Steinzeit-Kaugummi mit DNA und die frühen Skandinavier

Wissenschaftler wissen, dass in Steinzeit-Kaugummi DNA-Spuren erhalten bleiben können. Mit zwei dieser Fundstücke konnte man das Erbgut der frühen Skandinavier rekonstruieren. Diese lieferte Rückschlüsse, woher die Skandinavier kamen.


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'Kaugummi' aus der Steinzeit

Auch in der Steinzeit pflegten die Menschen etwas zu kauen, was wir heute als Kaugummi bezeichnen. Gut, genaugenommen war es kein Kaugummi, wie wir ihn heute kennen, denn der besteht aus Kautschuk – in der Steinzeit unbekannt. Aber damals gab es Birkenpech, welches als Universalkleber und zum Abdichten diente. Das Birkenpech wurde gekaut, wie man aus gefundenen Birkenpech-Stückchen mit Zahnabdrücken weiß.

Der Grund, warum die Leute Stückchen von Birkenpech kauten, ist unklar. Es könnten medizinische Gründe gewesen sein, oder die Leute nutzten Birkenpech wirklich als Kaugummi. In der Ärztezeitung habe ich diesen Artikel aus 2008 gefunden, der sich mit der steinzeitlichen Lebensweise der damaligen Menschen befasst. Dort gibt es die Aussage, dass die Menschen wegen der abgekauten Zähne häufig Zahn- und Kopfschmerzen hatten. Diese betäubten sie durch Kauen von Birkenpech.

Von Wissenschaftlern gab es schon früh die Idee, in diesen Fundstücken nach Resten von DNA, also der Erbsubstanz, der damals lebenden Menschen zu suchen.

Ein 5.700 Jahre alter Kaugummi aus Dänemark

In diesem Artikel  wird über einen Fund aus Birkenpech berichtet, der rund 5700 Jahre alt ist. Das Stück wurde bei Ausgrabungen der steinzeitlichen Siedlung Syltholm auf der dänischen Ostseeinsel Lolland gefunden und wies DNA einer Frau auf, die dieses gekaut hatte.

Pfahlbauten Uhldingen
(Symbolbild: Pfahlbauten Uhldingen-Mülhofen, Bodensee, eigene Aufnahme)

Aus der Analyse der DNA konnten erstaunliche Schlüsse gezogen werden. Die Frau hatte blaue Augen, aber dunkle Haut und braune Haare. In der Probe wurde auch tierische DNA (von Ente und Aal)  sowie von Birken und mikrobakterielle DNA aus dem Mund der Frau gefunden. Interessant: Die Frau vertrug keinen Milchzucker, etwas, was Jäger und Sammler gemeinsam haben. Die Frau war am nächsten verwand mit Jägern und Sammlern, deren DNA man in Luxemburg und Spanien gefunden hatte.

Interessant ist, dass zu dieser Zeit in der Gegend von Syltholm bereits Ackerbau und Viehzucht betrieben wurde. Die Frau konnte aber nicht zu dieser Bevölkerung gehört haben, sondern die Bewohner der Siedlung ernährten sich von Fischen und als Jäger.

Ein 10.000 Jahre alter Kaugummi aus Schweden


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Es muss vor ca. 10.000 Jahren gewesen sein, als zwei Frauen und ein Mann in Schweden einen 'Kaugummi' kauten und später ausspuckten. Bei den Ausgrabungen in Huseby-Klev, einer frühmittelsteinzeitlichen Jagd- und Fischerstätte an der schwedischen Westküste, wurden in den 90er Jahren diese Kaugummireste aus Birkenpech gefunden.

Mit den Methoden moderner DNA-Sequenzierung wurden auch diese Birkenpech-Stücke untersucht. Und es gelang die DNA von zwei Frauen und von einem Mann aus den Proben zu isolieren. Die Forscher um Natalija Kashuba von der schwedischen Uppsala Universit publizierten dann die Ergebnisse in Nature. Die Analyse ergab, dass die drei Personen aus der Kultur der Jäger und Sammler sehr eng mit Populationen verwandt waren, die man aus Schweden, aber auch aus dem eiszeitlichen Europa kennt.

Interessant sind aber Werkzeuge, die bei den Ausgrabungen in Huseby-Klev gefunden wurden. Diese wurden mit Techniken hergestellt, die aus dem heutigen Russland stammten. Es scheint also eine ziemliche Durchmischung der Menschen in Europa zu Zeiten der frühen Steinzeit gegeben zu haben. Die Skandinavier tragen also auch Genmaterial der Russen in sich. Weitere Informationen finden sich in Artikeln des MDR, der neuen Presse und bei SPON.

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