Astra entwickelt Software-Stack mit Exchange Server-Ersatz für Russland

Mail[English]Geht scheinbar doch. Die russische  Astra Group hat einen Ersatz für Microsofts Exchange Server entwickelt, der dessen Funktionalität vollständig implementiert. Das Produkt soll Ende des ersten Quartals 2022 auf den russischen Markt kommen. Das Unternehmen beabsichtigt, Microsoft vollständig durch eine Reihe von "Astra"-Lösungen zu ersetzen, vom Betriebssystem bis hin zu den Cloud-Diensten.


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Kurzer Rückblick

2015 starteten in Russland Pläne, um ausländische Software von Technologieunternehmen wie Microsoft und Apple durch Astra Linux zu ersetzen. Betroffen von diesem Verbot sollen alle Regierungsbehörden und die wichtigsten Unternehmen für Russland sein. Im Dezember 2018 wurde öffentlich, dass dieser Plan sich bis spätestens 2030 verlängert.

In diesem Rahmen wurde Astra Linux  entwickelt. Dies ist eine russische Linux-Distribution, die auf Debian basiert und welche speziell auf die Anforderungen der russischen Streitkräfte, anderer Streitkräfte und Nachrichtendienste abgestimmt ist.

Die Astra Group

Astra ist laut dieser Quelle der Name für eine Vereinigung rechtlich unabhängiger russischer Softwareentwickler, deren Produkte unter unabhängigen Marken entwickelt werde. Am 30. Oktober 2020 wurde bekannt, dass GK Astra Linux, der Entwickler des betreffenden Linux und diverser Virtualisierungstools die Astra Group als Zusammenschluss mehrere Unternehmen gründete.

Das Ziel des Astra-Projekts ist es, einen inländischen Software-Stack zu schaffen, der die IT-Bedürfnisse der russischen Kunden auf verschiedenen Ebenen erfüllen soll. Das reicht vom Betriebssystem bis zu spezialisierten Anwendungen. Die Astra Linux Group of Companies hat daher das Kooperationsprogramm "Ready for Astra Linux" ins Leben gerufen. Im Rahmen des Programms wird ein umfassender Test der Kompatibilität von Produkten in- und ausländischer IT-Hersteller mit dem Betriebssystem der Astra Linux-Familie durchgeführt. Haben die Lösungen die Tests bestanden erhalten sie offizielle Zertifikate.


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Ab Oktober 2020 haben die Spezialisten von Astra Linux GC zusammen mit den Experten der IT-Partnerunternehmen ein großes Ökosystem von IT-Produkten gebildet, das mehr als 500 kompatible Lösungen umfasst. Ready for Astra Linux wächst weiter und es werden erhebliche Ressourcen in dieses Projekt investiert. Es geht also, wenn man politisch nur will und Microsofts oder Apples Lösungen nicht für alternativlos hält.

Russischer Exchange-Ersatz

Auf cewnews.ru lese ichgerade eine Meldung vom 25. November 2021, demzufolge die russische Astra Group ein Gegenstück zu Microsoft Exchange Server entwickelt hat. Das Produkt RuPost Corporate Mail soll Ende des ersten Quartals 2022 in den Verkauf in Russland gehen. Preise stehen laut CNews noch nicht fest.

Das russische Produkt implementiert nach dem Bericht vollständig die Funktionalität der Microsoft Exchange Server. RuPost ist eine fertige Box-Lösung, die Mails/Postfächer, Kalender, Kontakte und Adressbuchsuche enthält. Gleichzeitig enthält Astra Mail auch Tools für die Migration von Microsoft Exchange. Die Lösung umfasst Bibliotheken mit speziell entwickelten und getesteten Konfigurationsvorlagen sowie einen Clusterserver zum Aufbau eines skalierbaren, fehlertoleranten Unternehmens-Mailsystems.

"In erster Linie konzentrieren wir uns auf die Lösung von Problemen, mit denen Unternehmen mit einer großen Infrastruktur konfrontiert sind: ein Unternehmenskommunikationssystem, das es Zehntausenden von Benutzern ermöglicht, in einer hochbelasteten und geografisch verteilten IT-Infrastruktur zu interagieren", erklärt Sergey Orlik, Direktor für Produkte und Technologien bei Rupost (Teil der Astra-Gruppe), gegenüber CNews. Seiner Meinung nach ist die Anzahl der E-Mail-Benutzer und die einfache Verwaltung mit Exchange vergleichbar.

"Wir entwickeln und stärken das Linux-Ökosystem und schaffen unser eigenes Ökosystem von miteinander verbundenen Lösungen: ein komplettes Paket von Softwareprodukten und Dienstleistungen, die der Kunde in einem One-Stop-Shop vom Anbieter erhalten kann", sagt Sergey Orlik.

Ziel: Das Microsoft-Ökosystem ersetzen

Ein Ziel von "Astra" ist es, das Microsoft-Ökosystem durch den oben erwähnten Astra-Stack zu ersetzen. In diesem Szenario fliegt Windows raus und wird durch das AstraLinux OS ersetzt. Auch ein Analogon von Microsoft Active Directory gibt es bereits unter dem Namen ALD Pro. Das Produkt arbeitet unter dem Betriebssystem Astra Linux, das mit russischen Prozessoren der Baikal-Linie eingesetzt wird. Der Verkauf von ALD Pro soll im Dezember 2021 beginnen. Der Microsoft Exchange Mailserver wird durch RuPost ersetzt, die Azure Cloud-Dienste von Microsoft werden durch den mobilen Arbeitsplatz WorksPad ersetzt.


Astra Software-Stack

Interessant finde ich den in obigem Bild gezeigten Astra Software-Stack. Links ist der Microsoft Software-Stack mit Teams (oder Slack-Apps), OneDrive, Outlook, VMware, Citrix, Microsoft VDI, Microsoft Exchange, Microsoft SharePoint, Microsoft Hyper-V sowie Microsoft Active Directory und Windows zu sehen. Rechts wird der Astra Software-Stack gegenüber gestellt.

So setzen die Astra-Entwickler auf den Thunderbird als Outlook-Ersatz und verwenden diverse WorksPad-Module um OneDrive, Teams etc. zu ersetzen. Auch für SharePoint hat man ein WorksPad-Modus. Mit RuPost, ALD Pro und Astra Linux OS kann man Microsoft jetzt als Lösung rauswerfen. Die Entwicklung wurde in erster Linie möglich, weil von den staatlichen Auftraggebern in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschrieben wurde, das russische Betriebssystem AstraLinux OS zu verwenden. (via)


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11 Antworten zu Astra entwickelt Software-Stack mit Exchange Server-Ersatz für Russland

  1. JohnRipper sagt:

    Zero-Trust….

    Hahahaha

  2. Andreas sagt:

    Die Russen sind nicht die einzigen auf der Welt, die die Ressourcen haben um den Monopolisten Microsoft herauszufordern, sie sind aber leider die einzigen, die den Arsch in der Hose haben um das auch zu tun. Ich finde es gut, was da gerade passiert.

    • Max sagt:

      Kapital und Konsequenz sind da entscheidend. Kapital haben wir auch in Deutschland mehr als genug, nur sind wir eben nicht konsequent. Wir fordern viel, machen aber oft nichts. Ein klassisches Problem aus Führungs- und Verantwortungslosigkeit. Immerhin wollen genug Köchinnen und Köche in Deutschland den Brei verderben. ;)

  3. 1ST1 sagt:

    Wer das außerhalb Russlands betreiben will, tauscht Teufel gegen Belzebub.

    • Günter Born sagt:

      Es geht nicht darum, das außerhalb Russlands zu betreiben – ich bin nicht mal sicher, dass die das außerhalb der GRU anbieten wollen.

      Ich höre allenthalben, wenn ich über Microsoft rante "ist ja alternativlos" …

      der Beitrag sollte zeigen: Wenn man will und wenn staatliche Strukturen einen Rahmen schaffen, kommt Bewegung in die Sache. Es gibt auch in Europa einzelne Projekte, die Alternativen schaffen. Nur fehlt bei unseren Bürokratenärschen der Wille, etwas zu tun – und in den Firmen ist es nicht anders.

  4. SvenS sagt:

    Liebe Softwarehersteller!
    Bitte entwickelt eure Software mit offenen Standards und so, das diese auf allen Plattformen läuft!

    Habe in den letzten Wochen versucht, einen Exchange zu ersetzen – grauenvoll!
    Kopano, Sogo und wie sie alle heißen (Linux-Basis) – durchgefallen! Alle bringen Fehler mit, ist nicht ohne Probleme einsetzbar mit der Client-Software (Outlook, Thunderbird etc.) und AD (Windows und Linux) – igendwann oder irgendwo gibts Einschränkungen oder mann muss Zusatz-Tools installieren.
    Wer versucht Exchange nachzuahmen (z.B. ActiveSync, Z-Push), der wird irgendwann auch nicht mehr "offen".

    Meine Erkenntnis für Exchange-Ersatz: bleibt bei den Standards (Imap, Pop3, CalDav, CardDav etc.) – funktioniert mit allen Clients!

    Eventuell sollten die Protokolle (z.B. von Imap) verändert bzw. erweitert werden!
    Es muss doch möglich sein, die Protokolle so zu verändern, dass eine "Group"-Funktionalität mitgeliefert wird, ohne ein neues "Protokoll" erfinden zu müssen!

    Der Software-Stack der Russen wird auch nicht "offen" sein – somit auch nicht mal eben "auswechselbar". Aber sei es: die versuchen es wenigstens! ;-)

    • mvo sagt:

      Wir setzen seit Jahren Kolab Mailserver ein. Der Anwender merkt gar nicht, dass es kein Exchange ist.

    • Sommer t sagt:

      Kerio connect ist eine nahezu perfekte Alternative zu Exchange.
      Läuft als Server unter linux, macOS und Windows.
      Virenschutz und Backup!! Sind dabei.
      Läuft bei mir und einigen Kunden perfekt.
      Kann es nur empfehlen.

  5. mvo sagt:

    "Ziel: Das Microsoft-Ökosystem ersetzen". Man will also das eine Ökosystem mit einem anderen ersetzen. Ökosysteme und Monokulturen sind immer Sicherheitsrisiken. Das sieht man bei Exchange, beim Defender, bei Microsoft Software und Betriebssystemen allgemein.
    In dem konkreten Fall sollte man sich auch überlegen, ob in einem totalitären System wie Russland eines ist, ein im eigenen Land etabliertes Ökosystem die bessere Wahl ist.

    • Ralf Foerster sagt:

      Jupp Kerio ist voll die Alternative. Läuft bei den meisten Kunden. Probleme gehen gen Null. Neue Release ist in 10 Minuten durch. Keine 2 Stunden Exchange Updates.mehr.
      Das Preismodell von Gfi ist auch nett. Mailarchivierung und Firewall incl.

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