Türkei-Reisen als Risiko?

In den neunziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts bin ich häufig und gerne mit der Familie in die Türkische Ägäis gereist. Tolle Landschaften, nette Menschen und viele Eindrücke. Heute wurde bekannt, dass zwei Deutsche in der Touristenhochburg Antalya verhaftet wurden – Grund 'politische Vorwürfe'. Kann man heute noch guten Gewissens und ohne Angst als Urlauber in die Türkei reisen?


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Aktuell spitzt sich das Verhältnis Deutschland Türkei extrem zu. Der Schriftsteller Deniz Yücel ist seit 200 Tagen in der Türkei inhaftiert – ein Interview mit seiner Ehefrau findet sich hier. Der Menschenrechtler Peter Steudtner sitzt ebenfalls in der Türkei in Haft (siehe). Beide Personen sind auf Grund 'politischer Vorwürfe', die in Deutschland sofort von Richtern als gegenstandslos abgewiesen würden, inhaftiert.

Festnahmen in Spanien

Der Schriftsteller Dogan Akhanli wurde dagegen in Spanien, auf Grund eines türkischen Haftbefehls, festgenommen. Interpol hat inzwischen diese sogenannte Red Note, die die Verhaftung in Spanien ermöglicht, gelöscht. In diesem Spiegel Online-Artikel schreibt Akhanli, dass 'Journalismus in der Türkei ein Verbrechen geworden ist'. Ein weiterer Journalist aus Schweden wurde ebenfalls auf Betreiben der Türkei in Spanien inhaftiert. Im Deutschlandfunk findet sich ein aufschlussreicher Artikel, in dem zu Recht gefragt wird 'Spanien kein sicheres Land für Türkei-Kritiker?' – und in Zeit Online kommt der türkische Journalist Can Dündar zum Thema zu Wort. Zitat: 'Der Schriftsteller Doğan Akhanlı und der Journalist Hamza Yalçın wurden als Dissidenten zur Fahndung ausgeschrieben. Ihre Verhaftung in Spanien ist von kafkaesker Absurdität.'

Warnung von Sigmar Gabriel

Vor einigen Tagen warnte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, dass sich jeder Türkei-Urlauber überlegen muss, ob er noch in die Türkei reist. Dies gilt auch für Bundesbürger, die einen rein deutschen Pass besitzen. Andererseits gibt es die Überlegung, dass die Menschen in den Urlaubsgebieten, die dort leben und arbeiten, wirtschaftlich unter dem ausbleibenden Tourismus leiden.

Neue Verhaftungen von Deutschen

Jetzt wurden erneut zwei deutsche Staatsbürger in Antalya wegen 'politischer Vorwürfe' festgesetzt, wie das Auswärtige Amt bestätigte. Berichte finden sich beim Bayrischen Rundfunk oder bei Spiegel Online in diesem Artikel. Wenn dieser Bericht aus der Bild stimmt, sind jetzt 12 Deutsche (mit den jetzt Verhafteten) in der Türkei aus politischen Gründen in Haft.

Eine förmliche Reisewarnung des Auswärtigen Amts gibt es bis heute nicht. Ein Kontakt zu einem Kontakt, der im vagen Verdacht steht, der Gülen-Bewegung nahe zu stehen oder eine vermeintliche oder tatsächliche Beleidigung türkischer Organisationen reicht wohl schon, um mächtig Ärger zu bekommen (Leute wurden am Flughaften schon an der Einreise gehindert und zurück geschickt).

Als der Nachbar kürzlich im Sommerurlaub mit der Familie in die Türkei flog, um Urlaub zu machen, konnte ich nur ungläubig den Kopf schütteln. Als Autor und Blogger (allerdings nicht im politischen Bereich) bin ich dort natürlich sensitiver und reise weder in die USA noch in die Türkei. Aber auch jeder Urlauber sollte sich schon Gedanken machen, ob er unter diesen Umständen noch dieses, eigentlich schöne, Land bereist. Oder wie sehen Sie das?


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Eine Antwort zu Türkei-Reisen als Risiko?

  1. Michael sagt:

    Wir sind in den 1970er Jahren mit einem Campingbus zweimal in die Türkei gereist, sogar in die heute nicht mehr zugänglichen Teilen im Osten – Van See etc. Nahezu überall haben wir (gast-) freundliche Menschen getroffen, und wir waren beeindruckt von diesem Land und den Menschen.

    In den vergangenen 40 Jahren haben sich das Land und leider auch die Menschen verändert. Auch unseren neuen Erfahrungen hier in Deutschland mit hier lebenden "Türken" haben sich, leider, verschlechtert. Wir und unsere Freunde, werden dieses Land jetzt und in absehbarer Zukunft meiden. Leider (!) leiden darunter dort viele Menschen, Menschen, die nur ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Familien verdienen möchten – und die, wenn man den "offiziellen" türkischen Medien glauben glauben darf, zu mehr als 50% Erdogan wählen.

    Es widerstrebt mir, ein ganzes Land in "Sippenhaft" zu nehmen, aber …

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