Erster Rhabarberkuchen im Jahr: Wie gewonnen, so zerronnen

Rhabarber-Kuchen mit Baiser-HaubeDa ist sie wieder, die Spargel- und Rhabarber-Zeit – die bis Mitte Juni geht – danach muss der Spargel sich erholen und der Rhabarber bildet zu viel Oxalsäure. Den ersten Spargel hatten wir vor einer dicken Woche – teuer, aber lecker. Im Garten ist der Rhabarber schon kräftig ausgeschossen – aber zum Ernten noch zu klein. Trotzdem gab es gestern den ersten Rhabarberkuchen der Saison – fein mit Baisse-Haube.


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Am Rhabarbara, oder wie das Zeugs heißt, scheiden sich ja die Geister. Der ist mir zu sauer, geht mir der Spruch einer bestimmten Person durch den Kopf, wenn ich die Pflanze in meinem Garten sehe – genau genommen sind es sogar zwei Pflanzen, denn ich habe die Wurzel dieses Frühjahr geteilt. Vorher noch etwas Pferdemist auf einem Waldweg gefunden und spontan in einem Müllbeutel mitgenommen. Denn Rhabarber ist ein Starkzehrer, der viel Dünger braucht. Aber gut, wir sind beim Essen, da lassen wir den Pferdemist mal beiseite …

Ich Kuchen-Vertilger

Beim Thema Kuchen ist das auch so eine Sache. Der Eine mag Kuchen, der Andere nicht. Ich bin so ein Kuchen-Vertilger (solange es keine fette Butterkreme-Torte oder kalter Hund ist). Tja, was soll ich sagen, beste Ehefrau von Welt ist eine begnadete Kuchenbäckerin – und zur Not backt Mann auch mal selbst. Es gibt zwar den Spruch: Wir essen zu viel Zucker, und Leute legen vom vielen Süßkram zu. Wenn ich dann entgegne: Aber wir doch nicht, wir kochen doch selbst und essen doch kaum Zucker, kontert es vom anderen Ende des Küchentischs – Du und deine Kuchen, von wegen wenig Zucker …

Nun gut, meinen Kuchen lasse ich mir nicht nehmen – müssen ja nicht gleich drei Stücke zum Frühstück sein – aber was Kleines zum Espresso nach dem Essen geht immer. Zum "zu viel Zucker" macht dick und verursacht Diabetes nur so viel: Bei dem vielen Sport und Bewegung, die ich habe, kämpfe ich eher damit, dass die Pfunde endlich hoch gehen, statt runter. Und bei bestimmten Bodenübungen hat man schon den Seufzer "wat würde ich jetzt für ein bisschen Hüftgold geben" vernommen. Also an dieses Thema kann ich einen Haken machen.

Beim Thema Diabetes weiß ich noch nicht so recht. Bin noch am nachdenken, was das "rufen Sie mal den Patienten mit den Blutzuckerwerten eines 20 jährigen rein, den Namen kann ich gerade nicht lesen, aber bei diesen niedrigen Laborwerten und dem Alter kann was nicht stimmen" des Arztes zur Sprechstundenhilfe bedeuten mag. Die Doktores sind aber auch immer so verklausuliert und murmeln was von adipös statt "sie sind zu fett junger Mann, specken se mal ein wenig ab" zu sagen. Ok, war jetzt geflunkert – auch da bewege ich mich Laborwerte-mäßig seit vielen Jahren im grünen Bereich – darf mich also sozusagen immer oralen Freuden hingeben und was lustgesteuertes zum Essen gönnen.

Es gibt Rhabarber … Kuchen

Es fing mit einer ganz harmlosen Bemerkung an: Ich habe gestern (also Mittwoch) beim Bauern Rhabarber gesehen und gekauft, bemerkte Frau. Soll ich einen Rharbarberkuchen backen, kam die Anschlussfrage? So mit Baiser oben drauf? Gab natürlich sofort grünes Licht für das Projekt Rhabarberkuchen mit Baissee-Haube und jemand begann schon einzuspeicheln.

Rhabarber-Kuchen mit Baiser-Haube
Rhabarberkuchen mit Baissee-Haube, Quelle: Geraud Pfeifer, Pexels, freie Verwendung

Und Donnerstag stand dann zum mittäglichen Espresso der Rhabarberkuchen mit Baissee-Haube auf dem Küchentisch. Mann teilte schon die Stücke auf: Donnerstag eines, Freitag eines – vielleicht am Abend noch eines, könnte bis Samstag reichen – und dann könnte man ja wieder backen … und plötzlich war mir klar, wie der Spruch "das Fell des Bären verteilen, bevor er erlegt wurde" her kommt.


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Ich sage mal so: Mit Rhabarberkuchen funktioniert dieser Spruch nicht so wirklich – so was muss kurz und knackig sein.

Wie gewonnen, so zerronnen

Das kurz und knackig lautetet in meinem Fall so: Zwei große Stücke für die Bäckerin und mich zum Donnerstag – ein Stück für die Nachbarin nebenan. "Ich gebe der Frau Sowieso ein Stück ab, die lebt ja alleine, ist doch in Ordnung?" Da konnte ich nur nicken, sonst gilt man als verfressen, und überhaupt, ist ja noch dreiviertel des Kuchens da. Aber die Nachbarin isst doch keinen Kuchen – behauptet sie immer – nur das Stück war auf immer verloren. Rückmeldung: War der Kuchen lecker, obwohl ich keinen Kuchen mag …

Neben dem Fell des Bären gibt es noch die bekannte Salamitaktik, mit der ich unerbittlich konfrontiert wurde. "Ach, den anderen Nachbarn müsste ich auch noch ein Vierteil abgeben" … (sind ja unsere Lieblings-Nachbarn), dabei essen die weder Johannisbeeren (zu sauer) noch Rhabarber (igitt, ist ja sauer) – "Uii, Rhabarberkuchen, klasse, vielen Dank" … und das Vierteil war auf immer verloren.

Aber es ist ja noch ein halber Kuchen übrig, sei mal nicht so gierig. Dann kam die Tochter von der Arbeit "Uii, gibt Rhabarberkuchen" und machte sich sich daran, das eine oder andere Stück zu verputzen. Gut, ich gönne es meinem Kind … ist ja noch ein Viertel da?

Als ich heute hoffnungvoll nachzählen wollte, für wie viele Tage es noch reicht, mich aber die leere Kuchenplattz so plötzlich und unverhofft ansprang, schoss mir folgendes durch den Kopf: Hilfe, wann ist wieder Wochenende? Wo kriegen wir Rhabarber her? Leben kann schon echt grauselig zu dir sein …

PostScript: Als Notnagel habe ich noch Früchtekuchen von Weihnachten – backt Frau für mich. Das isst keiner außer mir. Und im Moment übe ich mich in Mikroschnitten am Früchtekuchen, damit die Notration möglicht lange hält. Gibt dann zwar im November wieder die Diskussion "ich back dir keinen Früchtekuchen mehr, Du isst den ja nicht zu Weihnachten …" – aber bisher habe ich es immer geschafft, dass dann plötzlich doch zwei Früchtekuchen in der Blechdose lagen. Meiner Frau erzähle ich dann immer "Je länger der liegt, desto besser schmeckt der …" – man muss sich nur argumentativ zu helfen wissen. Und wenn alle Stricke reißen, im Bio-Markt gibt es inzwischen´Frühstücks(leb)kuchen' – oder Ontbijtkoek, wie die Niederländer sagen. Früher bin ich einmal im Jahr nach Holland gefahren und habe den Kofferraum auf der Rückfahrt mit Ontbijtkoek, Klontje-Koek oder Gember-Koek voll beladen. Die Niederländer haben sich immer schlapp gelacht – und selbst die Politessen haben schon mal ein Auge zugedrückt, wenn die Parkzeit abzulaufen drohte, ich aber noch am Verladen war.

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