Bist Du von Virushepatitis infiziert und weißt es nicht?

GesundheitAm 28. Juli war Welt-Hepatitis-Tag. Das Universitätsklinikum Leipzig wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Millionen Menschen mit Virushepatitis infiziert sind und nicht mal wissen. Eine Impfung kann bei Hepatits B helfen, ein Screening wäre zur Eindämmung wichtig, denn unbehandelt ist eine Infektion eine Zeitbombe für die Leber.


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Bis zu 325 Millionen Menschen sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO von chronischer Hepatitis B oder C betroffen, 290 Millionen davon ahnen nichts von ihrer Infektion. Hinzu kommen drei Millionen, welche gleichzeitig von beiden Viren betroffen sind. Hepatitis B betrifft 257 Millionen und Hepatitis C 71 Millionen Menschen. 290 Millionen der Betroffenen weltweit wissen nicht, dass sie eine tickende Zeitbombe in sich tragen.

In Deutschland sind es geschätzt 300.000 Menschen mit Hepatitis B und die gleiche Zahl mit Hepatitis C. Das berichtet die Deutsche Leberhilfe, die hierzulande Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages ist. Ohne Behandlung können chronische Hepatitisinfektionen die Leber schwer schädigen und letztendlich zu Leberzirrhose, Leberkrebs und Tod führen.

Hepatitis B

Hepatitis B ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wird. Sie kann im ersten halben Jahr folgenlos von selbst ausheilen, aber auch chronisch werden. Wer eine Hepatitis B spontan eliminiert hat, ist gewöhnlich für den Rest seines Lebens immun. Bei Erwachsenen heilt Hepatitis B im ersten halben Jahr in über 90% der Fälle von selbst aus. Kinder, Senioren und chronisch Kranke mit geschwächtem Immunsystem (z.B. HIV-Patienten oder Organtransplantierte) entwickeln dagegen häufiger eine chronische Hepatitis B. Bei Säuglingen verläuft eine akute Infektion sogar in 90% chronisch.

Chronische Hepatitis B verläuft von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Milde Verläufe sind möglich, die Infektion kann jedoch auch nach einigen Jahren oder Jahrzehnten zu Zirrhose und/oder Leberkrebs führen.

Sehr selten kann auch eine unauffällige oder vermeintlich ausgeheilte Hepatitis B nach vielen Jahren wieder aktiv werden, wenn das Immunsystem durch eine andere Erkrankung (z.B. AIDS) oder bestimmte Medikamente schwer beeinträchtigt wird (Chemotherapie oder Immunsuppressiva, z.B. nach einer Transplantation). Patienten in einer solchen Situation sollten engmaschig überwacht und ggf. vorsorglich mit virushemmenden Medikamenten behandelt werden, um eine solche „Reaktivierung" der Hepatitis B zu vermeiden.

Impfung gegen Hepatitis B möglich

Laut Deutsche Leberhilfe sind viele dieser schweren Krankheitsfälle wären vermeidbar. Gegen Hepatitis B gibt es seit langem eine Schutzimpfung und bei den Infizierten, welche einen chronischen Verlauf entwickeln, ist die Infektion mit einer Therapie gut kontrollierbar. Ganz heilbar ist die Infektion jedoch noch nicht. Es wird an künftigen Arzneimitteln geforscht, welche die Hepatitis-B-Therapie noch wirksamer machen können.

Fibromyalgie
(Quelle: pixabay.com, CC0 Creative Commons)


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Gegen Hepatitis C konnte bislang keine wirksame Schutzimpfung entwickelt werden. Dies ist hier schwierig, weil es selbst nach einer ausgeheilten Hepatitis-C-Infektion keine natürliche Immunität gibt und sich Betroffene jederzeit erneut anstecken könne. Im Mai 2019 kam die Nachricht, dass eine weitere Impfstoffstudie gegen Hepatitis C erfolglos blieb. Dafür ist man bei der Hepatitis-C-Therapie wesentlich weiter: Fast alle Hepatitis-C-Patienten können heute geheilt werden. Eine Tabletten­therapie über acht bis zwölf Wochen eliminiert schon beim ersten Versuch 95% der Hepatitis-C-Infektionen. Für die wenigen Menschen, die nicht schon im ersten Anlauf geheilt werden, bestehen erneut ähnlich hohe Heilungschancen mit einer zweiten, intensiveren Therapie.

Hepatitis C

Hepatitis C ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht wird. Eine Neuinfektion („akute Hepatitis C") führt nur selten zu Symptomen und kann bei etwa 20-50% der Betroffenen in den ersten sechs Monaten von selbst ausheilen. Meistens wird die akute Infektion jedoch chronisch (50-80%) und bleibt dann dauerhaft im Körper. Eine chronische Hepatitis C verläuft je nach Mensch und Lebenssituation unterschiedlich. Wird die Infektion nicht behandelt, kommt es nach zwei bis drei Jahrzehnten bei 15 bis 30% der Betroffenen zu Spätfolgen wie Zirrhose und Leberkrebs. Durch neue Medikamente ist Hepatitis C jedoch heute fast immer heilbar.

Erkennung wäre wichtig

Die Therapierbarkeit von Hepatitis B und C ist heute nicht mehr das dringlichste Problem. Vielmehr sind es die vielen unerkannten chronischen Hepatitis-Infektionen. Während die chronische Hepatitis-B-Infektion bereits gut kontrollierbar, aber selten heilbar ist, könnte Hepatitis C heute weltweit eingedämmt werden und ist praktisch immer heilbar.

„Doch gerade im Vergleich mit anderen Infektionskrankheiten wie HIV, Malaria oder Tuberkulose liegen Diagnose- und Therapierate weltweit zurück", betont Prof. Berg. Die WHO hat sich vorgenommen, bis 2030 die Häufigkeit von Hepatitis C Infektionen um 90 Prozent zu senken. Wie diese Ziele erreicht werden sollten, sei allerdings auch in Deutschland derzeit noch unklar, sagt Prof. Berg: „Zwar haben hier alle Patienten einfachen Zugang zur Therapie, aber ein Konzept für ein Screening und für Überweisungen zum behandelnden Facharzt existieren immer noch nicht."

Laut Deutscher Leberhilfe ist von einer großen Dunkelziffer von Menschen mit unentdeckter Hepatitis B und C auszugehen und es gibt kaum Bemühungen, dies zu ändern. Deshalb rechnet die WHO derzeit nicht damit, dass Deutschland die bis 2030 gesteckten Eindämmungsziele erreichen kann.

Dass bei den normalen Gesundheits-Voruntersuchungen in Deutschland keine Leberuntersuchung enthalten ist und eine mögliche Hepatitis so nicht entdeckt werden kann, bedauert der UKL-Experte sehr. „Andere Länder denken schon über ein Bevölkerungs-Screening nach oder zumindest eines für bestimmte Risiko- oder Altersgruppen", so Prof. Berg, „in Deutschland geht man jedoch davon aus, dass sich bei einem Anteil Infizierter von zirka 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung ein Screening der Allgemeinbevölkerung nicht ‚rechne'."

Pro Jahr 5000 neu entdeckte Fälle

Die Leber leidet stumm. Beschwerden bleiben lange Zeit aus oder sind eher unspezifisch, wie z.B. Müdigkeit oder Gelenkbeschwerden. Hepatitis-typische Symptome wie eine Gelbsucht betreffen nur eine Minderheit der Patienten. „Wie kann das sein? Ich war doch nie gelb!" ist oft die ungläubige Reaktion von Menschen, wenn sie erstmals von ihrer Hepatitisinfektion erfahren.

Ein effektives Screening und damit eine rechtzeitige Diagnose und Therapie können nicht nur die lebensgefährlichen Spätfolgen für den einzelnen Patienten verhindern, sondern auch Neuinfektionen in der Bevölkerung vermeiden. Studien haben gezeigt, dass sowohl die Therapie der Hepatitis B als auch der Hepatitis C kosteneffektiv ist.

Schätzungen zufolge gibt es hierzulande wohl rund 150.000 unentdeckte Erkrankte. Pro Jahr werden dem Robert-Koch Institut etwa 5000 neuentdeckte Hepatitis-Fälle gemeldet. Für Hepatitis C gibt es zwar keine Impfung. Doch ist eine einfache und nebenwirkungsarme Therapie auf Tablettenbasis möglich, die nur wenige Wochen dauert. Bei Hepatits C dauert die Behandlung ein Leben lang. Kurzzeittherapien seien allerdings in Entwicklung, meint UKL-Experte Berg.

Berg schreibt: „Der beste Schutz gegen Hepatitis B ist immer noch die Impfung. Da die Viren nur von Mensch zu Mensch übertragen werden, ist es wichtig, die Infektionsquellen auszutrocknen."Solche Quellen fänden sich verstärkt bei so genannten Risikogruppen, wie beispielsweise Menschen mit intravenösem Drogenkonsum. „Diese Menschen muss man erreichen, um die Infektionsketten zu unterbrechen", meint der UKL-Leberexperte. Dazu bräuchte es neben Gesundheitsprogrammen auch politischen Willen.

Ohne eine massive Zunahme der Diagnosen werden die Behandlungsraten sinken und die Möglichkeit vertan, diese beiden Hepatitisviren bis 2030 einzudämmen. Dem WHO-Aktionsplan haben 194 Länder (auch Deutschland) zugestimmt. Doch nur ein Teil der Länder weltweit – und gerade einmal sieben Länder mit hohem Durchschnittseinkommen – sind derzeit nach WHO-Schätzungen auf dem Weg, dieses Ziel im gesetzten Zeitrahmen zu erreichen.

Deutschland verliert den Kampf

Deutschland hat im Kampf gegen Hepatitis nicht mehr die Nase vorn und wurde letztes Jahr von der Liste der Länder gestrichen, welches das WHO-Ziel 2030 voraussichtlich erreichen werden. Der Grund: Hierzulande werden weniger als 7% der (geschätzten) Patienten pro Jahr behandelt. Deutschland ist vorbildlich beim Therapiezugang, aber schwächelt beim Screening. Wer hierzulande krankenversichert ist und von seiner chronischen Hepatitis B oder C weiß, bekommt eine Therapie von der Krankenkasse erstattet. Das Problem ist, dass auch in Deutschland viele Betroffene noch gar nicht diagnostiziert sind. Dies zeigt sich insbesondere bei der chronischen Hepatitis C: Die diagnostizierten Patienten sind mittlerweile fast alle behandelt und virusfrei, und es gibt kein nationales Screeningprogramm, um die noch unentdeckten Betroffenen zu diagnostizieren. Diese bleiben nach wie vor gefährdet, eines Tages an den tödlichen Spätfolgen der unbehandelten Hepatitis C zu erkranken.

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