Eine weitere Merkwürdigkeit, die mir im japanischen Geschäftsleben auffiel, war die Rolle der Frau. Ich habe es in einem früheren Beitrag erwähnt: Da gab es die japanische Kollegin, die in Heidelberg studiert und promoviert hatte. Eine starke und ungewöhnliche Persönlichkeit – bereits während des Studiums zog sie ein Kind groß.
Anzeige
Nach ihrer Rückkehr nach Japan ließ sie sich irgendwann vom Ehemann scheiden, um Karriere zu machen. Das war natürlich ein unerhörter Vorgang im damaligen Japan.
Ich erinnere mich an anstehende Wahlen, wo eine Frau, Taka Doi, als Kandidatin antrat, um diese Verhältnisse zu ändern. Bei einer Wahl ließen sich die Ergebnisse vielversprechend an. Eine Recherche lieferte mir diesen Spiegel Online-Artikel, der die damaligen Verhältnisse wiedergibt. Bei einem meiner Aufenthalte standen wieder Wahlen an, und ich hoffte – für die betroffenen Frauen – auf weiteren Rückenwind. Aber das Wahlergebnis war nach meiner Erinnerung desaströs – irgendwo im einstelligen Bereich. Jedenfalls hat sich, nach meinen Erinnerungen, nicht viel geändert. Erst seit 2015/2016 versucht die Regierung die Stellung der Frau in Firmen zu verbessern.
Die promovierte Kollegin, mit der ich übrigens sehr gerne zusammen arbeitete, rieb sich dann auch an der Macho-Kultur des Arbeitgebers auf – obwohl es ein deutscher Ableger war und es wohl nicht so schlimm wie in typischen japanischen Firmen zuging. Die Kollegin hätte lieber früher als später wieder in Deutschland angeheuert. Dort lag für sie das Paradies, jedenfalls, was das Arbeitsleben und die Verhältnisse für die Forschung betraf.
Was mir auch auffiel: In den Büros fanden sich auffällig viele junge Frauen um die 30, die für einfache Bürotätigkeiten (Bleistifte anspitzen, Kopierer bedienen, Kaffee kochen, Tee servieren etc.) eingesetzt wurden. Die Frauen sprachen wesentlich besser Englisch, als die anwesenden Kollegen aus der Technik. In Gesprächen fand ich heraus, dass diese Frauen ausnahmslos studiert hatten, nun aber lediglich als Sekretärin für einfachste Aufgaben eingesetzt wurden. Bei Recherchen zu diesem Blog-Beitrag bin ich auf diesen Artikel von Spiegel Online gestoßen, der die Verhältnisse ganz gut beschreibt. Eine gigantische Verschleuderung von Talenten.