PayPal will Bank, Visa baut KI-Rails: Der große Strategiebruch im Bezahlen

PayPal strebt mit einer eigenen US-Banklizenz mehr Unabhängigkeit an, während Visa seine Infrastruktur mit KI und Stablecoins für autonomes Einkaufen ausbaut.

Die beiden Giganten der digitalen Bezahlwelt gehen mit vollkommen unterschiedlichen Plänen ins neue Jahr. Während PayPal mit einem Antrag auf eine eigene US-Banklizenz die Unabhängigkeit sucht, zementiert Visa seine Rolle als unverzichtbare Infrastruktur – und setzt dabei auf Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen. Hinter dem Strategiebruch steht ein fundamental veränderter Konsument.

PayPal greift nach der Banklizenz

Der Schritt könnte das Unternehmen neu erfinden: PayPal hat bei US-Aufsehern die Gründung einer eigenen Bank beantragt. Die geplante „PayPal Bank“ soll als sogenanntes Industrial Loan Company in Utah zugelassen werden. Bislang war der Fintech-Riese für Dienstleistungen wie Kreditvergabe auf Partner wie die WebBank angewiesen.

Die eigene Lizenz wäre ein Game-Changer. Sie würde es PayPal ermöglichen, Kleinstkredite für US-Unternehmen effizienter zu vergeben und direkt verzinsliche Sparkonten anzubieten. Das Ziel ist klar: Mehr Wert aus den über 430 Millionen aktiven Konten schöpfen und die Margen verbessern. Die Märkte honorieren die Turnaround-Bemühungen vorsichtig. Im dritten Quartal übertraf PayPal die Erwartungen und hob die Jahresprognose an. Die Aktie wird derzeit als „Value-Play“ gehandelt – ein deutlicher Kontrast zu den früheren Wachstumsbewertungen.

Visa setzt auf Premium und Stablecoins

Während PayPal umbaut, festigt Visa seine Premium-Position. Das Unternehmen profitiert unverändert von seiner Rolle als globales Schienennetz des Handels. Kürzlich stufte die HSBC Visa wegen seiner Widerstandsfähigkeit und Innovationskraft auf „Kaufen“ hoch.

Der Schlüssel zur Zukunft liegt in der Technologie. Mitte Dezember startete Visa in den USA eine neue Abwicklungsmöglichkeit mit Stablecoins wie USDC. Diese ermöglicht schnellere, blockchain-basierte Transaktionen. Gleichzeitig bereitet sich das Unternehmen auf die Ära des „Agentic Commerce“ vor, in der KI-Assistenten autonom einkaufen werden. „Visa future-proofed sein Netzwerk“, kommentieren Analysten. Das Ziel: Auch in zehn Jahren noch die zentrale Abwicklungsschicht für den digitalen Handel sein.

Konsumenten geben Geld für Erlebnisse aus

Die Strategien der Konzerne reagieren auf einen tiefgreifenden Wandel im Kaufverhalten. Echtzeitdaten zum Höhepunkt der Weihnachtseinkäufe zeigen eine massive Verschiebung: Die Verbraucher geben ihr Geld zunehmend für Erlebnisse und Dienstleistungen aus, nicht für physische Waren.

Eine Analyse des Zahlungsanbieters Klarna vom 23. Dezember belegt den Trend:
* Ausgaben für Unterhaltung stiegen um 130 % im Jahresvergleich.
* Ausgaben für Erlebnisse wie Reisen und Events legten um 115 % zu.
* Sogar Autoservices verzeichneten ein Plus von 100 % – ein Zeichen für den pragmatischen Fokus der Konsumenten.

„Die Herausforderung für Zahlungsabwickler ist klar“, so ein Branchenkenner. „Das Volumen wächst, aber es fließt zu anderen Händlern.“ Im Fokus stehen nun Plattformen, die transaktionsintensive Bereiche wie Reisen und Dienstleistungen nahtlos bedienen können.

Value gegen Wachstum: Die Investorenfrage

Für Anleger stellt sich die klassische Frage: Turnaround oder stetiges Wachstum?
* PayPal bietet hohes Kurspotenzial, falls die Banklizenz kommt und die neue Struktur die Margen hebt. Die historisch niedrige Bewertung lockt wertorientierte Investoren.
* Visa steht für Stabilität und zuverlässiges zweistelliges Wachstum. Die Rückführung von Kapital an Aktionäre – im vierten Geschäftsquartal waren es 6,1 Milliarden US-Dollar – macht das Unternehmen in unsicheren Zeiten zur defensiven Favorite.

2026: Das Jahr, in dem die KI einkaufen geht

Der Blick nach vorn ist geprägt von Künstlicher Intelligenz. Visa prognostiziert, dass „Agentic Commerce“ innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre zum primären Treiber des Transaktionsvolumens wird. In diesem Modell buchen KI-Assistenten eigenständig Reisen, ordern Lebensmittel und verwalten Abos.

„Die Gewinner 2026 werden die Plattformen sein, die Vertrauen nicht nur bei Menschen, sondern auch bei ihren KI-Agenten aufbauen können“, heißt es in einem aktuellen Fintech-Report. Die Weichen für diesen Wettlauf sind gestellt: Visa baut die Hochtechnologie-Schienen, PayPal errichtet das eigene Finanzfundament. Für Verbraucher bedeutet das eine neue, intelligente Ära des Bezahlens.

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