VMware-Übernahme durch Broadcom, geht die Wette auf?

[English]Seit der Übernahme von VMware durch Broadcom herrscht Aufruhr bei vielen Kunden. Partner wurden gekündigt und die Lizenzkonditionen für VMware-Produkte haben sich geändert (es gibt nur noch VCF-Abos), und die Preise haben sich bis auf das 10fache erhöhte. Seitdem sind Kunden auf der Suche nach Alternativen. Es stellt sich die Frage, ob die Kalkulation von Broadcom dieses Mal aufgeht und die VMware-Kunden "wie eine Zitrone" ausgepresst werden können. Hier einige Informationen und Gedanken.


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Das Broadcom-Geschäftsmodell

Ich habe hier im Blog ja bereits einiges zu den Verwerfungen geschrieben, die nach der Übernahme von VMware durch Broadcom am Markt zu beobachten waren (siehe Links am Artikelende). Beobachter reiben sich verwundert die Augen und beobachten, wie Broadcom die Kunden von jetzt auf gleich wie eine Zitrone auspresst und langjähriger Partner feuert.

In diesem Kontext fand ich diesen Artikel der Kollegen von The Register, der sich mit der Strategie von Broadcom befasst, höchst interessant. Broadcom ist eigentlich ein Halbleiterunternehmen mit Sitz in San José, Kalifornien. Vor vor seinem Spin-off gehörte der Halbleiter-Produktbereich zu Hewlett-Packard und später Agilent.

An dieser Aufstellung scheint sich 2016 etwas grundsätzliche geändert zu haben, als Broadcom durch das Unternehmen Avago gekauft wurde. Avago übernahm gleichzeitig den Namen Broadcom – d.h. was heute unter diesem Firmennamen fungiert, ist nicht mehr der Halbleiterhersteller Broadcom, sondern Avago und dessen Geschäftmodell.

Die Ursprünge von Avago gehen laut The Register auf die Halbleiterabteilung von Hewlett Packard in den 1960er Jahren zurück. Nach vielen Umstrukturierungen fand sich das Unternehmen in den 2000er Jahren mit Schlüsseltechnologien für Mobiltelefone wieder. Das war die Boom-Zeit dieses Sektors und Avago konnte durch den geschickten Aufkauf der Konkurrenz ein effektives Mikromonopol in diesem lukrativen Nischenmarkt aufbauen.

Das Unternehmen konnte durch Kostenminimierung und Veräußerung von Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, sowie durch Gewinnmaximierung eine Menge Kapital einwerben. Dies ermöglichte es, andere Unternehmen mit einer starken Präsenz in anderen Nischen aufkaufen. Diese Übernahmen wurden so schnell als möglich wiederholt, um die bei jeder Übernahme entstandenen Schulden zu begleichen.


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Heute muss man Broadcom als "öffentlich gehandelter Private-Equity-Fonds, der sich als Halbleiterunternehmen tarnt" bezeichnen, meint The Register.

Auspressen bis es quietscht

Durch die Übernahmen von Firmen zu horrenden Preisen braucht Broadcom immer frisches Geld, um die Schulden und die Übernahmen zu finanzieren. Was auf eine Übernahme folgt, sind massive Preissteigerungen, die den Kunden auf den Tisch flattern. Und hier kommt nun eine interessante Gleichung ins Spiel: Wie hoch kann man von Broadcom den Preis schrauben, ohne dass die Kunden abspringen, und die Preissteigerung zähneknirschend akzeptieren?

Wenn das übernommene Unternehmen noch eine Beinahe-Monopolstellung innehatte, sind die Grenzkosten, die die Kunden zu zahlen bereit sind, recht hoch. Es wird gejammert und geklagt, aber am Ende doch gezahlt, weil die Kosten oder die Hürden für eine Migration zur Konkurrenz zu hoch sind.

Hat man sich an VMware verhoben?

Dieser Ansatz des Auspressens hat bei CA und den betreffenden Kunden funktioniert. Der Ansatz hat mit der Symantec-Übernahme bei deren Kunden wohl auch noch funktioniert. Mit VMware wird es vielleicht nicht funktionieren, schreibt The Register. VMware by Broadcom kann zwar Verträge mit Dell, Lenovo, und HPE geschlossen (siehe VMware by Broadcom: Kommando zurück, Dell ist wieder drin), so dass diese OEMs Server mit VMware VCF-Lizenzen verkaufen können.

Und VMware by Broadcom hat ein Abkommen mit Microsoft abgeschlossen, dass es Abonnenten der VMware Cloud Foundation Suite (VCF) erlaubt, diese Lizenzen (Berechtigungen) auf Microsofts Azure VMware Solution zu nutzen (siehe VMware by Broadcom: Dell raus? Microsoft drin). Also tun sich goldene Tempel für VMware by Broadcom auf, wo man das von den Kunden abgepresste Gold stapeln kann?

Mitnichten, wenn die genannten OEMs Dell, Lenovo, und HPE keine attraktiven Pakete mit VMware-Lizenzen auf deren Hardware schnüren können, werden die Kunden sich ein Abonnement zwei Mal überlegen. Und Microsoft agiert nur als Steigbügelhalter für bestehende VMware-Lizenzen oder verkauft die VCF-Abonnements, die auch bei Broadcom erhältlich sind.

Die Kunden sitzen dann "mit geballter Faust in der Tasche" auf ihrer VMware-Virtualisierungs-Infrastruktur und sinnen über einen Exit nach. The Register schreibt in seinem Artikel, dass ein Hypervisor-Virtualisierungsstack von Natur aus resistent gegen jede Art von Lock-in sei. Bei der Verwaltung und Bereitstellung gebe es zwar Unterschiede zwischen den Produkten, die bei der Migration zu Problemen führen können. Ist die Migration aber schafft, wirken sich diese Unterschiede nicht mehr auf den Betrieb eines Unternehmens oder die Erfahrungen seiner Kunden aus.

Die Schwelle, die Kunden zum Wechsel überwinden müssen, liegt also sehr niedrig. Sobald die Schmerzgrenze des Kunden bei den neuen VCF-Lizenzen erreicht ist, ist der Kunde weg und bedient sich bei der Konkurrenz. Ich hatte ja bereits im Blog-Beitrag Kundenschwund bei VMware; Holpriger Portalwechsel; Kunden wechseln zu Nutanix AHV zwei Fälle erwähnt, wo bisherige VMware-Kunden zu anderen Anbietern wie Nutanix gewechselt sind. Bei Computershare werden wohl 24.000 Arbeitsplätze von VMware zu einem anderen Anbieter migriert.

Aus dieser Sicht wird es spannend, ob die VMware by Broadcom-Kalkulation "alter Preis, multipliziert mit 10, ergibt die neuen Lizenzkosten" aufgeht oder die Schmerzgrenze der Kunden bei weitem übersteigt und diese in Massen abwandern. Es könnte also gut sein, dass Broadcom sich bei VMware mit dem oben skizzierten Geschäftsmodell schlicht verhoben hat. Wie wird dieser Aspekt in der Leserschaft gesehen?

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13 Antworten zu VMware-Übernahme durch Broadcom, geht die Wette auf?

  1. Terminator sagt:

    Seit Jahren sind wir bei unseren Kunden und uns selbst schon auf Proxmox unterwegs. Angefangen hat alles damit, dass wir eine alternative für sehr kleine Kunden haben wollten und wir uns lustigerweise genau mit dem Problem "Was passiert, wenn VMware die Preise mal anhebt?" beschäftigt haben.
    Und was soll ich sagen? Die Leute rennen uns die Bude ein. Keiner will mehr VMware, alle wollen Proxmox. Gleichzeitig möchten die Leute nun auch an vielen Stellen wieder aus der Cloud zurück ins eigene Rechenzentrum bzw. den eigenen Serverraum, natürlich machen wir auch hier Proxmox.
    Und jetzt kommen die Leute schon mit dem nächsten Problem: Horizon bzw. View
    jedem ist klar, dass es auch hier nun knallen wird.
    Wie lautet hier unsere Alternative?
    Parallels. Funktioniert gut und zuverlässig.

    Ganz ehrlich:
    Macht Eure Virtualisierung Open-Source, sichert alles durch ein Zwei-Standorte-Konzept und, aber zumindest eine Offsite-Datensicherung ab und gut ist.

    Naja, wir widmen uns dann jetzt dem nächsten Haufen Mist, der auf uns IT Leute zukommt: Ablösung VMware Horizon durch Parallels. mal schauen….

    • boma sagt:

      Nur leider will Parallels RAS (noch) nicht mit Proxmox funktionieren. Hatte dies letzthin bei einem RAS Webcast gefragt. Auskunft war: Proxmox böte die nötigen Schnittstellen nicht.

      Mal sehen, wie sich das entwickelt.

  2. Hobbyperte sagt:

    Wird das in anderer Form nicht schon seit langer Zeit praktiziert … fernöstliche Billiglohnländer kaufen Firmen mit positivem Label (zb. made in Germany) auf und produzieren dann unter völlig neuen Umständen am eigenen Standort unter diesem Namen weiter, verkaufen aber bevorzugt dort wo die Produkte zuvor schon gefragt waren. Merkt ja keiner, das die "Wertarbeit" inzwischen gar nicht mehr von "Fachkräften" im eigenen Land produziert wird …

    Mondpreise kennt man ebenso seit Jahrzehnten, bislang aber vor allem als Endkunde, durch hunderte, wenn nicht tausende Kartelle und Monopole, deren Preisgestaltung sicher nicht "Marktwirtschaftlich" orientiert ist …

    Nun wird versucht dies auf Unternehmens-Ebene zu übertragen. Wobei die überhöhten Kosten letztlich auch wieder bei den Endkunden ankommen werden bzw. würden. Insofern haben betroffene Firmen nur dann eine zwingende Motivation sich nach Alternativen Umzusehen, wenn sie unter Konkurrenzdruck stehen. Verkaufen sie selber so ein alternativloses Produkt, können sie die höheren Kosten eher einfach durchreichen. Oder sie machen beides, erhöhen den Endkundenpreis und steigen auf eine günstigere Alternative um und steigern damit den eigenen Gewinn "doppelt"…

  3. AlCiD sagt:

    Guten morgen,

    Zitat: "ob die VMware by Broadcom-Kalkulation "alter Preis, multipliziert mit 10, ergibt die neuen Lizenzkosten""

    Das ist bestimmt etwas überspitzt formuliert, denn es kommt auf den jeweiligen Fall an. Eine Erläuterung und Übersicht mit Beispielen findet zum Beispiel in folgendem Blogbeitrag: https://www.software-express.de/blog/vmware-by-broadcom-und-nun/#preisvergleich-vmware-vs-vmware-by-broadcom

    Unbestritten ist die Tatsache, dass Broadcom die VMware-Welt erschüttert hat und es auch weiterhin wird, die Geschichte dürfte noch nicht zu Ende erzählt sein.

  4. rpr sagt:

    Angefresse Kunden sind nie eine gute Idee.
    Aber wie schon geschrieben gent es nur um Geld und nicht um Werte oder Nachhaltigkeit.
    Mit einer Wette hat das wenig zu tun sondern eher mit einer Risikobetrachtung.
    Oracle und Ms ziehen das seit vielen Jahren durch. Scheint also nicht immer schief zu gehen.
    Da sind Denkschulen am Werk die ich zutiefst verachte und ablehne und das ich auch einer der Gründe warum ich keine Aktien habe.

  5. McAlex777 sagt:

    Dieser Turbo-Kapitalismus führt vor Augen, das man sich besser da wo es geht mit freier Software unabhängig macht.

  6. Hanz sagt:

    Also mit den meisten Firmen die ich jetzt so im Gespräch hatte, gabs keine Alternative. Beim Backup kennen die Firmen meistens Veeam. Die Aussage war meistens, die Umstellung ist teurer. Da wird nicht viel passieren. Klar werden einige sich umschauen und wechseln. Die paar Lizenzen die da weg fallen ist doch total unkritisch für Broadcom. Schauen wir in 2 bis 3 Jahren nochmals drauf, wenn die Lizenzen wirklich ausgelaufen sind.

  7. Roman sagt:

    Wir werden weiterhin auf VMware setzen. Betreiben SAN Activ/Active Storage.
    Da gibt es nicht wirklich an Alternativen. Mit einem großen IT-Systemhaus auch mal gesprochen. Alle Kunden die Sie betreuen bleiben bei VMware

  8. John sagt:

    Und nun kommt ein weiterer Faktor dazu: Veeam Support für Proxmox kommt voraussichtlich im Q3 2024: https://www.veeam.com/de/company/press-release/proxmox.html – Ich bin gespannt wie das weitergeht und hoffe auf einen richtig heftigen Denkzettel für vmware /Broadcom

  9. Foegi sagt:

    Je mehr Kunden zur Konkurrenzprodukten wechseln, desto besser. Ein Nebeneffkt ist ja schon das Veeam die Integration in Promox forciert. Und die Produkte selbst werden ebenfalls verbessert, da durch mehr Lizenzen mehr Geld für die Entwicklung vorhanden ist. Gerecht wäre es ja wenn solche Heuschreckenfirmen Verluste machen aber ob die Entwicklung mit der Zeit zu einem Schneeballeffekt führt der Broadcom einen Strich durch deren Rechnung macht, wird sich erst zeigen.

  10. Phadda sagt:

    Aus meiner Historie habe ich den Kauf von Symantec und CA mitbekommen und sind damals aktiv dann auch weg, da eh doppelte "Lizenzen" mit M365 E3/E5 vorhanden waren. Somit von Symantec Endpoint > Defender Endpoint und Client Mgmt > Intune. Der Kauf hat nur Fass überlaufen lassen, denn die Qualität vom Support nach dem Kauf ging deutlich den Bach herunter, Langjährige Partner durften uns nicht mehr betreuen und die "Neuen" waren halt "Neu und Anstrengend". Es ist halt mehr was passiert, wie "nur" Lizenz(kosten). Machen statt zuschauen :D

  11. Bernhard Kanduth sagt:

    Interessanter Artikel, heute in der Kleinen Zeitung, da hat Broadcom sich mit dem falschen angelegt und vermutlich ProxMox einen satten Neukunden gewonnen:
    https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/18627413/beispiel-anexia-warum-europa-so-extrem-verwundbar-ist

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