Bei meinem zweiten Japan-Aufenthalt hatte ich die Möglichkeit und das Vergnügen, einen Ausflug auf den Fujijama (富士山) zu machen. Was man eigentlich in einem Zweizeiler der Art “ich bin hin gefahren, aufgestiegen, abgestiegen und zurück nach Kawagoe gefahren” abhandeln könnte, erwies sich als “mit Japanern so nicht durchführbar”. Und so wächst sich dieser ‘Ausflug’ bzw. dessen Beschreibung zu einem veritablen Zweiteiler aus.
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Der Fujijama – von den Japanern auch ehrfuchtsvoll Fuji-san genannt – ist ja mit 3776,24 Metern der höchste Berg Japans. Das “san” ist übrigens keine Höflichkeitsform, wie ich lange glaubte, sondern die Silbe “san” steht hier für Berg. Obwohl “Berg” ist der falsche Begriff, es handelt sich um einen erloschenden Vulkan, dessen Kegel auf die Höhe von 3776 Metern aufragt. Für viele Japaner gilt der Berg als “heilig” und es ist eines der Lebensziele, einmal im Leben auf den Fuji zu steigen. Ein netter Abriss der Stellung des Fujis in der japanischen Kultur findet sich in diesem Wikipedia-Artikel.
Der Fuji ist ca. 130 km von der Stadt Kawagoe entfernt – und die deutschen Manager hatten mir erzählt, dass man den Vulkankegel bei gutem Wetter vom Dach des Pharma-Lagers sehen könne. Bei meinem zweiten Aufenthalt habe ich in der Tat auch das folgende Foto geschossen.
Dieses zeigt den Fuji im Dunst am Horizont – erinnerungsmäßig entstand die Aufnahme in einem Bürohochhaus in Tokio. Ich habe das Foto von einem Dia abfotografiert und leicht elektronisch bearbeitet. Wer weitere Aufnahmen des Fuji, der durch seine symmetrischen Flanken einen erhebenden Anblick bietet, sucht, findet diese z.B. bei Wikipedia oder hier.
So weit die Präliminarien. Es gab also das Angebot der japanischen Kollegen, eine Ausflug zum Mount Fuji als Tagestrip zu veranstalten. Ein deutscher Kollege, der bei meinem zweiten Arbeitsaufenthalt mit dabei war, hatte das mehr oder weniger angeregt. Und wenn Du schon die Gelegenheit hast, so einen Trip mitzumachen, sollte man sich den nicht entgehen lassen.
Aber besorgt euch Essen und Trinken …
Unser japanischer Chefingenieur hatte zwei Bergführer aus seinem Bekanntenkreis organisiert, die schon häufiger auf dem Fuji waren. Die sollten uns begleiten. Der Chefingenieur trug uns am Freitag-Abend mehrfach auf, uns nur ja vorab mit Essen und Trinken einzudecken, da wir sehr früh (ich meine 4:00 Uhr morgens) los müssten und es keine Gelegenheit gäbe, unterwegs was einzukaufen.
Wir, die drei deutschen Kollegen, besuchten also nach Feierabend einen der 24 Stunden Läden, um nach etwas “essbarem” Ausschau zu halten. Es gab fertig abgepackte Sandwiches, von denen ich mir erinnerungsmäßig eine Packung kaufte. Da das aber wenig sättigend war, habe ich mich mit drei oder vier Portionen Onigiri (御握り) eingedeckt. Dass sind traditionelle Reisbällchen, die mit einer Würzmischung und Gemüse oder ähnlichem versetzt und in Nori-Blätter (getrocknete Algen) eingepackt sind. Onigiri ist quasi das “Pausenbrot” Japans. In diversen Shops gab es diese Onigiri abgepackt in dreieckigen Portionen. Bei Wikipedia findet sich eine Beschreibung und ein Foto eines solche Onigiri-Regals. Hier mal ein YouTube-Video mit diesen Onigiri, fertig abgepackt.
(Video YouTube)
Zudem habe ich mir der Erinnerung nach zwei 1/2 Liter Plastikflaschen mit Wasser gekauft und in meinen Rucksack gepackt. Hinzu kamen eine Kamera, Verbandszeug, ein frisches Unterhemd und eine Windjacke für Wanderer. So fühlte ich mich ausreichend gewappnet.
… endlich geht’s los
Um 4:00 Uhr morgens fanden ich mich mit meinen beiden deutschen Kollegen, noch etwas müde von der kurzen Nacht, im Eingangsbereich des Ryokans ein – in der Hoffnung, bald abgeholt zu werden. Denn der Chefingenieur hatte uns eingeschärft, nicht nur Essen und Trinken am Vorabend einzukaufen, sondern auch pünktlich zu sein – es ginge sehr früh los.
Es wurde 4:30, wer nicht zu sehen war, war der japanische Kollege, seines Zeichens Chefingenieur. Kurz vor 5:00 Uhr wollte ich mich schon wieder auf mein Zimmer begeben, um noch ein wenig zu schlafen, als plötzlich zwei PKWs vor dem Hotel mit quietschenden Reifen hielten. In einem saß der Chefingenieur und tat furchtbar eilig, weil er etwas “spät” sei.
Halb dösend saß ich auf dem Rücksitz und wunderte mich, dass wir wohl in Kawagoe diverse Läden anfuhren. Der Chefingenieur sprang raus und kam kurz darauf wieder, um den nächsten Laden anzusteuern. Irgendwann später erfuhr ich von einem meiner deutschen Kollegen, was Sache gewesen war. Die japanischen Reisebegleiter hatten “geplaudert”. Alle, bis auf den Chefingenieur, hatten sich am Vorabend – wie geheißen – mit Essen und Trinken eingedeckt. Nur der Herr Chefingenieur musste mit Kumpels saufen gehen – und hatte den Einkauf verbeutelt. Die Verspätung erklärte sich so, dass der Herr Chefingenieur von 4:00 Uhr bis ca. 5:00 Uhr bereits einige Läden angesteuert hatte, um etwas zu Essen zu kaufen – was aber nicht klappte …
Irgendwann hat er dann wohl doch noch seinen Proviant gekauft bekommen. Anschließend ging es auf die Autobahn in Richtung Süden, an Tokio vorbei zum Mount Fuji. Ich erinnere mich nur noch an Mautstationen, sowie das nervtötende Bling-Bling des Wagens, wenn das Tempolimit von 100 km/h überschritten war. Die meiste Zeit verbrachte ich dösend auf der Rückbank des PKW, da es noch dunkel war.
Irgendwann erreichten wir nach Tagesanbruch einen Parkplatz an den Flanken des Mount Fuji. Das obige Foto zeigt die Szene, wo die japanischen Kollege den Aufstieg beratschlagen. Ich weiß nicht, welche der Routen wir wählten, aber es dürfte ein Aufstieg von 2.300 m Höhe (möglicherweise von der Station Gogōme (五合目)) gewesen sein. Wie es weiter ging, und wie ich den Fuji erklomm, beschreibe ich in Teil 2.