Das Desaster mit der Grundsteuererklärung

ParagraphBis zum 31. Januar 2023 sollten eigentlich alle Wohnungs- und Grundbesitzer in Deutschland eine "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuer", in der Regel elektronisch, bei ihrem Finanzamt abgeben. Um Mitternacht ist diese Frist abgelaufen – aber zum 25. Januar 2023 ware erst 64,3 Prozent der Erklärungen bei den Finanzämtern eingegangen. Ein Drittel der Wohnungs- und Grundbesitzer in Deutschland hat noch nicht geliefert.


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Ich hatte hier im Blog ja mehrfach über den Sachverhalt berichtet. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung der Grundsteuer in bisheriger Form als verfassungswidrig eingestuft hat (siehe Grundsteuer in bisheriger Form verfassungswidrig), muss was neues her.

Erste Frist verlängert

Am 1. Januar 2022 war es dann so weit – das Bundesfinanzministerium setzte die Vorgaben der Politik um und ging davon aus, dass alle Wohnungs- und Grundbesitzer in Deutschland zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2022 brav eine "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuer" elektronisch bei ihrem Finanzamt abgeben. Nur in Ausnahmen konnte die Abgabe in Papierform erfolgen. Jedes Bundesland hat dabei seine eigene Erhebungsmethode, die auch festlegt, was der "Erklärende" an Daten abzuliefern hat.

Ich hatte die Hintergrunde für die Grundsteuerreform sowie die Details im Beitrag Grundsteuer: Feststellungserklärung zum 1.1.2022 (Abgabe 1.7.2022 bis 31.10.2022) angesprochen. Alleine, die Idee, dass die Leute mal eben schnell ihre "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuer" elektronisch bei ihrem Finanzamt abgeben funktionierte in Deutschland nicht.

Erstens ist das Ganze nicht immer ganz einfach, Steuerpflichtige mussten eine Menge Daten sammeln, die eigentlich alle in diversen Behörden vorliegen sollten, um diese dann in das komplizierte elektronische Online-Formular einzutragen. Die Finanzämter boten zwar Hotlines an – aber das Ganze entwickelte sich absehbar zum Desaster. Das Steuerportal Elster, welches zur Abgabe verwendet werden sollte, brach in den ersten Tagen schlicht zusammen. Später muckte die Software zusätzlich und qäulte die Willigen mit sinnlosen oder fehlerhaften Formularen. Ich hatte dies im Blog-Beitrag Das Kreuz mit der Grundsteuererklärung aufgegriffen.

1/3 der Erklärungen fehlen noch

Inzwischen hatten die Länder die Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung bereits auf den 31. Januar 2023 verlängert. Aber das Ganze ist kein Erfolgsmodell, die Tage bin ich auf nachfolgenden Tweet des Handelsblatts gestoßen, der auf diesen Artikel verwies.

Desaster Grundsteuererklärung

Die Botschaft des Artikels, der nur mit Abo lesbar ist: Bis zum 25. Januar 2023 hatten nur bundesweit 64,3 Prozent der Haus- und Grundbesitzer ihre Grundsteuererklärung eingereicht. Davon wurden 55,8 Prozent elektronisch übermittelt. Die Angaben stammten vom Bundesfinanzministerium, die dieses dem Handelsblatt auf Anfrage mitteilte.


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Das heißt: Gut ein Drittel der Abgabepflichtigen hat noch nicht geliefert. Spiegel Online berichtet in diesem Artikel (nur mit Abo lesbar), dass die Bundesregierung bzw. deren Behörden die Grundsteuererklärung erst bis Ende September 2023 abgeben will. Auch Chip berichtet, dass "manche" mehr Zeit zur Abgabe der Erklärung bekämen, während den Bürgern Zwangsgelder und Säumniszuschläge drohen. 

Zu den Zwangsgeldern und Säumniszuschlägen heißt es, dass säumige "Erklärer" zunächst ein Erinnerungsschreiben des Finanzamts erhalten sollen. Aber auch diese Schreiben sind m.W. noch nicht raus. Nur hartnäckige Verweigerer werden irgendwann mit Geldbußen belegt. Und das Finanzamt könnte den Wert der Liegenschaft schätzen – was nicht immer von Vorteil ist.

Hilfe vom Steuerberater gibt es auch nicht, deren Vertreter in Form der Steuergewerkschaft DSTG konstatieren, dass sich die  die Finanzverwaltung als auch die Steuerberater schon jetzt am Limit sehen.

Vielfältige Probleme und neuer Ärger

Das ZDF hat in diesem Beitrag die Gründe für die Probleme bei der Abgabe der Grundsteuererklärung aufgeführt (zum komplex, Probleme bei der Software etc.).

Und es gibt bereits weiteren Ärger: Eigentlich sollte die Reform einkommensneutral ausfallen. Nun gibt es aber wohl erste Kommunen, die die "günstige Gelegenheit" zur Erhöhrung der Grundsteuer nutzen wollen (siehe hier). Die Wertbescheide der Finanzämter sind längst noch nicht alle verschickt (ich habe noch nichts) – und erst dann können Kommunen reagieren – die Grundsteuerzahlungsbescheide der Kommunen werden erst ab 2025 wirksam (wenn es so weit kommt). Dann wird sich herausstellen, ob Kommunen die Hebesätze für die Grundsteuer anpassen. Da werden noch Überraschungen lauern.

Laut diesem Artikel in Spiegel Online fordert Verbände (Schreiben des Bundes der Steuerzahler (BdSt), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), des Deutschen Steuerberaterverbandes (DStV) und des Eigentümerverbandes Haus & Grund9 inzwischen, dass die Grundsteuerbescheide nur vorläufig zu erlassen. Und es formiert sich rechtlicher Widerstand, es sind mehrere Klagen anhängig, die die Verfassungsmäßigkeit der neuen Reform anzweifeln.

Es sieht so aus, als ob uns das Thema noch eine Weile erhalten bleibt. Haben Sie die Steuererklärung abgegeben? Liegt schon ein Messbescheid vor? Wie sind die Erfahrungen? Ergänzung: Bayern hat nun im Alleingang eine Verlängerung der Frist beschlossen (siehe).

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4 Antworten zu Das Desaster mit der Grundsteuererklärung

  1. Mubaer sagt:

    Ich verstehe den ganzen Bohei überhaupt nicht.
    Steuernummer, Liegenschaftsdaten und Größe der Wohnfläche/Nutzfläche eintragen, fertig. Sollte jeder Eigentümer IMMER parat haben. Oder wohnt Ihr nur zum Spaß in der eigenen Immobilie? Oder wisst Ihr am Ende gar nicht, wie groß Eure Wohnung/Haus ist? Echt? Kommt mir komisch vor.

    Jeder wie er will.

    • guenni sagt:

      Nun ja, Du scheinst nicht die Irrungen und Wirrungen der Software zu Beginn mitbekommen zu haben. Ich habe am ersten Wochenende – ehe die gesamte Plattform gecrasht ist – drei oder vier Versuche benötigt, bis ich die benötigten Formulare und Angaben zusammen hatten. Die Software-Klempner, die das Portal geschnitzt haben, waren schlicht GUI-Analphabeten. Einmal verklickt, keine Chance mehr, benötigte Formulare im Datensatz hinzuzufügen. Als ich zufällig im Sommer 2022 mit jemand aus der ferneren Nachbarschaft gesprochen habe, kam die Rede auf Grundsteuererklärung – und der Mannn erzählte mir genau das Gleiche – er hat dann die Hotline angerufen und nach mehreren Anläufen haben die herausgefunden, wo er was anklicken muss, um die Formulare zum Ausfüllen angeboten zu bekommen.

      Und wer mehrere Liegenschaften oder gar Landwirtschaft hat, der ackert schon. Nur mal angemerkt.

  2. nook sagt:

    Die Grundsteuererklärung habe ich im August 2022 schriftlich ("graue Variante ausschließlich zum Ausfüllen am PC" ) beim Pförtner des Finanzamtes (Coronabestimmungen) abgegeben. Bayerische Papier Regel ;-)

    Zu gern würde ich ja telefonisch nachfragen wo der Bescheid bleibt. Es haben ja noch nicht alle abgegeben, also müsste doch die Zeit kein Thema sein ;-)

    Ich lass es lieber. Dafür ein positives Erlebnis mit dem Finanzamt:

    Seit 2 Jahren machte ich die Einkommensteuererklärung für Rentner und Pensionäre online über den Steuerlotsen.

    Als ich dieses Jahr die homepage aufrief, fuhr mir der Schreck in die Glieder. "Der Steuerlotse wurde eingestellt, einfach Elster bietet nun die vereinfachte Steuererklärung …" Elster ruft in mir keine Freudensprünge aus alten Zeiten hervor, Software auf Debian.

    Mutig auf zu Elster, meine Daten und die Zugangsnummer lagen vor.

    Seit längerem habe ich mir angewöhnt alles was ich online ausfülle mit dem einem screenrecorder aufzuzeichnen. Somit jederzeit nachvollziehbar was ich ausgefüllt habe.

    Als ich jetzt mein mp4 betrachtete, die Daten im Rentnertempo ausgefüllt, war ich sehr erstaunt. In 3 Minuten 30 war das Formular ausgefüllt, abgesendet und bestätigt. Fairerweise muss erwähnt werden, ich habe keine Sonderausgaben über die Pauschalen, also nichts extra einzugeben. Trotzdem Klasse, wenn ich so an die früheren Papier Formulare denke.

    Für Günter`s Konzern sicher nicht anwendbar ;-)
    https://einfach.elster.de/erklaerung/ui/

  3. Mark Heitbrink sagt:

    Das Schöne ist ja: Das es noch parallel den Zensus gibt. Nahezu identische Datenabfrage, unterschiedliche Baustelle. Ich war nicht mal einer Schuld bewusst, als sie mich aufgefordert haben, die Daten endlich anzugeben. Ich dachte ich hätte das längst …

    Was für ein Schei**. :-( *grrrr*

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