Nova um Stern RS Ophiuchi erstmals im Gammastrahlenbereich direkt beobachtet

Es war ein Novum in der Astronomie. Astronomen haben mit dem Gammastrahlen-Observatorium H.E.S.S. in Namibia erstmals direkt eine Sternexplosion (Nova) um das Doppelsternsystem RS Ophiuchi im Gammastrahlenbereich beobachtet.


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Laut Wikipedia ist RS Ophiuchi (kurz RS Oph) ist eine rekurrierende (wiederkehrende) Nova im Sternbild Schlangenträger. In den normalen Phasen hat sie eine scheinbare Helligkeit von 12,5 mag. In den Jahren 1898, 1933, 1958, 1967, 1985, 2006 und August 2021 erfolgten Helligkeitausbrüche bis auf 4,5 mag. RS Ophiuchi gehört zu den symbiotischen Sternen, das heißt, es handelt sich um ein Doppelsternsystem aus einem Weißen Zwerg und einem Roten Riesen.

Weiße Zwerge sind ausgebrannte, alte Sterne, die in sich zusammengefallen sind und sehr kompakte Objekte bilden. Sind sie Teil eines Doppelsternsystems, können sogenannte Novae entstehen – nämlich dann, wenn ein Weißer Zwerg mit einem großen Stern in einem System kreist und aufgrund seiner Gravitation Materie von seinem massereichen Begleiter aufsammelt. Überschreitet die aufgesammelte Masse eine kritische Grenze, kommt es zu einer thermonuklearen Explosion auf der Oberfläche des Weißen Zwergs.

Genau das passiert bei RS Ophiuchi. Dessen Zwergstern saugt dabei Materie vom Roten Riesen ab. Nach etwa 20 Jahren hat sich genug Gas angesammelt, um unter der starken Gravitation des Weißen Zwergs eine thermonukleare Explosion zu entzünden.

Manche Novae treten in regelmäßigen Abständen immer wieder auf. wie eingangs beschrieben, ist RS Ophiuchi eine solche wiederkehrende Nova; alle 15 bis 20 Jahre gibt es eine Explosion auf der Sternoberfläche. "Die Sterne, die das System bilden, haben in etwa den gleichen Abstand wie Erde und Sonne", erklärt Alison Mitchell, Wissenschaftlerin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Leiterin des H.E.S.S.-Nova-Programms. "Als die Nova im August 2021 wieder explodierte, konnten wir mit den H.E.S.S.-Teleskopen zum ersten Mal eine galaktische Explosion in sehr hochenergetischer Gammastrahlung beobachten."

RS-Ophiuchi-Nova-Explosion
Künstlerische Darstellung der RS-Ophiuchi-Nova-Explosion: Die schnellen Stoßwellenfronten bilden die Form eines Uhrenglases aus, in der die Gammastrahlung produziert wird. Sie wird dann von den H.E.S.S.-Teleskopen (im Vordergrund) aufgezeichnet. Bild: DESY / H.E.S.S., Science Communication Lab

Dabei registrierte die Forschungsgruppe, dass die Teilchen auf mehrere hundertmal höhere Energien beschleunigt wurden als bei zuvor beobachteten Novae. Außerdem wurde die von der Explosion freigesetzte Energie höchst effizient in die Beschleunigung von Protonen (Wasserstoffatomkerne) und schwererer Kerne umgewandelt. Dabei erreichte die Teilchenbeschleunigung die Maximalgeschwindigkeiten, wie sie in theoretischen Modellen berechnet werden. "Die Beobachtung, dass in kosmischen Stoßwellen in der Realität das theoretische Limit der Teilchenbeschleunigung erreicht werden kann, hat enorme Auswirkungen für die Astrophysik", sagt Ruslan Konno, Doktorand bei DESY in Zeuthen. "Sie legt nahe, dass der Beschleunigungsprozess genauso effizient bei noch viel extremeren kosmischen Explosionen – den sogenannten Supernovae – sein könnte."

Bei der Eruption von RS Ophiuchi konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Nova in Echtzeit mitverfolgen und so zum ersten Mal die kosmische Teilchenbeschleunigung wie einen Film beobachten und studieren. H.E.S.S. konnte höchstenergetische Gammastrahlen noch bis zu einen Monat nach der Explosion messen. "Diese Art der Beobachtung ist neu und erlaubt in Zukunft noch genauere Einblicke in die Funktionsweise kosmischer Explosionen", sagt Dmitry Khangulyan, Theoretiker an der Rikkyo Universität im japanischen Tokyo. "So könnte es zum Beispiel sein, dass Novae zur allgegenwärtigen kosmischen Strahlung beitragen und damit die Dynamik ihrer unmittelbaren Umgebung wesentlich beeinflussen." Bei der sogenannten kosmischen Strahlung handelt es sich um einen Hagel energiereicher subatomarer Teilchen, der aus allen Richtungen des Weltalls gleichmäßig kommt, und dessen genaue Ursprünge noch nicht vollständig geklärt ist.


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Das Observatorium H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia besteht aus fünf sogenannten Tscherenkow-Teleskopen, die zur Untersuchung von Gammastrahlung aus dem Weltraum eingesetzt werden. Im größten Teleskop wurde eine neue, hochsensible Kamera installiert, eine sogenannte FlashCam, die dem neusten Stand der Technik entspricht. Solche FlashCams werden derzeit auch für das Gammastrahlen-Observatorium der nächsten Generation weiterentwickelt, das Cherenkov Telescope Array (CTA). "Die neue Kamera ist seit Ende 2019 in Betrieb. Diese Messung zeigt, welches Potenzial in den Kameras der neuesten Generation steckt", betont Simon Steinmaßl, Doktorand am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, der mit der Analyse der Kameradaten betraut ist.

Die Teleskope wurden schnellstmöglich auf die Nova ausgerichtet, nachdem das Ereignis von einem Amateurastronomen gemeldet wurde. Auch diese schnelle Reaktion trug zum Erfolg der Beobachtung bei und ermöglichte umfangreiche Nachbeobachtungen. "In den nächsten Jahren wird sich durch Forschung mit CTA-Teleskopen zeigen, ob diese Art von Novae besonders sind", erklärt H.E.S.S.-Direktor Stefan Wagner, Professor an der Landessternwarte in Heidelberg. Zudem wissen Beobachtende nun genauer, wonach sie suchen müssen. Somit ergeben sich eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, die Geschehnisse im Zusammenhang mit Novae besser zu verstehen und beschreiben, betont Wagner. "Diese Messung stellt einen weiteren Erfolg in der Gammaastronomie dar und lässt uns hoffen, noch viele weitere kosmische Explosionen mit H.E.S.S. und zukünftigen Gammastahlen-Teleskopen zu studieren."

Die die H.E.S.S.-Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Science erschienen ist. Aharonian, F. et al. (H.E.S.S. Collaboration)(2022): Time-resolved hadronic particle acceleration in the recurrent nova RS Ophiuchi, Science (arXiv.org-Preprint)
Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY


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