Die Krux mit Schufa & Co.

Wer eine schlechte Bonität besitzt, bekommt keine Kredite, keine Handyverträge, gegebenenfalls keinen Mietvertrag, keinen Leasing-Vertrag für ein Auto und so weiter. Basis für solche Beurteilen ist der Bonitätswert einer Person bei Wirtschaftsauskunfteien wie der Schufa. Was aber, wenn dieser Bonitätswert auf falschen Daten oder fehlerhaften Annahmen beruht?


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Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) sammeln viele Einzeldaten über natürliche Personen, um daraus deren Bonität abzuleiten. Laut Wikipedia verfügt die Schufa über 813 Millionen Einzeldaten zu 67.2 Millionen natürlichen Personen und zu 5,3 Millionen Unternehmen. Pro Jahr werden 140 Millionen Anfragen zur Kreditwürdigkeit von Personen und Firmen beantwortet.

Notwendig aber nicht immer hilfreich

Die Wirtschaft muss wissen, ob ein Geschäftspartner, für den man in Vorleistungen tritt, auch genügend Bonität besitzt, um die Leistungen bezahlen zu können. Ein Mieter, der seit Jahren seine Vermieter prellt, eine Person, die im Katalog oder Online bestellt, aber auf einem riesigen Schuldenberg an unbeglichenen Forderungen sitzt, ein potentieller Handy-Vertragskunde, der seine Rechnungen nicht bezahlt. Das ist der Alptraum eines jeden Anbieters, der auf seinen Kosten sitzen bleibt.

Von daher haben Wirtschaftsauskunfteien durchaus ihre Berechtigungen. Wenn jemand Opfer eines Identitätsbetrugs wurde und Dritte auf dessen Kosten Waren bestellen, kann eine Meldung an die Schufa hilfreich sein. Diese bietet seit 2016 Opfern eine Möglichkeit an, so etwas zu melden.

Aber es gibt auch eine Schattenseite. Nicht immer basieren die Angaben der Wirtschaftsauskunfteien auf nachvollziehbaren, belegbaren oder objektiven Daten. Unternehmen wie Schufa & Co. scheinen sich für manche Betroffene zum Alptraum zu entwickeln, auch wenn sich diese nichts zu schulden kommen ließen. Zudem gibt es immer wieder Skandale, weil vertrauliche Daten von Wirtschaftsauskunfteien an die Öffentlichkeit gelangen (siehe meine Blog-Beiträge GAU: US Wirtschaftsauskunftei Equifax gehackt oder Datenleck bei Schweizer Inkassounternehmen Eos).

Wenn die Schufa ein falsches Risiko berechnet

Manchmal fallen die Puzzleteile ins Bild. Kürzlich stieß ich auf den Artikel Wie ich bei der Schufa zum "deutlich erhöhten Risiko" wurde, wo ein Redakteur seine eigene Geschichte einer Schufa-Bonitätsbeurteilung dokumentiert. Für ihn gab es zwei Datensätze, die unterschiedliche und nicht auf Fakten basierende Datensätze enthielten. Das führte zu einer schlechten Schufa-Bonitätsbeurteilung, wodurch das Anmieten einer Wohnung, das Abschließen von Telefonverträgen etc. unmöglich wurden. Und das, obwohl keine Schulden vorlagen oder Rechnungen unbezahlt waren. Recherchen förderten eine ziemliche Schlamperei ans Tageslicht.

Ergänzung: Inzwischen bin ich auch auf diesen Artikel gestoßen. Ich formuliere es mal so: Die Schufa ist offenbar das Problem, zeit etwas zu ändern (siehe unten).

Eigene merkwürdige Erfahrungen

Im Oktober diesen Jahres bin ich seit 25 Jahren freiberuflich als Autor tätig. Es ist schon einige Jahre her, als plötzlich das Telefon in meinem Büro klingelte. Der Anrufer war ein Mitarbeiter der Wirtschaftsauskunftei Creditreform, der gleich zur Sache kam. Ich hätte ja ein Unternehmen und mit Sicherheit ein Interesse, dass die über mich bei ihnen erfassten Daten korrekt seien. Er bräuchte nur noch die Jahresumsätze samt Gewinn aus meiner Bilanz. Als ich ihm zu verstehen gab, dass ich keine Veranlassung sähe, Dritten (außer dem Finanzamt) über meine Geschäftsumsätze Auskunft zu geben, war er etwas verschnupft. So ganz nebenbei erwähnte er, dass er gesehen hätte, dass ich ja in Sachen Fluglärm arg gebeutelt sei.


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Ich war da schon etwas konsterniert und habe mir Gedanken gemacht, wie die Creditreform an diese Informationen kam. Das Thema Fluglärm ist schnell geklärt: Ich war viele Jahre im Vorstand eines eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Umweltschutzvereins. Als Autor fiel mir natürlicherweise die Aufgabe des Pressesprechers zu. Offenbar habe ich meine (ehrenamtliche) Arbeit gut gemacht, denn meine Pressemitteilungen waren häufig in Zeitungen (teilweise überregional) zu finden. Natürlich kam mein Name damit im Internet, im Zusammenhang mit der Berichterstattung vor. Die Verknüpfung meines Namens und der Tätigkeit als Pressesprecher für eine Umweltschutzverein mit einer Geschäftstätigkeit ist schon eine besondere Sauerei, hat sie doch mit Bonität herzlich wenig zu tun.

Die Informationen über meine Geschäftstätigkeit samt Adresse hat auch eine sehr einfache Quelle. Da ich für meine Autorentätigkeit eine Webseite aufgesetzt hatte, musste ich, wegen gesetzlicher Auflagen, meine Anschrift und weitere Daten als Administrator der Webseite sowohl der Registrierungsstelle für die Webadresse mitteilen. Als auch diese Angaben im Impressum der Webseite angeben.

Diese Informationen wurden von einer Reihe zwielichtiger Institutionen ausgewertet. In der Folge erhielt ich viel unverlangte Werbung, um mein Geschäft irgendwo kostenpflichtig einzutragen, um über Google Werbung zu schalten und was weiß ich.

Die Creditreform hatte über diese Quelle meine Daten bezogen und sich offenbar etwas 'zusammengebastelt'. Irgendwann, Wochen nach dem Anruf, erhielt ich per Post dann einen Auszug meiner 'Geschäftsdaten', in der sogar ein Jahresumsatz genannt wurde. Dem Schreiben lag die Bitte bei, die Daten zu kontrollieren, ggf. zu korrigieren und zurückzusenden. Der Brief ist dann in den Papierkorb gewandert, da der Datensatz aus fiktiven Angaben bestand, die sich irgend jemand bei der Creditreform zusammen gelogen hatte. Seit dieser Zeit ist die Institution bei mir unten durch. Der Fall zeigte mir aber, wie in der Branche gearbeitet wird.

Kostenlose Selbstauskunft bei der Schufa

Wer auf Kredite oder Mietverträge angewiesen ist und wissen will, was die Schufa über einen gespeichert hat, kann eine Selbstauskunft beantragen. Die Schufa bietet auf dieser Seite die Möglichkeit einen Datenauszug nach § 34 BDSG anzufordern. Prominent wird aber die kostenpflichtige Online-Option beworben.

Euro-Noten
(Quelle: Pexels CC0 Lizenz)

Man kann diese Datenübersicht nach § 34 BDSG aber auch kostenfrei auf Papier von der Schufa anfordern. Der oben verlinkte Spiegel Online-Bericht weist darauf hin. Der Artikel hier bei T-Online enthält noch einige Informationen zum Thema.

Das Projekt Open Schufa

Offenbar kumuliert das Thema momentan. Bei der Zeitschrift Zeit Online bin ich fast zeitgleich mit dem obigen Spiegel Online-Artikel auf den Beitrag zu OpenSchufa gestoßen. Auch bei Spiegel Online ist dieses Projekt der gemeinnützigen Organisationen Open Knowledge Foundation und AlgorithmWatch erwähnt. Hintergrund: Ohne Schufa geht bei Krediten, Mietverträgen etc. nichts mehr.

Das Problem: Die private Firma ist mächtig, aber wie die Schufa die Bonität eines einzelnen berechnet, ist geheim. Ein Crowdsourcing-Projekt mit dem Namen Open Schufa will das ändern. Crowdsourcing heißt dabei, dass dieses Projekt über die Masse an interessierten Menschen finanziert wird. 50.000 Euro werden an Spenden benötigt, etwas mehr als 43.000 Euro hat man inzwischen eingeworben.

Das Projekt will herausfinden, ob die SCHUFA eine Gruppe von Menschen gegenüber einer anderen benachteiligt und Ungerechtigkeiten verstärkt. Ziel ist nicht, die Schufa abzuschaffen, aber das Ganze transparent zu machen. Dazu will man die Daten aus Schufa-Selbstauskünften sammeln und auswerten. Dann sollen die Einflussfaktoren und Gewichtungen für die Bewertung rekonstruiert werden. Welchen Einfluss hat eine schlechte Wohngegend auf die Bonität bei der Schufa und was wirkt sich noch auf diesen Wert aus? Das könnten Fragen sein, auf die man Antworten zu finden hofft. Der Zeit-Artikel enthält eine Reihe an Informationen zu diesem Projekt und auch die Reaktionen der Schufa auf die Initiative. Datenjournalisten des Bayerischen Rundfunks und des SPIEGEL wollen die Daten zusammen mit den Initiatoren anschließend anonymisiert auswerten. Ein spannendes Feld – so notwendig Kreditauskunfteien sind, mehr Transparenz kann nicht schaden.


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Eine Antwort zu Die Krux mit Schufa & Co.

  1. Markus Köln sagt:

    Es gibt das Projekt OpenSchufa.de. Die wollen den geschäftsgeheimen Schufa-Algorithmus ermitteln und bitten dafür um die Überlassung von Daten. Sie gehen davon aus, daß die Daten von 10.000 Personen reichen. Der Ablauf ist so:
    Auf der Seite Selbstauskunft.net gebe ich meine Daten ein. Die Seite generiert in meinem Namen ein Fax an die Schufa. Das ist sehr komfortabel. Wie es weitergeht, weiß ich noch nicht.
    Ich weiß nur, daß die Seite von Digineo GmbH aus Bremen betrieben wird. Die sponsern den Freifunk Bremen.
    Es gibt auch ein Video von Nico Semsrott (Kabarettist und PARTEI-Kandidat): https://www.youtube.com/watch?v=HBsD8BdXSCY

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