Zukunft: Baumaterialien und Kleidung aus Pilzen

Wie können wir in der nicht mehr so fernen Zukunft zehn Milliarden Menschen ernähren und dabei Umweltschäden aller Art vermeiden? Wie stellen wir den steigenden Bedarf an Textilien oder Leder für eine wachsende Bevölkerung sicher, senken dabei jedoch erheblich den Wasserverbrauch und verzichten sogar auf Tierleid? Wie kommen wir weg vom Erdöl und stellen trotzdem Produkte der chemischen Industrie her? Wie bauen wir Häuser ohne klimaschädlichen Beton und klimaneutral? Diese sind nur einige der Zukunftsfragen, die die Menschheit heute bewegen. Potenzielle Antworten auf all diese Fragen lautet: Mit den neuesten Entwicklungen der Pilzbiotechnologie.


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Prof. Dr.-Ing. Vera Meyer (TU Berlin) hat dazu das Weißbuch „Growing a circular economy with fungal biotechnology"veröffentlicht. Dieses Grundsatzpapier fasst die Diskussionen führender europäischer und amerikanischer Forscher und global agierender Unternehmen zusammen. „Weltweit gibt es etwa sechs Millionen verschiedene Pilzarten, alle mit spezifischen Eigenschaften", sagt Vera Meyer. „Einige davon bieten uns heute die einmalige Chance, eine neuartige und innovative Wirtschaftsweise aufzubauen, die vollständig biobasiert ist und sich den Prinzipien Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit fest verschrieben hat."

Pilze sind nachhaltige Alleskönner

Ich gestehe, ich habe ad hoc erst einmal an Champions oder ähnliches gedacht, als ich auf das Thema gestoßen bin. Die Vorstellung: "Bau dir dein Haus aus Austernpilzen" oder "Wohnen im Fliegenpilz" wollte nicht so richtig in meinen Kopf. Aber an Bäumen gibt es ja auch den Zunderschwamm, der eine ganz andere Art an Pilz ist, das sie Champions & Co. darstellen. Und Pilze sind längst in der Produktion angekommen – auch Hefepilze werden seit Jahrtausenden zum Backen oder Brauen genutzt.

„Die wenigsten Menschen wissen, dass Pilze heute schon eine große Rolle bei der Produktion von Enzymen in verschiedenen Industrien spielen", erklärt Philipp Benz von der der TU Berlin. „Dazu gehört die Produktion von Lebensmitteln, Waschmitteln, Papier, Kraftstoffen, Medikamenten und weiteren Produkten der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Unser heutiger Lifestyle ist daher ohne Pilzbiotechnologie undenkbar, auch wenn dies den meisten Menschen nicht bekannt ist." Vera Meyer ergänzt: „Umso wichtiger, dass wir jetzt im Weißbuch detaillierter beschreiben, welche potenziellen Sprunginnovationen der Pilzbiotechnologie uns nun als Nächstes erwarten. Wir halten es für ein realistisches Szenario, dass wir in naher Zukunft auch Textilien, Verpackungen, Möbel und selbst Baustoffe mit Hilfe von Pilzen herstellen können. Und dies auf Basis von nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen aus der Agrar- und Forstwirtschaft."

Der Tagesspiegel hat einen Artikel über das Thema Pilze als Baustoffe veröffentlicht. Die Entwicklung von neuen Produkten und auch Produktionsprozessen ist aber äußerst komplex und erfordert große interdisziplinäre Anstrengungen und weitreichende Investitionen. Ein Ziel des oben erwähnten Weißbuchs ist es daher, die Öffentlichkeit, Lehrende, Entscheidern in Politik und Wirtschaft sowie Wissenschaftlern anderer Disziplinen zu informieren, welches zukunftweisendes Innovationspotenzial in der Pilzbiotechnologie steckt.

So informieren die Forscher im Weißbuch insbesondere darüber, dass diese Biotech-Branche mit der Entwicklung weiterer rohstoffbasierter Produkte und Wertstoffe zur Erreichung von zehn der 17 Nachhaltigkeitsziele beitragen kann, die von den Vereinten Nationen formuliert worden sind. Dazu gehören unter anderem die Produktion von ausreichenden Nahrungsmitteln für die Weltbevölkerung, sauberes Wasser, erschwingliche und saubere Energie aus nachwachsenden Rohstoffen und auch der Schutz des Klimas.

Beispielsweise werden für die Herstellung von einem Kilo Baumwolle 10.000 Liter Wasser benötigt. Die gleiche Menge Textilien aus Pilzen verbraucht nur 100 Liter. Verbundstoffe, die biotechnologisch aus Pilzen und pflanzlicher Biomasse wie Stroh oder Holzspänen gewonnen werden, und in der Baustoffindustrie eingesetzt werden könnten, produzieren bei der Herstellung ungleich weniger CO2 als herkömmliche Baustoffe wie Beton und sind nach Gebrauch auch noch kompostierbar.

Weitere Artikel finden sich im Pressebereich der TU-Berlin


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