Gericht eröffnet Insolvenzverfahren über Gigaset (Jan. 2024)

ParagraphKurzer Nachtrag, was mir gestern schon untergekommen ist. Der in Bocholt angesiedelte deutsche Anbieter von Telefonen und Smartphones, Gigaset, hatte ja im September 2023 Insolvenz angemeldet. Jetzt hat das zuständige Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eingeleitet – das Unternehmen ist zahlungsunfähig. In Bocholt waren noch rund 850 Mitarbeiter beschäftigt, wobei das Unternehmen meinen Informationen nach ja fest in chinesischer Hand ist, sprich: ein chinesischer Investor hat da die Hand drauf und die Produkte kamen auch aus China, wenn auch einiges dann in Bocholt zusammen gesetzt wurde.


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Rückblick: Insolvenzantrag im Sept. 2023

Der Insolvenzantrag wurde am Dienstag, den 19. September 2023 eingereicht – ich hatte im Blog-Beitrag Deutscher Telefonhersteller Gigaset insolvent über diesen Vorgang berichtet. Es hieß, dass ein unerwarteter und  erheblicher Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr 2023 die Ursache für die Zahlungsschwierigkeiten und den Insolvenzantrag seien. Dadurch soll sich die Nachfrage nach Gigaset-Geräten weiter abgeschwächt haben. Dem Unternehmen ging dann schlicht das Geld aus und es gab Zahlungsschwierigkeiten. Die Verhandlungen mit Geld- und Kreditgebern hätten sich "nicht ausreichend konkretisiert, um den notwendigen Finanzmittelzufluss zur Fortführung der Gigaset außerhalb eines Insolvenzverfahrens abzusichern", zitiert das Handelsblatt.

Anfang 2023 war Magnus Ekerot als neuer Vorstandsvorsitzende von Bosch zu Gigaset gekommen. Ekerot macht das ehemalige Management für die Schieflage verantwortlich: "Gigaset ist es während der letzten Jahre nicht gelungen, den Rückgang im Kerngeschäft mit Schnurlostelefonen (…) zu kompensieren.", zitiert das Handelsblatt den Vorstandsvorsitzenden.  Diese "ungesunde und einseitige Geschäftsausrichtung" habe zu der misslichen Lage beigetragen heißt es. Nun wird versucht, Gigaset im Rahmen der Insolvenz in Eigenverwaltung auf eine solide wirtschaftliche Basis zu stellen.

Laut Insolvenzantrag wollte die börsennotierte Muttergesellschaft, die Gigaset AG, die operative Tochter Gigaset Communications GmbH in Eigenregie sanieren (scheint wohl nach den nachfolgenden Erklärungen nicht der Fall gewesen zu sein, da dort bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter erwähnt wurde). Im Blog-Beitrag Devolo GmbH: Erneut Schutzschirmverfahren nach Insolvenzrecht beantragt (Dez. 2023) hatte ich diese besondere Konstellation des Insolvenzrechts erwähnt. Es kommt dann kein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter zum Einsatz. Die Unternehmen müssen aber unter Aufsicht des Insolvenzgerichts einen Insolvenzplan entwickeln, um hierdurch eine Sanierung von Unternehmen zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass die Unternehmensliquidität und die Aussicht auf eine erfolgreich Sanierung den Fortbestand des Unternehmens erwarten lassen.

Beendet wird das Ganze (spätestens nach drei Monaten) entweder durch eine fristgerechte Vorlage des Insolvenzplans. Dann gibt es ggf. die Entscheidung des Insolvenzgerichts, über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Genau diese Entscheidung hat das zuständige Insolvenzgericht jetzt wohl getroffen.


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Gigaset Insolvenz

Dies entnehme ich der obigen Meldung aus der Tagesschau, wonach das Amtsgericht Münster das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen der Gigaset AG eröffnet habe. Auf der Webseite des Unternehmens heißt es zum 2. Januar 2024:

Eröffnung des Insolvenzverfahrens

02.01.2024 – 20:05 Ad Hoc Meldungen erstellt von Raphael Dörr, SVP Corporate Communications & Investor Relations, Gigaset AG

Bocholt, 2. Januar 2024 [20:05 Uhr] – Mit Beschluss des Amtsgerichts Münster – Abteilung für Insolvenzsachen – vom 1. Januar 2024 wurde  unter dem Aktenzeichen 88 IN 18/23 das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen der Gigaset AG eröffnet und der bisherige vorläufige Insolvenzverwalter, Herr Dr. Markus Wischemeyer von der Kanzlei White & Case, zum Insolvenzverwalter bestellt.

Sieht wohl schlecht aus für das Unternehmen und die deutsche Belegschaft. Ob der Insolvenzverwalter noch was retten kann oder das Ganze jetzt abwickelt, wird sich zeigen.

Hintergründe zu Gigaset

Die Gigaset Communications GmbH (ehemals Siemens Home and Office Communication Devices GmbH & Co. KG) ist ein Hersteller von DECT-Telefonen, Tablets und Smartphones mit Sitz in Bocholt. Die Gesellschaft entstand aus der Siemens Home and Office Communication Devices, einer 100-Prozent-Tochter von Siemens. Laut Wikipedia steht das Unternehmen seit 2008 im Alleineigentum der börsennotierten Gigaset AG.

Ende Oktober 2013 zeichnete der chinesische Investor Pan Sutong (über den Goldin Fund) im Rahmen einer Kapitalerhöhung 24 % am Kapital der Gigaset, ist aber mit rund 73 % der Aktien der Gigaset AG der Haupteigentümer. Die Investorenvereinbarung mit Pan Sutong  enthält zudem Regelungen über Kapitalmaßnahmen für den Aufbau neuer Geschäftsbereiche für Tablet-Computer, Smartphones und anderer mobiler Kommunikationsgeräte. Laut obigem Handelsblatt-Artikel hielt der Investor zuletzt noch 72 Prozent der Anteile, bei einem Börsenwert von 42 Millionen Euro. Die Gigaset Smartphones stammen alle aus China (wenn auch die Endmontage und Verpackung in Bocholt erfolgen). Neben Telefonen stellt Gigaset auch Rauchmelder und Alarmanlagen her. Schlagzeilen machte Gigaset hier im Blog durch eine Malware-Infektion seiner Android-Smartphones, die über einen chinesischen Update-Server infiziert wurden.

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15 Antworten zu Gericht eröffnet Insolvenzverfahren über Gigaset (Jan. 2024)

  1. Daniel A. sagt:

    Echt schade. Smartphones von denen hatte ich zwar nie in der Hand, aber die DECT-Telefone fand ich schon immer gut, auch was Funktionskomfort und Bedienbarkeit anging. Und zumindest die Modelle, die ich über die Jahre so gekauft habe hielten auch gefühlt ewig. Die brauchten wenn überhaupt nach einigen Jahren mal neue Akkus, was aber dank AAA-Batterieschacht auch eher unproblematisch war.
    Aber gerade die jüngere Generation kennt sowas wie Festnetz-Telefonie ja kaum noch, die nutzen vorwiegend Smartphone/Mobilfunk.
    Mal sehen, ob die sich noch irgendwie retten können oder ob's dass dann war.

    • Pau1 sagt:

      "hielten auch gefühlt ewig."
      Tja, das könnte Teil des Problems sein.
      Wer gewollte Obsolescenz eingebaut hat, gewann.

      Bei den Gigasets kenne ich nur die Seuche, dass der Lautsprecher irgendwann kaputt war.

      Ansonsten: Einschalten und vergessen

    • Anonymous sagt:

      "Unkaputtbar", richtig. Hatte mir zu Beginn der Coronazeiten noch zwei S810 vom Gebrauchtmarkt geholt, da ich bereits ein Set hatte. Eine Basisstation reicht für's ganze Haus. Ich denke, die werden mich locker noch bis zum Rentenbeginn in einer Dekade begleiten – vermutlich länger, als es die Firma geben wird. Aber vielleicht verabschiede ich mich doch schon früher von der "Landleitung", wird eigentlich nur noch von meinen Eltern angerufen ;)

      Tut mir leid um die Mitarbeiter dort.

      • Hobbyperte sagt:

        "wird eigentlich nur noch von meinen Eltern angerufen"

        ja genau, nach den SMS kommt nun scheinbar auch das Telefonieren aus der Mode. Jedenfalls scheinen die meisten nur noch zu Texten oder Sprachnachrichten über Messenger-Dienste zu nutzen. Weshalb sich sogar die EU Einmischt, und wie es bei den Messenger am PC techn. möglich ist, Interoperabilität erzwingen will. Wäre für Basis-Funktionen gar nicht schlecht, wenn alle Dienste untereinander Verbindungen zulassen würden.

        Wann habe ich eigentlich das letzte Mal irgendwo Angerufen? Sogar bei Ärzten werde Termine neuerdings immer häufiger nur noch Online vergeben … eigentlich spricht man sowieso nur noch mit Computer gestützten "Service"-Systemen … und wenn man Menschen an den Apparat bekommt, haben diese oft keine Entscheidungsbefugnisse, weil sie nur als Dienstleister die Hotline für das Unternehmen bereit stellen, mit dem man selbst den Vertrag hat…

        Es ist ein Elend, neulich erst erlebt mit dem Toyota-Pannendienst! Die sind telefonisch faktisch gar nicht mehr erreichbar und verweisen bei Anruf darauf, das man seine Panne doch über das Online-Formular melden möge … super Idee, bei der Netzversorgung in Deutschland … wo man oft nur GSM hat und selbst mit EDGE im Internet nicht weit kommt.

        Telefonierende Menschen sieht und hört man meist nur noch im Fernsehen und Filmen, aber kaum im öffentlichen Straßenbild, Supermarkt, Zug usw. Alle Starren und Tippen/Wischen auf den Taschencomputern herum. Will nicht sagen das das schlecht wäre, ist ja doch oft nervig gewesen, wenn im Zug zwei Reihen weiter jemand lautstark mit seinem Telefon das ganze Abteil Unterhalten hatte… *lach*

        • Chris sagt:

          Hobbyperte :" Telefonierende Menschen sieht und hört man meist nur noch im Fernsehen und Filmen…"

          Dafür sieht man aber noch erstaunlich viele Personen, die offen in Ihr Handy quasseln und die ganze Umgebung daran teilhaben lassen. Wenn es dann zu laut wird, rammen sich diese Leute ihr Handy regelrecht ins Ohr, weil sie scheinbar das normale Telefonieren verlernt haben. :)

  2. Ralph D. Kärner sagt:

    Ich habe zu Hause tatsächlich noch ein klitzekleines Sinus irgendwas in Betrieb, das nicht größer als ein Nokia 8210 ist, dabei aber eben DECT spricht und im Kern einem Siemens Gigaset mit Telekom Label entspricht. Dazu gesellen sich noch zwei A410, die – wie das Sinus auch – direkt an die DECT Basis der Fritz!Box geklöppelt sind.

    Eine Abwicklung wäre schade, denn tatsächlich habe ich mit der Qualität und vor allem der problemlosen Nutzung an was weiß ich wie vielen unterschiedlichen DECT-Basen und SOHO-Routern mit DECT-Basis die besten Erfahrungen gesammelt.

  3. Triceratops sagt:

    Kann gut sein das Gigaset das selbe Schicksal ereilt wie folgende ehemalige Deutsche Unternehmen.:

    AEG (Auflösung: 02.10.1996 / Heute eine Marke von Electrolux-Schweden)

    Grundig (Auflösung: 2003 / Heute eine Marke von Arcelik-Türkei)

    Nordmende (Auflösung mitte der 1980er / Heute eine Marke von Technisat-Deutschland)

    Blaupunkt (Auflösung: 2016 / Heute eine Marke verschiedener Unternehmen im In-und Ausland)

    Braun (Auflösung: 22.09.1987 / Heute eine Marke von Procter & Gamble-USA)

    Nur mal ein par beispiele oben. Mal hoffen das Gigaset nicht das selbe Schicksal erleidet. Aber wie heißt es so schön, die Hoffnung stirbt zu letzt.

  4. Anonymous sagt:

    Gigaset E360 mit zusätzlichen E36 in Wohnung/Haus verteilt sind hier im Seniorenumfeld seit Jahren im Einsatz.

    Grosse fühlbare Tasten mit Druckpunkt, simples Display, direkt erreichbare Kurzwahltasten, kein Schnickschnack, einfach nur telefonieren, AAA Akkus einfach ohne Schraubenzieher o.ä. austauschbar.

    Es gibt keinen adäquaten Ersatz dafür. Hoffentlich halten die Geräte noch lange.

    • Micha sagt:

      Da geht höchstens das Steckernetzteil für die Basisstation kaputt.

      Ist bei meinen Großeltern vor 2 Jahren passiert. Das Gigaset E365 hat dann plötzlich "Suche Basis" im Display stehen gehabt.

      Ich konnte damals über den Gigaset Onlineshop ein passendes Originalersatzteil erwerben. Zusätzlich habe ich noch 2 Panasonic Eneloop AAA 750mAh verbaut da der alte Akku nach jedem längeren Gespräch fast leer war.

  5. michael sagt:

    So eine Kultmarke mit sehr guten Produkten so kaputt zu bekommen muß man erst mal hin bekommen. Ein Sittengemälde für Deutschland.

  6. Rocco Siffredi sagt:

    Da werde ich mir wohl kurzfristig doch noch einige Gigasets auf Vorrat zulegen.

  7. Anonymous sagt:

    Hab ich wieder mal das falsche Smartphone gekauft? Was wohl aus dem Serviceversprechen bei meinem GX4 wird:
    – Android™ 12 (Upgrade-Plan auf 13 und 14)
    – Sicherheitsupdates für bis zu 5 Jahre nach Markteinführung

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