[English]Nach dem offiziellen Supportende von Windows 7 Service Pack 1 zum 14. Januar 2020 fordert die Free Software Foundation (FSF) von Microsoft, das Betriebssystem als freie Software verfügbar zu machen.
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Einige Gedanken vorweg
Zum offiziellen Supportende von Windows 7 Service Pack 1 zum 14. Januar 2020 ist festzustellen, dass noch mehr als jeder vierte Desktop-Rechner (laut Netmarketshare mehr als 26,6 %) mit Windows 7 SP1 läuft. Microsoft sah sich daher bereits 2018 gezwungen, eine kostenpflichtige Supporterweiterung (ESU) für Firmen anzukündigen. Über das ESU-Programm kann man bis Januar 2023 Sicherheitsupdates für Windows 7 beziehen.
Anlässlich des Supportendes hatte ich für heise diesen Artikel verfasst, wobei einige Gedanken aber der Redaktionsschere anheim fielen. Insbesondere der Aspekt der Nachhaltigkeit in Sachen Software-Support entfiel gänzlich. So werden durch das Ende des Supports Millionen einwandfrei laufender Windows 7-Systeme mehr oder weniger auf die Müllhalde der Geschichte geworfen, weil die Hardware einen Umstieg auf Windows 10 nicht her gibt, die Leute die Systeme nicht ohne Versorgung Sicherheitsupdates betreiben möchten.
Dass es ESU-Support und Unterstützung von 0patch zum Schließen von Sicherheitslücken gibt, hatte ich mehrfach thematisiert und werde dazu auch weiterhin Artikel veröffentlichen.
Auch wenn das Supportende zum 14.1.2020 seit 10 Jahren bekannt war, wurde mir beim Schreiben des heise-Beitrags bewusst, dass es ein 'weiter so' eigentlich aus technischer, ökonomischer und ökologischer Sicht nicht geben kann. Manchen Industrieanwendern dürfte die eigentlich zu kurzen Supportzeiträume für Betriebssysteme wieder einmal schmerzlich bewusst werden. Denn die theoretischen 10 Jahre Supportzeitraum lassen sich eigentlich nicht nutzen, da nach Freigabe von Windows 7 erst ein bis zwei Jahre zur Evaluierung und zur Entwicklung der Anwendungssoftware verstrichen.
Ich habe meine beruflichen Wurzeln vor fast 40 Jahren im Bereich prozessnahe Automatisierung in der Großchemie gelegt. In der Chemie, im Großanlagenbau, aber auch bei Werkzeugmaschinen wird mit Anlagenlebenszeiten von 20 bis 40 Jahren, also deutlich jenseits der 10 Jahre Windows 7-Support, projektiert. Selbst im Laborbereich und in der Medizintechnik erweisen sich diese 10 Jahre Supportzeitraum als problematisch, da ein Windows-System nicht einfach mal so aktualisiert werden kann.
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Der mit Windows 10 durch Microsoft propagierte 'as a service'-Ansatz mit halbjährlichen Funktionsupdates trifft erkennbar nicht die Bedürfnisse dieser Zielgruppen. Ein einfacher Wechsel zu Linux oder zu Apples macOS ist in der Regel für diese Nutzergruppen auch nicht möglich.
Forderung nach der Windows 7-Freigabe
Die Free Software Foundation (FSF) ist eine nichtstaatliche Stiftung, die als gemeinnützige Organisation 1985 von Richard Stallman gegründet wurde. Die FSF mischt sich in den USA häufiger in öffentliche Debatten ein.
Microsoft Must Open Source Windows 7, Free Software Foundation Says https://t.co/uRVmthFtu5 #Microsoft #Windows7 #Windows10
— Bogdan Popa (@bgdftw) January 27, 2020
Ich habe es heute Früh bereits bei Bogdan Popa in obigem Tweet gesehen, hatte aber noch keine Zeit, das Thema aufzubereiten. Die Leute in der Free Software Foundation haben nach dem Supportende von Windows 7 SP1 eine Petition aufgesetzt, in der ein 'Upcycle' für von Windows 7 gefordert wird. Als Upcycle wird die kreative Wiederverwertung von Produkten oder Abfall bezeichnet.
Microsoft wird aufgefordert, das Betriebssystem als freie Software an eine Community zu übergeben, damit diese Windows 7 analysieren und verbessern können. So könne Microsoft frühere Fehler ausbügeln. Es wird darauf angespielt, das Microsoft in den 10 Jahren Windows 7 "die Aufklärung vergiftet" und "Nutzersicherheit bedroht" habe sowie in die "Privatsphäre eingedrungen" sei.
Damit geht die dringende Bitte einher, die Freiheit und Privatsphäre der Benutzer zu respektieren – und diese nicht einfach auf die neueste Windows 10-Version zu drängen. Die FSF will mehr Beweise dafür sehen, dass Microsoft die Freiheit der Benutzer wirklich respektieren und diese Konzepte nicht nur, wenn es angebracht ist, als Marketing-Sprüche nutzt. Insgesamt ein cleverer Schachzug der Free Software Foundation.
Die Petition hat wenige Stunden nach dem Erstellen bereits über 7.000 Unterzeichner, wobei die Webseite aktuell extrem zäh auf Unterzeichnungen reagiert. Es bleibt spannend, wie es nun weiter geht. Persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass Microsoft aktuell dieser Aufforderung folgt. Das hat verschiedene Gründe, wobei mir folgende Punkte einfallen.
- Einmal ist es ja noch so, dass weltweit hunderte Millionen zahlen ESU-Kunden auf Windows 7 SP1 setzen. Die muss Microsoft bis Januar 2023 mit Sicherheitsupdates bedienen, hat also Verpflichtungen.
- Eine Freigabe von Windows 7 zum jetzigen Zeitpunkt wäre auch ohne ESU-Programm nicht angeraten. Denn solange noch hunderte Millionen Nutzer mit dem Betriebssystem unterwegs sind, wird man 'den bösen Buben' keine Möglichkeit bieten wollen, den Windows-Quellcode zu analysieren.
Weiterhin sollte man sich vom naiven Glauben lösen, dass in Windows 10 alles neu erstellt wurde. Vielmehr werkelt dort wohl noch ein gewichtiger Anteil an uraltem Code, der bei einer Freigabe von Windows 7 im Quellcode auch Windows 10 und Windows Server eventuell gefährden dürfte. Microsoft hat zwar uralte Betriebssysteme wie Windows 1.0 oder DOS freigegeben. Aber selbst Windows XP ist nach wie vor Closed Source. Die Kollegen von heise haben heute diesen Artikel mit weitern Informationen zum Thema veröffentlicht.
Gäbe auch noch die bösen Zungen, die einen weiteren Grund kennen, warum man weiter den Daumen auf dem Quellcode behalten wird. Ich drücke es (als Mann der Praxis, der aus der Software-Entwicklung kommt) mal so aus: Wenn man Leichen im Keller hat, tut man gut daran, die Türen gut geschlossen zu halten ;-).
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"Weiterhin sollte man sich vom naiven Glauben lösen, dass in Windows 10 alles neu erstellt wurde. Vielmehr werkelt dort wohl noch ein gewichtiger Anteil an uraltem Code, der bei einer Freigabe von Windows 7 im Quellcode auch Windows 10 und Windows Server eventuell gefährden dürfte."
Und deshalb wird sich Microsoft hüten, den Quellcode freizugeben.
Gegenfrage…..
Warum muss eine Werkzeugmaschine undbedingt aus dem Internet heraus steuerbar sein ?
Entweder zieht man den Netzwerk Stecker oder aber man kapselt sie in ein separates Netzsegment ab.
Aber dann ist das ganze ja nicht mehr "smart" genug…
Die Antwort ist wie immer schwieriger. Maschinen werden nun mal mit der Auftrags- und Fertigungssteuerung vernetzt. Und diese Rechner bekommen eventuell Auftragsdaten von außen. Kann man alles mit DMZs gegeneinander abschotten …
Aber erleben wir nicht täglich Fehlkonfigurationen von irgendwelchen Servern, so dass plötzlich Ports offen per Internet erreichbar sind? Hatten wir nicht gerade das Citrix-Desaster mit der Shitrix-Schwachstelle, wo eine Schwachstelle abgesicherte Netzwerke infiltrierbar machte?