Musik zum Sonntag: Nathan Evans – The Wellerman

Plattenspieler mit LP, Word Record Store DayHeute mal ein Shanty Song in der Musik zum Sonntag, der bereits 200 Jahre alt ist, aber gerade im Internet viral geht. Das Thema wäre wohl an mir vorbei gegangen, wenn ich nicht am gestrigen Samstag einige Kistchen Wein beim Weinhändler geholt hätte. Zufällig lief das Stück im Autoradio und ich habe mir Titel sowie Sänger gemerkt, zumal die Geschichte dahinter ganz nett ist. Also heute mal ein altes neuseeländisches Walfängerlied in der Musik zum Sonntag – und mit dem Hintergrund aus diesem Beitrag kann man ggf. auch noch bei den Enkeln punkten – man gönnt sich ja sonst nix.


Anzeige

The Wellerman ist ein ca. 200 Jahres altes Shanty Lied über Walfänger, die einsam auf ihren Schiffen auf dem Meer ausharrten und auf bessere Zeiten hoffen. Besungen wird im Stück das dringend erwartete Versorgungsschiff "The Wellerman" (der Weller Company), das Nachschub in Form von "Zucker, Tee und Rum" bringt. Bezahlt wird mit den Produkten aus dem Walfang. Die Geschichte des Lieds und der englische Liedtext lässt sich im Beitrag Soon May the Wellerman Come nachlesen. Genau das ist der Stoff für solche Shanty Lieder, die dann von einem Shanty-Chor wiedergegeben werden –  passend zur Coronavirus-Pandemie, wo wir auf bessere Zeiten hoffen. Aber nun zur Geschichte, warum das Lied aktuell "in aller Munde" ist.

Der schottische Briefträger und TikTok

Im Moment macht The Wellerman nämlich im Internet Furore, weil der 26 jährige schottische Briefträger Nathan Evans das Stück aufgenommen und Ende Dezember 2020 auf die Internet Plattform TikTok hochgeladen hat. Auf Wikipedia lässt sich nachlesen, wie Evans auf diese Idee kam (Vorschlag seiner Abonnenten), genau dieses Stück aufzunehmen und neben weiteren Songs auf TikTok hochzuladen. Über nachfolgendes Bild lässt sich die Aufnahme des Stücks The Wellerman, gesungen von Nathan Evens, auf YouTube abrufen

Nathan Evens - The Wellerman
Nathan Evens – The Wellerman (TikTok-Aufnahme)

Und dann ging, auch dank der Coronavirus-Pandemie, die Post ab. DW schreibt in diesem Artikel, dass Evans auf TikTok schon über 157 Millionen Likes erhalten habe. Aber da geht noch mehr, denn das Stück geht in sozialen Medien viral, auch auf Grund der Mitsing-Möglichkeit. Denn auf TikTok gibt es eine Funktion, um sich online zusammenzuschalten und parallel zu musizieren. Über nachfolgendes Bild lässt sich die Aufnahme einer solchen Sitzung mit Nathan Evens im Zentrum auf YouTube abrufen.

Nathan Evens - The Wellerman Remix Epic
Nathan Evens – The Wellerman Remix Epic

Einfach cool, ein Mädel schaltet sich zu und begleitet das Ganze auf einer Geige, weitere Sänger werden in Teilfenstern eingeblendet. Es ist quasi ein weltweiter Shanty Chor, bestehend aus jungen Leuten. Macht einfach Spaß, da zuzuhören und zuzuschauen. SWR hat hier noch einige Informationen zum Typ mit dem roten Holzfällerhemd zusammen gestellt. Luke Taylor aus Philadelphia singt den Bass in diesem Stück. Inzwischen gibt es auf Youtube eine ganze Sammlung solcher sogenannter Remixe zum Abrufen.

The Drunken Sailor, welches wohl jeder Blog-Leser oder -Leserin kennt und vielleicht sogar schon mitgesungen hat, kann hier abgerufen werden. Schon cool, wenn sich da ein junger Mann mit einer irischen Bodhrán Rahmentrommel zuschaltet – und sage noch jemand, die jungen Leute hängen nur am Handy und spielen oder liken in sozialen Netzwerken und können sonst nix.

Für Nathan Evans hat der Erfolg von The Wellerman noch eine persönliche Note. Er hat seinen Job als Postbote aufgegeben und will jetzt sein Karriere als Musiker verfolgen. Da er bereits einige Songs auf TikTok, YouTube und sozialen Medien eingestellt hat, die recht gut abgerufen werden, dürfte er über Werbung einige Pfund verdienen. Zudem hat Evans bereits einen "Plattenvertrag" bekommen und sein Stück The Wellerman ist in der britischen Hitparade auf Platz 2.


Werbung

Allerdings ist das Geschäft recht schnelllebig, wer heute Internet-Star ist, kann morgen schon wieder out sein. Auch wenn die Stücke von Evans eine gewisse Frische haben, ist es nach meinem Gefühl nur ein "spezielles Internet-Phänomen". Vielleicht kann Evans seine Stimme noch etwas ausbauen, Talent hat er ja (wie man hier hören kann). Aber an die Stimmgewalt mancher Sänger kommt er zur Zeit (noch) nicht heran. Ich habe mal etwas gesucht, nachfolgend ist eine Aufnahme des Stücks von einem Shanty-Chor abrufbar- das ist musikalisch schon eine andere Nummer. 

Shanty-Chor - The Wellerman
Shanty-Chor – The Wellerman

Auch diese TikTok-Aufnahme, eingestellt auf YouTube, aber mit einem anderen Vorsänger, spielt stimmlich schon in einer etwas anderen Liga. Viel Spaß beim Hören. Und jetzt lässt sich ggf. mit dem Wissen aus dem Blog-Beitrag bei den Enkeln punkten.  

Kleines Post-Script: Während die Aufnahmen von Nathan Evans binnen einer Woche Millionen Abrufe auf YouTube erhalten, kann die obige Aufnahme des Shanty-Chors aus dem Januar 2018 erst 800.000 Abrufe verzeichnen. Man sieht also, im Internet läuft vieles nach anderen Regeln. Von daher drücke ich Nathan Evans mal beide Daumen, dass es mit der Karriere als Sänger klappt. Es ist das Privileg der Jugend, etwas wagen zu können. Ich selbst habe mit 38 Jahren den Sprung aus einem Management-Job in die Selbständigkeit als Buchautor gewagt – und alle hielten mich für meschugge. Seit dem 1. Oktober 1993 sind wir 27 1/2 Jahre weiter, und ich kann auf eine geniale Zeit als Autor und Blogger zurückblicken, hat also (auch ohne singen) geklappt. 

Ähnliche Artikel:
Musik zum Sonntag: Dave Brubeck – Take Five
Musik zum Sonntag: Ekseption … Toccata
Musik der Jazz-Legende Jan Garbarek zum Sonntag
Candy Dulfer: Lily was here
Musik zum Sonntag: Tito & Tarantula 'After dark'
Musik zum Sonntag: Little Eva – The Locomotion
Musik zum Sonntag: The Searchers – Love potion number 9
Musik zum Sonntag: She's not there – The Zombies
Musik zum Sonntag: Sade – Smooth Operator
Musik zum Sonntag: El Condor Pasa
Musik zum Sonntag: Johnny Wakelin – In Zaire
Musik zum Sonntag: Cat Stevens 'Lady D'Arbanville'
Musik zum Sonntag: Procol Harum – A Whiter Shade of Pale
Musik zum Sonntag: The Champs "Tequila"
Musik zum Sonntag: Blues Brothers 'Rawhide'
Musik zum Sonntag: Corey Hart 'Sunglasses at night'
Musik zum Sonntag: Alan Stivell – Tri Martolod
Musik zum Sonntag: Janis Joplin – Mercedes Benz
Musik zum Sonntag: The Foggy Dew – Ye Jacobites by Name
Musik zum Sonntag: Sonny & Cher – Little Man
Musik zum Sonntag: The Box Tops – The Letter
Musik zum Sonntag: Metallica – Nothing Else Matters
Musik zum Sonntag: The Lords – Poor Boy
Musik zum Sonntag: The Doors – Riders on the Storm
Musik zum Sonntag: Deep Purple – Child in Time
Musik zum Sonntag: The Dead South – In Hell I'll Be In Good Company
Musik zum Sonntag: Poruska Poranya (Порушка-пораня)
Musik zum Sonntag – The Hooters – 500 Miles
Musik zum Sonntag: Kungs – 'I feel so bad'
Musik zum Sonntag: Mory Kanté – Yéké yéké
Musik zum Sonntag: The Stranglers – Golden Brown
Musik zum Sonntag: Police – Don't Stand So Close To Me
Musik zum Sonntag: Lost Frequencies – Are you with Me
Musik zum Sonntag: Adrian Celentano – Azzurro
Musik zum Sonntag: Bill Withers – Ain't No Sunshine
Musik zum Sonntag: The Lovin' Spoonful – Summer in the City
Musik zum Sonntag: 10cc – Dreadlock Holiday
Musik zum Sonntag: Kansas – Dust in the Wind
Musik zum Sonntag: Gregory Isaacs – Night Nurse
Musik zum Sonntag: David Bowie – This Is Not America
Musik zum Sonntag: Spliff – Cabonara
Musik zum Sonntag: Nena – Nur geträumt …


Cookies blockieren entzieht uns die Finanzierung: Cookie-Einstellungen

Anzeige


Dieser Beitrag wurde unter Musik abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Musik zum Sonntag: Nathan Evans – The Wellerman

  1. Remo sagt:

    Danke für den Tipp !
    Macht einfach Laune zum zuhören.

  2. Manuhiri sagt:

    Ich darf hier mal kurz auf Gary Moore verweisen, der am Samstag vor 10 Jahren verstarb. In meinem Fundus befindet sich u.a. 'Blues for Greeny', ein Werk gewidmet einem früheren Förderer. Zwar eine alte Schnitte, aber hat immer noch was…

    Kinnäs, wie die Zeit vergeht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert