Washington reagiert auf die Explosion von KI-gesteuerten Betrugsmaschen mit einem neuen Gesetzentwurf. Das „AI Scam Prevention Act“ soll Verbraucher vor gefälschten Stimmen und Deepfakes schützen.
Washington – Der US-Senat will Betrügern das Handwerk legen, die Künstliche Intelligenz für perfide Betrugsmaschen nutzen. In einer seltenen parteiübergreifenden Initiative haben die Senatorin Amy Klobuchar (Demokratin) und Senatorin Shelley Moore Capito (Republikanerin) einen Gesetzentwurf vorgelegt, der gezielt KI-gestützten Betrug bekämpfen soll. Das „AI Scam Prevention Act“ schafft schärfere Bundesverbote für digitale Identitätsdiebstähle und etabliert eine koordinierte Behördenstrategie.
Hintergrund ist ein alarmierender Anstieg von Betrugsfällen, die durch generative KI-Tools ermöglicht werden. Während der laufenden Weihnachtszeit warnen Strafverfolgungsbehörden vor Rekordzahlen. Die Technologie macht es Kriminellen leicht, Stimmen täuschend echt zu klonen oder realistische Videos zu fälschen – eine „Schutzlücke“, die Millionen Amerikaner verwundbar macht.
Fokus auf betrügerische Absicht
Herzstück des Entwurfs ist ein klares Verbot, die Stimme oder das Erscheinungsbild einer Person mit Hilfe Künstlicher Intelligenz nachzuahmen – sofern die Absicht zu betrügen nachweisbar ist. Bisherige Betrugsstatuten stammen aus einer Zeit vor synthetischen Medien und sind oft nicht präzise genug. Das neue Gesetz würde ausdrücklich KI-generierte Textnachrichten, gefälschte Videokonferenz-Teilnehmer und hochwertige Stimmklone erfassen.
„Künstliche Intelligenz hat Betrug ausgeklügelter gemacht. Betrüger täuschen leichter Menschen – besonders Senioren und Kinder –, um an persönliche Daten oder hart verdientes Geld zu kommen“, so Senatorin Klobuchar. Indem der Entwurf auf die Absicht und die genutzte Technologie abzielt, sollen Staatsanwälte bessere Werkzeuge erhalten, um Täter zu verfolgen, die KI für ihre Machenschaften nutzen.
Senatorin Capito betonte die Notwendigkeit von Wachsamkeit trotz aller Innovationsfreude. „KI hat enormes Potenzial, aber wir müssen uns auch vor schädlicher Nutzung schützen, besonders bei Betrug.“ Die Initiative spiegelt einen wachsenden Konsens im Kongress wider: KI-Entwicklung soll gefördert, ihre Waffe gegen Verbraucher aber durch gesetzliche Leitplanken eingedämmt werden.
Koordinierte Behörden-Offensive geplant
Neben strafrechtlichen Konsequenzen sieht der Entwurf die Einrichtung eines hochrangigen behördenübergreifenden Beratungsgremiums vor. Dieses soll die Führung der Handelsaufsicht FTC, der Kommunikationsbehörde FCC, des Finanzministeriums und anderer relevanter Agenturen zusammenbringen, um eine nationale Strategie zu koordinieren.
Derzeit sind die Bemühungen gegen KI-Betrug oft fragmentiert: Unterschiedliche Behörden sind für Robocalls, Finanzbetrug und Identitätsdiebstahl zuständig. Das neue Gremium hätte folgende Aufgaben:
- Intelligente Datennutzung: Echtzeit-Datenaustausch zwischen Behörden, um neue Betrugsmethoden zu verfolgen.
- Best Practices entwickeln: Erstellung von Leitlinien für Behörden und Privatwirtschaft zur Erkennung und Abwehr von KI-Bedrohungen.
- Aufklärung der Öffentlichkeit: Koordinierte Kampagnen, um Verbraucher über Deepfakes und Stimmklone aufzuklären.
Ziel ist ein Paradigmenwechsel: Die Bundesregierung soll von reaktivem Handeln – Ermittlungen nach dem Schaden – zu einer proaktiven Haltung übergehen, die Betrugsnetzwerke frühzeitig zerschlägt.
Milliardenschwere Bedrohung
Die Dringlichkeit des Gesetzes wird durch erschütternde Finanzdaten untermauert. Nach Angaben aus den Büros der Senatorinnen verloren Amerikaner im vergangenen Jahr fast zwei Milliarden Dollar durch Betrug per Anruf, SMS oder E-Mail. Ein erheblicher Teil davon wird mittlerweile durch KI-Tools ermöglicht, die personalisierte Angriffe erlauben und Sprachbarrieren überwinden – bisher ein Warnsignal für potenzielle Opfer.
Besonders verheerend ist der Aufstieg der „Enkeltrick-Betrügereien“: Dabei nutzen Kriminelle eine geklonte Stimme eines Enkels, um in einer angeblichen Notlage um Geld zu bitten. 2024 und 2025 entwickelten sich diese Maschen von schlechten Imitationen zu hyperrealistischen Audiofälschungen, die sogar nahe Verwandte täuschen können. Das neue Gesetz adressiert dies direkt, indem es den technologischen Akt der Nachahmung zu betrügerischen Zwecken unter Strafe stellt – unabhängig davon, ob das Opfer am Ende Geld überweist.
Teil einer breiteren Gesetzeswelle
Das „AI Scam Prevention Act“ ist Teil einer Reihe von Gesetzesinitiativen, die die Exzesse des KI-Booms eindämmen sollen. Es folgt auf den bereits im November 2024 im Repräsentantenhaus eingebrachten „AI Fraud Deterrence Act“, der höhere Geldstrafen und Haftstrafen für KI-Betrüger vorsah. Der im Juni 2025 im Senat eingereichte „Preventing Deep Fake Scams Act“ legte mit seinem Fokus auf Finanzbetrug einen Grundstein für den aktuellen Entwurf.
Die Klobuchar-Capito-Vorlage gilt jedoch als umfassender, vor allem wegen ihres Schwerpunkts auf behördenübergreifender Koordination. Branchenanalysten gehen davon aus, dass der Fokus auf „böswillige Absicht“ statt auf pauschale Technologieverbote die Unterstützung der Tech-Industrie erhöht, die sich vor innovationshemmenden Regulierungen fürchtet.
Ausblick auf 2026
Nach der parlamentarischen Weihnachtspause wird der Gesetzentwurf voraussichtlich im Januar 2026 prioritär behandelt. Mit parteiübergreifender Unterstützung und klarem Verbraucherschutz-Fokus sind die Aussichten gut, auch wenn die genauen Durchsetzungsmechanismen noch diskutiert werden müssen.
Die Einführung des Acts ist eine klare Warnung an Cyberkriminelle und ein Signal an Verbraucher: Das Rechtssystem holt zur Realität des KI-Zeitalters auf. Die Botschaft der Senatorinnen ist eindeutig: Die Werkzeuge, um sich gegen digitale Täuschung zu wehren, werden gerade geschmiedet.





