Sternenkatalog des Hipparchus wiederentdeckt?

Es war eine Sensation, die Mitte Oktober 2022 vermeldet wurde. Und es ist eine ganz krasse Geschichte. Vermutlich hat ein Bibelschüler Fragmente des ersten bekannten Himmels- oder Sternenkatalogs des Hipparchus in alten Bibeltexten entdeckt.


Anzeige

Die Sternkarte des Hipparchos

Hipparchos von Nicäa (deutsch Hipparch; * um 190 v. Chr. in Nicäa; † um 120 v. Chr. wahrscheinlich auf Rhodos) war der bedeutendste griechische Astronom seiner Zeit. Er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Astronomie und war auch Geograf und Mathematiker.

Hipparchos ging bei seinen Forschungsarbeiten mit äußerster Genauigkeit vor. Er berechnete den bis dahin besten Sternkatalog mit den Örtern und Helligkeiten von etwa 900 Sternen und entwarf die zugehörige Sternkarte. Leider ging dieser Sternenkatalog bzw. die zugehörige Karte verloren.

Student soll altes Bibelmanuskript studieren

Wissenschaftler suchen seit Jahrhunderten nach dem Sternenkatalog des Hipparchus, der als verloren galt. Nun hat man offenbar Teile auf einem Manuskript aus dem griechisch-orthodoxen Katharinenkloster auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten wiederentdeckt.

Es handelt sich Codex Climaci Rescriptus, eine Sammlung syrischer Texte aus dem zehnten oder elften Jahrhundert. Diese Texte waren auf einem Palimpsest geschrieben. Das ist Pergament, das vom Schreiber von älterem Text befreit wurde, damit es wiederverwendet werden konnte.

Die meisten der 146 Blätter des Manuskripts (oder Folios) befinden sich heute im Besitz des Bibelmuseums in Washington DC. Es ist bekannt, dass diese Praxis, Pergament wieder zu beschreiben, in der Antike und im Mittelalter häufig angewandt wurde, und man vermutete, dass ass die ältere Schrift weitere christliche Texte enthielt. 2012 bat der Bibelwissenschaftler Peter Williams von der Universität Cambridge (Großbritannien) seine Studenten, die Seiten im Rahmen eines Sommerprojekts zu untersuchen.

Einer von ihnen, Jamie Klair, entdeckte unerwartet eine Passage in griechischer Sprache, die oft dem Astronomen Eratosthenes zugeschrieben wird.

Genaue Untersuchung ergaben eine Sensation

Im Jahr 2017 wurden die Seiten mit modernster multispektraler Bildgebung neu analysiert. Forscher der Early Manuscripts Electronic Library in Rolling Hills Estates, Kalifornien, und der University of Rochester in New York nahmen 42 Fotos jeder Seite in verschiedenen Lichtwellenlängen auf und suchten mit Hilfe von Computeralgorithmen nach Kombinationen von Frequenzen, die den verborgenen Text hervorheben.

Auf dem mittelalterlichen Pergament aus einem ägyptischen Kloster war ein überraschender Schatz versteckt. Unter den christlichen Texten haben Wissenschaftler einen Teil des lange verschollenen Sternenkatalogs des Astronomen Hipparchus entdeckt.


Werbung

James Evans, Astronomiehistoriker an der University of Puget Sound in Tacoma, Washington, bezeichnet den Fund als "selten" und "bemerkenswert". Der Auszug wurde Mitte Oktober 2022  online im Journal for the History of Astronomy1 veröffentlicht. Laut Evans beweist er, dass Hipparchus, der oft als der größte Astronom des antiken Griechenlands angesehen wird, den Himmel tatsächlich Jahrhunderte vor anderen bekannten Versuchen kartiert hat. Es beleuchtet auch einen entscheidenden Moment in der Geburtsstunde der Wissenschaft, als die Astronomen dazu übergingen, die Muster, die sie am Himmel sahen, nicht mehr nur zu beschreiben, sondern sie zu messen und vorherzusagen.

Details finden sich in dieser englischsprachigen Mitteilung, sowie in dieser Veröffentlichung. Deutschsprachige Artikel mit mehr Details finden sich beispielsweise bei heiseScinexx oder Spiegel Online. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie die Wissenschaft auf überraschende Funde und Erkenntnisse aus der Vergangenheit stößt.

Sternenkatalog sichtbar gemacht

Ergänzung: In obigem Tweet ist ein Bild der sichtbar gemachten griechischen Schrift zu sehen. Details finden sich im englischsprachigen Beitrag auf ArsTechnica.


Cookies blockieren entzieht uns die Finanzierung: Cookie-Einstellungen

Anzeige



Dieser Beitrag wurde unter Wissenschaft abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert