltweite KI-Governance driftet auseinander.

BERLIN – Während die USA ihre KI-Regulierung lockern, schärft Europa seinen digitalen Rechtsrahmen. Diese gegenläufigen Trends prägen das globale Tech-Umfeld zum Jahreswechsel 2025. Die US-Wettbewerbshüter hoben eine frühere KI-Auflage auf, parallel treibt die EU ihre „Digital Omnibus“-Reform voran. Gleichzeitig institutionalisiert Großbritannien mit einem milliardenschweren Paket den Trend zu modularen Qualifikationen.

USA: FTC kippt KI-Beschränkungen zugunsten von Innovation

In einer bemerkenswerten Kehrtwende hob die US-Handelsaufsicht FTC am Montag eine erst 2024 erlassene Verfügung gegen das KI-Unternehmen Rytr LLC auf. Die ursprüngliche Order hatte dem Anbieter bestimmte KI-generierte Bewertungsdienste untersagt. Die Begründung der Behörde: Die Beschränkungen „belasten die Innovation im Bereich Künstliche Intelligenz unnötig“.

Die Entscheidung markiert einen klaren Kurswechsel. Statt präventiver Verbote setzt Washington nun auf „regulatorische Zurückhaltung“, um die technologische Führungsposition zu sichern. „Die FTC wird Akteure, die KI nutzen, um gegen das Gesetz zu verstoßen, weiterhin zur Verantwortung ziehen“, betonte die Behörde. Der neue Ansatz stehe im Einklang mit der Innovationsagenda des Weißen Hauses.

Parallel dazu umgeht die Tech-Industrie zunehmend legislative Blockaden. So startete OpenAI am selben Tag eine Volksinitiative in Kalifornien. Sie zielt auf Sicherheitskontrollen für KI-Chatbot-Begleiter ab und soll im November 2026 zur Abstimmung stehen.

Europa: „Digital Omnibus“ soll Bürokratie abbauen

Während Amerika dereguliert, feilt die EU an einem effizienteren Regelwerk. Die Europäische Kommission treibt ihren „Digital Omnibus“-Vorschlag voran, der spezifische Datenschranken lockern und die Meldepflichten vereinfachen soll.

Der Plan sieht einen „Single-Entry Point“ für Incident-Reports vor. Unternehmen könnten Vorfälle dann gebündelt melden – und müssten sich nicht mehr durch die verschiedenen Meldewege der DSGVO, des KI-Gesetzes und des Cyber-Resilience-Acts kämpfen. „Das wird die administrative Last für Unternehmen erheblich reduzieren“, analysieren Compliance-Experten.

Spanien agiert als operativer Vorreiter. Die spanische KI-Aufsichtsbehörde AESIA, die Mitte Dezember detaillierte Leitlinien veröffentlichte, testet die harmonisierten Regeln bereits. Ihre „lebenden Ressourcen“ sollen sich automatisch anpassen, falls der Digital Omnibus 2026 formal angenommen wird.

Arbeitsmarkt: Großbritannien setzt 725 Millionen Euro auf modulare Skills

Jenseits der Regulierung verändert sich die digitale Arbeitswelt fundamental. Die Ära statischer Karrierepfade neigt sich dem Ende zu. Großbritannien institutionalisiert diesen Wandel jetzt mit einem Reformpaket im Wert von umgerechnet 725 Millionen Euro.

Das vom Arbeitsministerium vorangetriebene Programm priorisiert „Kurz-Kurse“ und flexible Weiterbildung gegenüber langjährigen Studiengängen. Kernpunkte sind:

  • Mikro-Zertifizierungen: Ab April 2026 werden kürzere, technische Kurse in KI- und Digitalkompetenzen staatlich gefördert.
  • KI-Lehren: Ein neuer Berufsweg für KI-Spezialisten (Level 4), der Kompetenz durch praktische Anwendung nachweist.
  • KMU-Förderung: Kleine und mittlere Unternehmen werden von Mitfinanzierungskosten befreit, wenn sie junge Auszubildende einstellen.

Dieser „Skills-First“-Ansatz spiegelt einen breiteren Trend wider: Arbeitgeber schätzen verifizierte, modulare Fähigkeiten – wie spezifische Kenntnisse im Prompting von Large Language Models – oft höher ein als allgemeine Universitätsabschlüsse.

Ausblick 2026: Zersplitterte digitale Landschaft?

Die Entwicklungen Ende 2025 deuten auf ein polarisiertes Jahr 2026 hin. Während die „Pax Silica“-Erklärung vom 12. Dezember eine „vertrauenswürdige Lieferkette“ für KI-Hardware sichern soll, drifteten die Governance-Philosophien auseinander.

  • In den USA sind weitere Rücknahmen präventiver KI-Regeln zu erwarten.
  • In der EU wird der „Digital Omnibus“ intensive Trilog-Verhandlungen durchlaufen. Die endgültige Verabschiedung könnte die Vollziehung des KI-Gesetzes für Hochrisiko-Anwendungen bis Ende 2026 oder 2027 verzögern.
  • In Großbritannien wird der Erfolg der Reform vom Anklang der „Short Courses“ abhängen, die im zweiten Quartal 2026 starten. Das Land könnte damit zum Vorbild für andere Staaten im Kampf gegen die digitale Qualifikationslücke werden.

Für digitale Bürger zeichnet sich ein klares Bild ab: Die Ära einheitlicher globaler Internetregeln ist vorbei. An ihre Stelle tritt ein Flickenteppich aus modularen Skills und rechtsraumspezifischen digitalen Rechten.