Saturn: Mond Enceladus, das Methan und die Spekulation um Leben

Die Eismonde der Planeten Jupiter und Saturn gelten bei Wissenschaftlern als aussichtsreiche Kandidaten für Leben. Insbesondere der Saturn-Mond Enceladus befeuert Spekulationen die dieser Richtung. Denn Sonden, die durch Fontänen von Wassereis flogen, die  der Mond aus Eisspalten in den Weltraum schleuderte, haben Methangas gemessen. Ist dieses Methan ein Zeichen von Leben?


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Die Raumsonde Cassini kreist seit Jahren um den Saturn und fliegt immer mal wieder in der Nähe der Saturnmonde vorbei und machte zahlreiche Entdeckungen. Eine gute Übersicht über die Cassini-Huygens-Mission findet sich auf Wikipedia. Bei einem dieser Vorbeiflüge ist es der Raumsonde gelungen, in den vom Eismond Enceldaus ausgestoßenen Eisfontänen Wasserstoff nachzuweisen (siehe Cassini findet Wasserstoff auf Saturnmond Enceladus). Das könnte ein Hinweis auf Leben sein, welches in einem unter dem Eispanzer des Mondes vermuteten Ozean vorhanden sein könnte.

Neue Studie von Astrobiologen

Es war eine Veröffentlichung der französischen Astrobiologen Antonin Affholder und Régis Ferrière von der Université de recherche Paris Sciences et Lettres von Mitte Juni 2021, die solche Spekualtionen befeuerten. In der Fachzeitschrift Nature Astronomy erschien deren Artikel Bayesian analysis of Enceladus' plume data to assess methanogenesis, in der die Wissenschaftler schreiben, dass die NASA-Mission Cassini die Existenz eines Ozeans und hydrothermale Aktivitäten unter der eisigen Oberfläche des Saturnmondes Enceladus nachgewiesen habe. Auf der Erde sind Hydrothermalsysteme in Ozeanen mit mikrobiellem Leben verbunden. Die Wissenschaftler stellen die Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass die hydrothermalen Schlote von Enceladus auf dem Grund dieser Ozeane für erdähnliche Mikroorganismen bewohnbar sind?

Die Forscher vermuten, dass eine hydrothermale Zirkulation wahrscheinlich für die wasserreichen Fontänen verantwortlich ist, die vom Mond aus Rissen in der Eis-Oberfläche in den Weltraum ausgestoßen werden. Die Raumsonde Cassini hat solche Wasserfahnen mehrmals durchquert und konnte ihre Zusammensetzung mittels Massenspektroskopie messen. Dabei wurde festgestellt, dass der sogenannte Plume eine relativ hohe Konzentration von Dihydrogen (H2), Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) enthält.

Saturn Eceladus Ozean

In den hydrothermalen Schloten der Erde kann Methan abiotisch in H2-reichen Fluiden produziert werden, allerdings mit einer langsamen Geschwindigkeit. Der größte Teil der Produktion geht auf Mikroorganismen zurück, die das chemische Ungleichgewicht des hydrothermal erzeugten H2 als Energiequelle nutzen und in einem als Methanogenese bezeichneten Prozess Methan (CH4) aus Kohlendioxid (CO2) herstellen. Die Suche nach Methanogenen auf dem Meeresboden von Enceladus würde extrem anspruchsvolle Tieftauchmissionen erfordern, die erst in einigen Jahrzehnten in Sicht sind.

Die Wissenschaftler haben daher einen anderen, einfacheren Weg gewählt, um herauszufinden, auf welche Weise das Methan entstanden sein könnte: Sie haben mathematische Modelle erstellt, um die Wahrscheinlichkeit zu quantifizieren, dass verschiedene mögliche Prozesse, einschließlich der biologischen Methanogenese, die Cassini-Daten erklären könnten.

In Modellen fanden die Forscher heraus, dass die Menge an Dihydrogen, die aus dem Plume entweicht, mit den Bedingungen im tiefen Ozean vereinbar ist, die das Wachstum des modellierten hydrogenotrophen Methanogens ermöglichen. Interessanterweise, so die Wissenschaftler, wäre die Veränderung des Wasserstoffgehalts der Abgasfahne wahrscheinlich vernachlässigbar, wenn solche Mikroorganismen diesen Diwasserstoff tatsächlich verbrauchen würden.


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Der Nachweis von Dihydrogen im Plume darf also nicht gegen eine biologische Methanogenese in der vermuteten hydrothermalen Umgebung von Enceladus (oder in analogen terrestrischen hydrothermalen Schloten) ausgelegt werden. Außerdem reicht selbst die höchstmögliche Schätzung der abiotischen Methanproduktion (ohne biologische Hilfe) aus der bekannten hydrothermalen Chemie bei weitem nicht aus, um die in der Wolke gemessene Methankonzentration zu erklären. Im Gegensatz dazu könnte die biologische Methanogenese genügend Methan produzieren, um die Beobachtungen von Cassini zu bestätigen.

Die Schlussfolgerungen

Die Wissenschaftler schreiben, dass ihre Modelle kein Beweis für Leben auf dem Saturnmond liefern. Aber sie geben Hinweise, die für ein besseres Verständnis der von Cassini gemachten Beobachtungen erforderlich sind. Die Forschung müsse die abiotischen Prozesse aufklären, die genügend Methan produzieren könnten, um die Daten zu erklären. Methan könnte zum Beispiel aus der Pyrolyse ursprünglicher organischer Materie stammen, die vermutlich im Kern von Enceladus vorhanden ist und durch hydrothermale Prozesse teilweise in Dihydrogen, Methan und Kohlendioxid umgewandelt werden könnte.

Ein alternativer Mechanismus ist das Ausgasen von ursprünglichem Methan, das seit der Entstehung von Enceladus im Gestein gebunden ist. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Kombination aus einer erhöhten abiotischen Methanproduktion und einer biologischen Methanogenese die beobachtete Methanmenge im Plume ergeben könnte.

Bei diesem Gedankenexperiment hängt die Ablehnung einer der beiden Hypothesen (abiotische Methanproduktion oder biologische Methanogenese) zum Teil davon ab, für wie wahrscheinlich man diese Hypothesen a priori hält. Wenn zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben auf Enceladus als gering eingestuft wird, unterstützt dies die Hypothese der Pyrolyse stark. Die Forschungsarbeit liefert daher vor allem Modell, mit denen abgeschätzt werden kann, wie bewohn- oder besiedelbar für Leben eine Umgebung letztendlich ist.

Die Wissenschaftler sehen im Methan-Fund keinen Beleg, dass es mikrobakterielles Leben auf dem Boden des Ozeans von Eceladus gibt. Aber die Antwort lässt sich wohl nur vor Ort finden. Deutschsprachige Artikel, die sich mit der obigen Forschungsarbeit befassen, finden sich bei spektrum.de und bei heise.

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