Japanisch frühstücken mit Anleitung

Ich war also im Ryokan, dem traditionellen japanischen Hotel einquartiert. Und dort war es klar, dass ich kein westliches Frühstück mit Toast, Spiegelei samt Messer und Gabel bekäme. War ich auch nicht traurig drum, freute ich mich doch auf das japanische Frühstück mit Reis, Miso-Suppe und rohem Fisch – selbst der gesalzen eingelegten, grünen Pflaume (Ume) konnte ich etwas abgewinnen.


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Als ich am ersten Morgen etwas zaghaft in den Frühstücksraum trat, begrüßte mich die Besitzerin des Ryokan mit Konnichi wa und wies auf einen freien Tisch. Als ich Platz genommen hatte, brachte sie mir das Frühstück, bestehend aus einem Becher grünen Tee, einem Becher Miso-Suppe, einer Schale Reis und rohem Fisch. Ich packte das Holzstäbchen aus dem Papier, riss die beiden Hälften auseinander und rieb die Bruchstellen aneinander, um Holzsplitter und Grate abzuschaben.

Wurde wohlwollend von den Anwesenden zur Kenntnis genommen. Und die Besitzerin des Ryokan kam, um mir mit Gesten zu bedeuten, welche Soße ich zu welchen Gerichten verwenden sollte. Die die in Algen eingewickelten Reisröllchen wurden in der Sojasoße gerollt oder Sojasoße wurde über den Reis gegeben. Und es gab auch immer etwas Wasabi (japanischer, grüner Meerrettich), den ich mit den Stäbchen zum rohen Fisch nahm.

Nach meinem ersten Abenteuer in der Offenbach-Stuben erwies sich das Frühstücken im Ryokan quasi als Heimspiel. Die Besitzerin des Ryokan hatte sich zur Aufgabe gemacht, mich im Auge zu behalten und bei eventuellen Schwierigkeiten mit einigen Gesten zu erklären, wie dieses oder jenes gegessen wird.

Ach ja, von den japanischen Kollegen wurde ich jeden Morgen beim Eintreffen auf der Arbeit gefragt, was ich gegessen hätte. Während ich das, so gut es ging, umschrieb, hörte ich anerkennendes Murmeln um mich herum. Offenbar war ich der erste Deutsche, der dort im Ryokan untergebracht war und ein japanisches Frühstück einem europäischen Toast mit Ei vorzog. Tja, da wusste ich ja auch noch nicht, was mich frühstücksmäßig so noch erwarten würde. Aber so viel sei gesagt: Ich habe das japanische Essen, bis auf ganz wenige Ausnahmen, wirklich genossen.

Die größte Schwierigkeit war für mich die Umgewöhnung an europäische Kost. Beim ersten Rückflug aus Japan nach Deutschland hatte ich zum Beispiel eine kleine Flasche Rotwein intus und konnte auch einer Butterkream-Schnitte, die serviert wurde, nicht widerstehen. Mann, war mir danach schlecht. Und nach dem zweiten Japan-Aufenthalt habe ich in Deutschland eine Woche von Toast gelebt, bis ich wieder an die deutsche Kost gewöhnt war. Der Wechsel von deutscher Kost auf japanisches Essen war dagegen kein Problem.

Von daher stiegen meine japanischen Kollegen in meiner Hochachtung ins Unermessliche. Machten die doch genau die umgekehrte Metamorphose bei Geschäftsbesuchen in Deutschland durch. Und beim Besuch eines Schweizer Herstellers von Biotechnik-Anlagen gab es Geschnetzeltes mit Rösti, so richtig schön fett. Wie die Jungs das mit ihren Mägen überstanden haben, ist mir heute noch schleierhaft. Obwohl, schwer verdaulich scheint es gewesen zu sein, denn die ganze Mannschaft verfiel in einen kollektiven Dauerschlaf. Und jetzt wird mir auch klar, warum die japanischen Kollegen bei längeren Besuchen in Deutschland mit einem Sack Reis und diversen anderen Nahrungsmitteln anreisten und selbst kochten.



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