Die Werjowkina-Höhle, tiefste bekannte Höhle der Welt

Vor einiger Zeit ist mit ein Post zur Werjowkina-Höhle unter die Augen gekommen, der behauptete, dass man am Höhlenboden am nahesten am Erdmittelpunks sei. Das ist zwar total falsch, aber das Thema hat mich interessiert.


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Ich habe mal nachgeschaut, die Werjowkina-Höhle (ein Foto gibt es im englischen Teil der Wikipedia) ist mit einer erreichten Tiefe von 2223 Metern zwar die tiefste bekannte Höhle der Erde. Aber die Höhle liegt auf einer Höhe von 2309 Metern im Arabika-Massiv des Gagra-Kamms im Westkaukasus – in der westlichsten Region der international nicht anerkannten Autonomen Republik Abchasien in Georgien. Wer also in Holland am Strand spazieren geht, ist dem Mittelpunkt der Erde näher, als wenn er tagelang in der Höhle absteigt, um am Höhlenboden der Erdmitte besonders nahe zu sein.

Die Höhle wurde 1960 von einer speläologischen Expedition des Geographischen Instituts der russischen Akademie der Wissenschaften entdeckt, die sie 95 Meter tief erkundete, habe ich der Wikipedia entnommen. Eine weitere Erkundung erfolgte zunächst nicht, weil die in die Tiefe führenden Gänge nicht aneinander anschließen, sondern sich kreuzen und durch kleine Tunnel miteinander verbunden sind.

1968 untersuchten Höhlensucher aus Krasnojarsk die Höhle, erreichten eine Tiefe von 115 Metern und benannten sie daraufhin „S-115". Als sie die Werjowkina 1980 erneut besuchen wollten, konnten sie sie nicht finden, da die Position auf der Karte zwei Kilometer versetzt eingetragen worden war.

Ab 1981 wurde das gesamte Arabika-Massiv in Bereiche unterteilt und systematisch nach Höhlen abgesucht. 1982 wurde die Höhle so vom Moskauer Speläoclub Perovo wiederentdeckt und in „P1-7" umbenannt.

1983 bis 1986 erkundeten die Höhlenforscher die Höhle und erreichten dabei in mehreren Schritten eine Tiefe von 440 Metern. Bei der letzten Expedition brach sich ein Höhlenforscher bei einem Zusammensturz eine Rippe. 1986 wurde sie nach dem Höhlentaucher Alexander Werjowkin, der 1983 in der Höhle Su-Akan in Kabardino-Balkarien ums Leben gekommen war, „Werjowkina" getauft.

2000 bis 2015 setzte der Speläoclub Perovo und sein Team Perovo-speleo in elf Expeditionen die Erkundung des Höhlengrundes fort. Die erreichte Tiefe blieb jedoch bei 440 Metern.

Im August 2015 schließlich fand die Gruppe einen neuen, 156 Meter tiefen Schacht. Dieser machte den Weg für die weitere Erkundung frei. Expeditionen im Juni, August und Oktober 2016 erreichten immer größere Tiefen von 630, 1010 und schließlich 1350 Metern. Dafür waren neun Forscher elf Tage in der Höhle. Eine Expedition der Perovo-speleo-Gruppe erreichte im Februar 2017 eine Tiefe von 1832 Metern. Damit wurde die Werjowkina hinter der ebenfalls in Abchasien gelegenen Woronja-Höhle die zweittiefste bekannte Höhle weltweit.


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Anfang August 2017 erkundete die Perovo-speleo-Gruppe die Höhle bis zu einer Tiefe von 2151 Metern. Damit stand fest, dass die Werjowkina eine supertiefe Höhle ist, d. h. zur Gruppe von Höhlen mit einer Tiefe von mehr als 2000 Metern gehört. Zugleich ist sie die weltweit tiefste Höhle, die ohne Tauchequipment zu erkunden ist.

Bei der Untersuchung im August 2017 fand man einen antiken Auffänger des Karst-Grundwasser-Leitersystems mit weiten horizontalen Tunneln, was für das Arabika-Massiv untypisch ist.

In der zweiten Augusthälfte 2017 schließlich erreichte das Perovo-speleo-Team die Tiefe von 2204 Metern, was einen neuen Weltrekord darstellte. Ein großes System von mehr als sechs Kilometern subhorizontaler Passagen unterhalb einer Tiefe von 2100 Metern wurde dabei entdeckt und kartografiert. Seit dem 3. September 2017 gilt die Werjowkina als tiefste Höhle der Erde.

Im März 2018 fügte das gleiche Team der Karte mehr als einen Kilometer Tunnels hinzu und maß die Tiefe des Sees „Kapitän Nemos letzte Station" auf 8,5 Meter, was die Gesamttiefe auf 2212 Meter erhöhte. Ebenfalls am Grund der Höhle, in der gleichen Tiefe, befindet sich der „Nautilus-Siphon".

Um den Höhlengrund zu erreichen, mussten vier russische Speläologen drei Tage lang absteigen. Jeder hatte dabei 20 Kilogramm Gepäck zu tragen. Zur Kommunikation mit der Oberfläche wurden riesige Spiralen von Telefonkabeln in die Tiefe gezogen. Insgesamt waren die Forscher elf Tage unter der Erde.

Also alles recht aufwändig, um in die Höhle einzudringen. Wer nahe am Erdmittelpunkt weilen möchte, sollte an die Nordsee fahren und am Strand spazieren gehen – dann toppt er diesbezüglich die Höhlenforscher, die bis zum Höhlengrund vorgedrungen sind.


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