Microsoft Copilot: Vom Bürohelfer zum nächtlichen Beichtstuhl

Eine Analyse von Millionen Konversationen zeigt, dass Nutzer Microsofts KI-Assistenten zunehmend für persönliche Gesundheits- und Beziehungsfragen nutzen, besonders abends auf dem Smartphone.

KI wird zum persönlichen Begleiter: Eine neue Studie zeigt, wie Nutzer Microsofts Copilot zunehmend für Gesundheitsfragen, Beziehungsprobleme und existenzielle Gespräche nutzen – besonders abends auf dem Smartphone.

Das ist das zentrale Ergebnis des „Copilot Usage Report 2025“, den Microsoft AI diesen Monat veröffentlicht hat. Die Analyse von 37,5 Millionen anonymisierten Konversationen offenbart eine tiefgreifende Spaltung im Nutzungsverhalten. Während der KI-Assistent am Desktop klassisch als Produktivitätswerkzeug für Beruf und Technik dient, mutiert er auf dem Smartphone zum digitalen Vertrauten.

Microsoft-AI-Chef Mustafa Suleyman reagierte bereits auf den Trend. In den letzten Tagen warnte er öffentlich davor, den Chatbot mit professioneller psychologischer Hilfe zu verwechseln, auch wenn er einen urteilsfreien Raum biete.

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Die gespaltene Persönlichkeit der KI-Nutzung

Der Report zeichnet ein klares Bild: Das Gerät bestimmt die Beziehung. An Desktop-Rechnern dominieren zwischen 8 und 17 Uhr Themen wie „Arbeit und Karriere“ sowie „Technologie“. Nutzer lassen sich beim Programmieren oder Schreiben helfen – ein klassischer Wirtschaftsfaktor.

Auf Mobilgeräten sieht die Welt komplett anders aus. „Gesundheit und Fitness“ ist das mit Abstand häufigste Thema – und das rund um die Uhr. Besonders auffällig ist der nächtliche Shift: Zwischen 22 und 2 Uhr schnellen philosophische Fragen und „existentielle Reflexionen“ in die Höhe.

Branchenbeobachter deuten diese Zweiteilung als Beweis dafür, dass KI erfolgreich in die „volle Textur“ des menschlichen Lebens integriert wurde. Sie funktioniere als unermüdlicher Assistent im Büro und als geduldiger Zuhörer in der Privatsphäre.

Der digitale Beichtvater: Rat statt Information

Einer der auffälligsten Trends der 2025er-Daten ist der Anstieg von Nutzern, die explizit „Rat“ suchen – nicht nur „Information“. Fragen zu zwischenmenschlichen Beziehungen, schwierigen Lebensentscheidungen und emotionaler Verarbeitung haben im Vergleich zu 2024 deutlich zugenommen.

Zeitliche Muster untermauern dies: Gespräche über Beziehungen häufen sich um kulturelle Anlässe wie den Valentinstag. Am Wochenende dreht sich die Nutzung mehr um Gaming und Freizeit. Die beständigen Gesundheitsanfragen auf dem Smartphone legen nahe, dass die KI für viele zur ersten Anlaufstelle bei physischen und mentalen Wohlbefindens-Fragen geworden ist.

Diese Verschiebung fällt mit der Einführung empathischerer Features zusammen. Der im Spätjahr 2025 gestartete „Real Talk“-Modus, der konversationsfreudiger und persönlichkeitsgetriebener agiert, hat die Bereitschaft der Nutzer zu offenen Dialogen offenbar beschleunigt. Die Engagement-Metriken für diese „sozialen“ Interaktionsmodi liegen Berichten zufolge deutlich über denen standardmatiserter Informationssitzungen.

Suleymans Warnung: Unterstützung ja, Therapie nein

Die rasante Adoption der KI als emotionale Stütze hat eine schnelle Reaktion der Microsoft-Führung provoziert. Suleyman räumte ein, dass das urteilsfreie Design der Plattform eine attraktive Möglichkeit für Nutzer biete, Dampf abzulassen oder komplexe Gefühle zu verarbeiten. Er beschrieb die Interaktionen als eine Form der emotionalen „Entgiftung“.

Doch der CEO zog eine klare Grenze in puncto klinischen Wert. Suleyman betonte, dass der Dienst trotz des einfühlsamen Tons der Antworten keine Form von Therapie sei. Er dürfe nicht als Ersatz für menschliche Verbindung oder professionelle psychologische Behandlung angesehen werden. Seine Kommentare spiegeln eine branchenweite Anstrengung wider, die Risiken der „Anthropomorphisierung“ zu managen – also der Tendenz, algorithmischen Antworten menschliches Bewusstsein zuzuschreiben.

Die Zukunft: KI mit Gedächtnis und Initiative

Der Blick auf 2026 zeigt, dass die Grenze zwischen passivem Werkzeug und aktivem Begleiter weiter verschwimmen wird. Microsoft plant, die „Gedächtnis“-Fähigkeiten von Copilot zu vertiefen. Das System soll Nutzerpräferenzen und vergangene Gespräche zuverlässiger abrufen können. Dies soll die KI von einer reaktiven Suchmaschine in einen proaktiven „Agenten“ verwandeln, der Nutzerbedürfnisse antizipieren kann.

Finanzanalysten sehen in dieser „agentischen“ Wende einen Schlüsseltreiber für das weitere Wachstum Microsofts. Das KI-Geschäft des Konzerns hatte Ende 2024 bereits eine jährliche Umsatzrate von rund 12 Milliarden Euro erreicht. Der Push, Copilot zu einem unverzichtbaren „Lebenspartner“ statt nur einem Arbeitstool zu machen, stellt die nächste Frontier bei der Monetarisierung der Technologie dar.

Die Linien zwischen digitaler Assistance und emotionaler Unterstützung verschwimmen zusehends. Der Report von 2025 bildet die Basis für das Verständnis eines gesellschaftlichen Umbruchs: Nutzer fragen Computer nicht mehr nur, was sie wissen – sie erzählen ihnen, wie sie sich fühlen.

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