Das Oracle Google wegen der Dalvik-Engine (Java-Interpreter und -Laufzeitumgebung) in Android verklagt, war ja länger bekannt. Nun berichten heise.de und spiegel online übereinstimmend, dass Oracle nun Milliarden an Entschädigung von Google wegen möglicher Patent- und Urheberrechtsverletzungen einfordert. Oracle war durch den Kauf von Sun an die betreffenden Patente gelangt.
Anzeige
Oracle hat nun neue Unterlagen als Eingabe vor Gericht eingereicht und wirft Google vor, zu versuchen, die verlangte Schadenssumme zu verheimlichen. Florian Müller geht in seinem englischsprachigen Blog auf diese Thematik ein. Interessierte Leser mögen sich in den oben verlinkten Artikeln selbst ein Bild machen.
Einschätzung meinerseits
Unabhängig, wie diese Klage ausgeht (die Hintergrundanalyse bei Spiegel Online ist schon interessant – und Oracle hat bei SAP gezeigt, wo "der Bartel den Most holt"), gut ist dies für Android nicht. Dass Microsoft gegen Android-Hersteller klagt und bereits Lizenzgebühren wegen Patentverletzungen kassiert, lässt das Potential erahnen. Über das Thema hatte ich bereits vor einigen Wochen im Artikel Lizenzgebühren für Android? gebloggt. Selbst der Linux-Kernel von Android sorgt für juristischen Sprengstoff, wie Stefan Labesius hier schreibt.
Noch eine Hintergrundinfo
Anzeige
Was in den obigen Artikeln nicht adressiert wird, sind ein paar andere Implikationen. Bin durch Zufall auf das Thema gestoßen, als ich an einem Webinar zu Rechtsfragen im Umfeld von OpenSource unter Berücksichtigung von Android teilnahm. Ich werde bei Gelegenheit vielleicht mal darüber bloggen (leider habe ich noch keine Freigabe für die Infos – kann aber ggf. was aus anderen Quelle beisteuern).
Der Kern des Übels: Als Hersteller von Android-Systemen, als Entwickler von Android-Apps und als Importeur bzw. Anbieter von Android-Geräten ist man in einer prekären rechtlichen Lage, ggf. auch von dieser Klage betroffen zu sein. Auch wenn die Amis ein anderes Rechtssystem haben, sind Copyright- und Patentverletzungen im deutschen bzw. europäischen Rechtsraum ebenfalls ein scharfes Schwert für den Mitbewerb. Und selbst eine unbewusste bzw. unbeabsichtigte Verletzung der GPL-Bedingungen in einer verwendeten Bibliothek kann dazu führen, dass ich als Anbieter mit einer Verfügung juristisch gezwungen werden kann, "die Hosen runter zu lassen". Kann existenzbedrohend sein, wenn der Mitbewerb so an meine Geschäftsinterna herankommt. Es nützt dann auch nichts mehr, wenn das abschließende Verfahren vielleicht Jahre danach abschlägig für den Kläger beschieden wird, die eigene Firma aber längst pleite ist.
Unter dem Strich setzt die ganze Android-Klientel auf einen Schlitten, der einen abschüssigen Berg herunter saust und den niemand wirklich steuern kann. Technik doof, Zugriff auf Android "von Googles Gnaden abhängig", und ständig ein juristisches Damoklesschwert über'm Kopf – rosige Aussichten …
Als Privatanwender ist das Ganze beim Kauf eines Android-Smartphones nicht so wirklich präsent. Der doofste Fall, dass mir das Handy wegen Patent- und Urheberrechtsfragen konfisziert wird, dürfte kaum eintreffen – diesen Aufwand wird kein Kläger betreiben. Da stören die vielen Macken bei Android, angefangen von Datenspionage über fehlende Sicherheit und Updates bis hin zu ständig neuen Versionen aus Anwendersicht eher mehr.
Für Anbieter oder Firmen, die geschäftlich in diesem Umfeld tätig sind, bedeutet das Ganze aber juristisches Minenfeld und ich würde so was, da möglicherweise existenzbedrohend, eher meiden.
Mein Fazit: Da kann Apple mit einem Produkt wie iOS grasen. Zeit, dass Microsoft für Konkurrenz sorgt. Unter diesem Blickwinkel ist die zweite Nachricht des Tages "Windows 8 – Das Tablet-Rennen startet erst mit uns" (Quelle: Techradar und Gamestar) schon sehr plausibel – und stützt auch einige Thesen, die ich in meinen Beiträgen Ist Microsoft 1 Jahr zu spät für Tablet PCs? und Warum Windows auf Tablets Zukunft haben kann aufgestellt habe.
Anzeige